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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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zurück.
    Im nächsten Moment bewegte sich etwas.
    Sie trat zurück und starrte auf das Fenster. Ein Huschen hinter dem Glas. Oder hatte sie sich das nur eingebildet? Angst ballte sich in ihrer Brust zusammen und glitt prickelnd durch Blut, Muskeln und Knochen. »Hallo?«, sagte sie leise.
    Nichts.
    Trink das. Anziehen .
    Sie nahm das Krankenhausnachthemd vom Tisch. Es bestand aus dünner Baumwolle und hatte Bindebändchen am Hals und in der Mitte des Rückens. Dann griff sie nach dem Wasserglas und trank ein paar Schlucke. Das Nachthemd in der Hand, ging sie in die hinterste Ecke des Raums, kehrte der Scheibe den Rücken zu und fing an, sich auszuziehen. Seit sie in das Loch gesperrt worden war, hatte sie dieselben Sachen an. Aber obwohl sie nach Schweiß roch, waren einige Düfte erhalten geblieben. Parfum. Feuchtigkeitslotion. Sie konnte sogar noch einen Hauch des Shampoos wahrnehmen, mit dem sie sich an dem Tag, als Mark mit ihr in den Wald gegangen war, die Haare gewaschen hatte.

    Als sie bis auf die Unterwäsche nackt war, warf sie einen Blick hinter sich auf das Fenster. Wieder eine rasche Bewegung. Ein kaum auszumachendes Huschen wie der Umriss eines Schattens. Sie schaute noch eine Weile hin. Ihre eigenen Gedanken ( er beobachtet mich ) jagten ihr einen wellenförmigen Schauder die Wirbelsäule hinunter. Sie steckte die Arme in den Kittel und fing an, ihn hinten zuzubinden. Als sie fertig war, wandte sie sich zur Tür um.
    Etwas hatte sich verändert.
    Sie drehte sich um die eigene Achse und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Wände. Fenster. Tisch. Wasser. Ihre Sachen auf dem Boden. Im Spiegel konnte sie nur den Raum und sich selbst sehen.
    Im nächsten Moment wurde ihr klar, dass es kein optischer Eindruck war.
    Sondern ein akustischer.
    Sie hob den Kopf. Die Neonröhren an der Decke hatten zu surren aufgehört.
    Plötzlich fing die erste an zu flackern wie ein Blitzstrahl und verlosch. Die Wände strahlten nicht mehr so hell. Der Boden verlor seinen Glanz. Sona wich ein paar Schritte zurück und starrte auf die einzige verbliebene Lichtquelle. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Eine bedeutungsschwere Pause entstand, ein langer, schrecklicher Moment, in dem sie Stoßgebete zum Himmel schickte, das Licht möge nicht verlöschen. Doch die zweite Röhre blinkte wie ihre Vorgängerin einmal auf und ging ebenfalls aus.
    Dunkelheit.
    Sona tastete sich in die ungefähre Richtung, wo sie die Tür vermutete. Als sie sie nicht fand, stieg Panik in ihr hoch. Ihr Atem stockte, und ihr Herz schlug schneller.
    »Bitte«, flehte sie, und Tränen traten ihr in die Augen.
    Knarz .

    Ein Geräusch von links. Im nächsten Moment trat eine erleuchtete Linie aus der Dunkelheit hervor. Die Tür. Eine Gestalt stand in der Öffnung. Hinter ihren Schultern befand sich ein weißer, von einer schwachen Glühbirne erleuchteter Flur.
    »Bitte, tu mir nichts.«
    Ihre Stimme erbebte, als sie von der Tür zurückwich. Die Gestalt kam von dem Flur in den Raum. Und dann schloss sie die Tür.
    »Bitte«, wiederholte sie.
    Keine Antwort. Kein Geräusch, das auf Bewegung hinwies.
    Bis etwa fünf Minuten später ein Knattern ertönte.
    Statisches Knistern.
    Neben ihr rührte sich etwas.
    »Mark?«
    »Du wirst nichts spüren«, sagte eine Stimme, die irgendwo im Raum war.
    Und dann berührte eine Hand ihr Gesicht und hielt ihr den Mund zu. Ein Papiertaschentuch wurde ihr auf Nase und Lippen gedrückt. Und wenige Sekunden später verlor sie das Bewusstsein.

44
    Healy und ich gingen den Weg in Richtung des Hauses Alba entlang, des Wohnblocks in Mile End, wo Daniel Markham einmal gelebt hatte. Die Türen standen offen. Drinnen im Foyer putzte eine Frau den Fußboden. Rings um sie waren Wasserpfützen verteilt. Sie blickte nicht einmal auf, als wir uns hinter ihr vorbeischoben und auf die Parterrewohnungen zusteuerten.
    Es war halb neun Uhr. Zeit, zur Arbeit zu fahren. Einige Leute kamen in Bürokleidung aus ihren Wohnungen. Vor Markhams Tür blieben wir stehen und lauschten den Geräuschen des Hauses. Fernseher. Ein Gespräch nebenan. Aber niemand, der sich anschickte, seine Wohnung zu verlassen. Als ich gegen die Tür von Nummer acht drückte, schwang sie sanft auf. Das Stück Pappe, mit dem ich das Schloss blockiert hatte, fiel zu Boden. Healy trat zurück, damit ich mir ein Bild von der Wohnung machen und feststellen konnte, ob sich etwas verändert hatte oder ob etwas darauf hinwies, dass Markham zurückgekehrt war. Aber alles sah

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