Blutjägerin (German Edition)
Gedanken zu fassen. Sophie war eine Jägerin, wie hatte er das nur je vergessen können?
„Verdammt noch mal, rede mit mir, Gerald!“ Sie wischte den Schweiß von ihrer Stirn, wirkte hilflos.
Sein Herz schrie danach, sie in die Arme zu nehmen, ihr alles in Ruhe zu erklären, doch er konnte nicht.
„Ich … ich kann nicht.“ Er sammelte seine Kleider auf und begann, sich anzuziehen.
„Herrgott, was ist los?“
Er wandte sich ihr ein letztes Mal zu. „Ist der Kerker der Dank dafür, dein Leben zu retten?“
Er musste weg, raus von hier, alles hinter sich lassen, was nach ihr duftete, an sie erinnerte. Nur so konnte er zur Vernunft kommen. Nie hätte er dem nachgeben dürfen, selbst dann nicht, als ihn André zu dieser Entscheidung bestärkt hatte.
Er rannte die Treppe hinunter. Sie folgte ihm, schaute über das Geländer und er sah ihr blasses Gesicht über sich.
„Er ist mein Bruder! Mein Bruder, Sophie.“
Damit verließ er den Wohnblock und stieg in den Wagen.
„Dein was?“, rief sie ihm nach, lief ihm hinterher. Doch er war längst verschwunden. Kaum war die Tür zugefallen, röhrte der Motor auf. Erschöpft sank sie gegen die Wand. „Scheißkerl“, fluchte sie, ohne es wirklich so zu meinen.
Sein Bruder, hallte es in ihrem Kopf. Wie konnte der Typ in ihrem Kerker sein Bruder sein? Er war ein Vampir, eine Bestie. Das alles hatte sie nicht bei Gerald gesehen. Oder wollte es nur nie sehen? Hatte sie einen Vampir im Bett gehabt?
Aber es war doch Gerald, der Mann der ihr schon dreimal das Leben gerettet, der sie liebevoll und leidenschaftlich geliebt hatte. Bis er wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett sprang und wirres Zeug redete.
Vielleicht war Geralds Bruder ein Vampir, er aber nicht? Aber Wilhelm hatte bei dem Mann im Kerker doch eindeutig von einem Reinblütigen gesprochen.
Sie hatte mit eigenen Augen gesehen, wie Gerald Vampire gejagt hatte. Das alles ergab keinen Sinn.
Sie stieg unter die Dusche, um ihren Kopf klar zu bekommen und auch, um die Demütigung abzuwaschen. Wovon hatte Gerald nur gesprochen? Und vor allem, wieso kam ihm diese Erkenntnis mitten im Liebesakt?
Sie würde diese Fragen nicht allein beantworten können. Im Kerker des Ordens aber war jemand, der es ihr sagen konnte, sofern sie ihn dazu bringen konnte.
Siedend heiß fielen ihr Meike und Dora ein. Hatte er sie wirklich nach Ungarn gebracht in dieses spezielle Krankenhaus? Oder etwa ausgesaugt und irgendwo verscharrt? Daran konnte und wollte sie nicht glauben.
Nach dem Duschen zog sie ihre Jägerkleidung an. Das Outfit verlieh ihr einmal mehr ein Gefühl von Sicherheit.
Sie rief sich ein Taxi und fuhr zum Hauptquartier.
„Wach auf, Blutsauger“, schrie Jonathan den Vampir an, der mit geschlossenen Augen gefesselt auf der Liege im Kerker ruhte. Er ohrfeigte ihn, bis die glatzköpfige Bestie die Augen öffnete.
„Was willst du?“, fragte der Vampir mit emotionsloser Stimme.
„Nur deine Augen sehen. Mein Vater hatte recht. Du bist der Bruder meines Mörders.“
Jonathan lachte, winkte mit der Hand den Mann aus dem Orden des silbernen Harlekins herbei, der ihm all das ermöglicht hatte. Er würde seiner Bitte stattgeben, den Orden zu wechseln, um ein Teil des Firenze Ordens zu werden. Jonathan brauchte Männer wie ihn. Männer, die noch an den Sieg über ihre ewigen Feinde glaubten, und ihm halfen, aufzubauen, was längst als verloren galt. Aber am dringendsten brauchte er Testkaninchen, die das Serum für ihn erprobten.
Der Mann reichte ihm eine Spritze, die ein starkes Betäubungsmittel enthielt. Eine Entwicklung von Richter, hatte sich Jonathan sagen lassen. Er hatte seinen neuen Diener bereits beauftragt, etwas von dem Betäubungsmittel nach Venedig mitzubringen, damit er es analysieren und nachbrauen konnte.
Die Augen des Vampirs folgten seiner Bewegung.
„Du wirst gleich wieder schlafen“, sagte Jonathan. „Und dann bringe ich dich hier raus, bevor das Mädchen zurückkommt.“
Der Vampir knurrte, stemmte sich gegen die Fesseln.
„Wir müssen das tun. Sie ist schwach. Möglicherweise gibt sie ihren Gefühlen für Vampire nach und lässt dich frei. Das muss ich verhindern. Du bist zu wertvoll, Vermont.“
„Welchen Gefühlen? Sie hält mich für den Mörder ihres Vaters.“ Wieder stemmte er sich dagegen, krümmte sich und schlug wild um sich.
„Das sah vorhin anders aus, als sie Arm in Arm mit deinem Bruder durch den Park spaziert ist.“
Sein Gesicht verzerrte sich und die
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