Blutjägerin (German Edition)
hinter den unzähligen Fenstern verschmolzen zu einem Netz aus gelben Fäden. Was für eine skurrile Situation.
„Du hast meine Frage noch immer nicht beantwortet“, sagte er nach einer Weile.
„Ich wollte die Wahrheit über den Tod meines Vaters herausfinden.“
„Und? Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?“
„Nicht ganz. Doktor Roth bestätigte meine Vermutung, dass es kein Herzversagen war. Zu mehr ist er leider nicht gekommen, bevor der Vampir ihn ermordete.“
Der Hinweis, dass ihr Vater getötet worden war, genügte ihr aber nicht, ihre Vermutung, der glatzköpfige Mann auf dem Video könne der Mörder ihres Vaters sein, zu bestätigen. Ihn galt es zu finden und Gerald kannte diesen Mann. Er war an dem Abend am Tatort, hatte sie rüde angefahren, nachdem sie die Absperrung überwunden hatte. Vielleicht war er ein Konkurrent von Gerald? Nachdem Gerald keinem Orden angehörte, war das nicht so abwegig. War es den beiden vielleicht nur um die Beute gegangen und der einzig wahre Ermittler Kommissar Brom gewesen? Aber damit wollte sie Gerald jetzt nicht konfrontieren, nachdem er ihr gerade das Leben gerettet hatte.
„Nun bist du dran“, sagte sie.
„Womit?“
„Wie bist du dort runtergekommen und warum?“
Gerald schaute kurz in ihre Richtung. „Vielleicht aus demselben Grund wie du.“ Er ging vom Gas, schaltete zurück und hielt schließlich an. „Da runterzukommen war einfach: Jemand hatte den Lift manipuliert.“ Sein Blick machte klar, dass er wusste, wer das war. „Wir sind da.“
Sie standen auf dem Parkplatz vor dem Wohnhaus. Wenn sie ihn jetzt fahren ließ, sah sie ihn tagelang nicht wieder. Ihn nach seiner Handynummer zu fragen, käme einem plumpen Annäherungsversuch gleich.
„Möchtest du mit raufkommen auf die versprochene Tasse Kaffee?“
Bravo. Das war noch plumper. Sie fühlte Hitze in ihren Wangen und wäre am liebsten unsichtbar geworden.
Er hob die Schultern. „Wenn es keine Umstände macht, gern.“
Seine Antwort entfachte ein Feuer in ihr, das sie jeden Zweifel vergessen ließ.
Gerald stieg aus dem Wagen und schloss ab. War er noch bei Sinnen? Wie konnte er dieses Angebot annehmen? Er hatte sie eben noch beobachtet, wie sie einen Vampir mit einem gekonnten Dolchstoß zu Boden geschickt hatte und nun ließ er sich zum Kaffee einladen, obgleich er in ihrer Nähe jeden Funken Konzentration brauchte, seine Gefühle und sein Verlangen unter Kontrolle zu halten, nicht einfach über sie herzufallen.
Als sie mit dem Lift nach oben fuhren, hörte er, wie ihr Herz schneller schlug, spürte die stetig zunehmende Hitze, die ihr Körper ausstrahlte. Nur eine Tasse Kaffe. Dann würde er wieder verschwinden.
Sie traten aus dem Lift. Sophies Wangen schimmerten in leichter Röte. Ihr Duft, diese unwiderstehliche Droge, intensivierte sich mit jeder Sekunde, durchsetzt von einer feinen Nuance Erregung.
Seinen Blick auf die sich schließenden Lifttüren gerichtet, schrie etwas in ihm danach, umzukehren. Er war nicht stark genug, ewig dagegen anzukämpfen. Das Raubtier in seinem Inneren wollte die Oberhand gewinnen und fragte ihn, warum er sich nicht einfach nahm, was er begehrte. Ein Grollen wollte sich in seiner Kehle bilden und er hatte Mühe, es zu unterdrücken.
Sophie beobachtete ihn. Spürte sie seinen Kampf? Verlegen strich sie eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Wie flüssige Schokolade flossen die kastanienbraunen Strähnen durch ihre Finger.
Sein Oberkiefer pochte, seine Fänge schoben sich langsam hervor und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er wollte sie anfassen, ihr Haar berühren, ihre Haut ertasten. Er atmete tief durch, um den animalischen Trieb zu unterdrücken und den Druck im Kiefer zu entspannen.
Sophie schloss die Tür auf, bat ihn in ihr Reich. Schon einmal hatte ihn das Betreten dieses Ortes halb wahnsinnig gemacht. Die Vorhänge, die Möbel, einfach alles duftete nach ihr. Ein tiefer Atemzug half nicht, gegen das Verlangen anzukämpfen, im Gegenteil, es machte es nur schlimmer.
„Wie trinkst du deinen Kaffee?“
Die Frage riss ihn aus seinen nicht jugendfreien Gedanken. „Schwarz.“
„Warum jagst du diesen Clan?“ Sie schaltete die Espressomaschine ein und stellte zwei Tassen bereit.
„Ich jage Verbrecher. Mörder, Drogendealer, Zuhälter, die sich nicht damit begnügen, nur Blut zu trinken.“ Sie sah zu ihm hoch und er musste es ihr sagen. „Du weißt, du bist in großer Gefahr, Sophie?“ Es machte keinen Sinn, ihr Dinge zu
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