Blutjägerin (German Edition)
bist du überhaupt gekommen? Ich habe dich an der U-Bahn gesehen …“ Langsam kam eins zum anderen, doch kein Puzzleteil passte an sein Gegenstück.
„Ich habe eine Spur verfolgt und dabei bist du mir über den Weg gelaufen.“
„Aber woher wusstest du, dass ich in die Wohnung gefahren bin?“
„Nachdem du nicht zu Hause warst, war das naheliegend.“
Das erklärte nicht, weshalb er ihr überhaupt gefolgt war. In ihrem Kopf herrschte Chaos, sie musste das später sortieren. „Als du verschwunden bist, habe ich nicht geglaubt, dich so schnell wiederzusehen“, sagte sie stattdessen und wechselte das verwirrende Thema.
Er grinste schelmisch. „Enttäuscht?“
„Nicht mehr.“
„Du dachtest, ich bin ein Frauenheld? Jemand, der nach einem One-Night-Stand auf Nimmerwiedersehen verschwindet.“
„Im ersten Augenblick, ja. Wir kennen uns kaum und hatten eine unglaubliche Nacht, und dann ist es etwas irritierend, wenn der Lover einfach verschwindet.“
„Das stimmt wohl und es tut mir leid. Kein gutes Benehmen. Aber ich musste weg und habe ja wenigstes eine Nachricht hinterlassen.“ Er grinste.
„Ja, danke. Das war dann doch noch sehr nett.“ Sie erwiderte das Grinsen. „Daher habe ich dir auch verziehen.“
Er stieß ein erleichtertes Seufzen aus. „Oh, gut. Das beruhigt mich.“
Sie dachte an die Signatur der Nachricht. In Liebe. Sie konnte das immer noch nicht richtig einordnen. Vielleicht war es nur eine Floskel.
„Ich möchte noch nicht nach Hause. Ich brauche einen klaren Kopf. Können wir irgendwo ein Stück gehen?“
„Okay. Was hältst du von Schönbrunn?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, wendete Gerald den Wagen und setzte die Fahrt in entgegengesetzte Richtung zu Sophies Wohnung im Südwesten Wiens fort.
Der Park breitete sich dunkel und verlassen vor ihnen aus. Ein kalter Wind strich über die ungemütliche Winterlandschaft. Im fahlen Licht, das aufgrund der zahlreichen Straßenbeleuchtungen und Reklametafeln über Wien lag, wirkten die kahlen Bäume und Sträucher wie skelettartige Ungeheuer. Es fröstelte sie nach wenigen Minuten. Gerald ging stumm neben ihr, groß und muskulös, wie er war, wirkte er in seinem Anzug, der durch den Kampf in Mitleidenschaft gezogen war, wie ein Bodyguard. Als er bemerkte, wie sie fror, schlüpfte er aus seinem Sakko und legte es ihr um die Schultern. Sanft legte er einen Arm um sie und zog sie heran. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter.
„Wo warst du mein ganzes Leben“, flüsterte sie.
„Immer in deiner Nähe.“
„Wie meinst du das?“
„Nur so eine Redensart.“
Eine Weile wanderten sie ziellos die Wege entlang, doch plötzlich hielt Gerald inne. Sein Körper versteifte sich und er blickte auf einen Punkt in der Ferne.
„Was ist los?“
„Ich dachte, ich hätte etwas gesehen. Vielleicht ist es besser, wenn wir umkehren.“
„Okay.“
Mit Sophie im Arm ging Gerald zurück zum Wagen. Vielleicht hatte er sich geirrt. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Sophie hatte für diesen Abend genug erlebt und gesehen, da musste er sie nicht auch noch mit dem Hirngespinst eines Assassinen beunruhigen, der nicht unweit von ihnen aufgetaucht war und sie beobachtet hatte. Er war vermutlich nicht real, nur eine Ausgeburt seiner Fantasie, seiner Erschöpfung entsprungen. Er hatte versucht sich auf dieses Wesen zu konzentrieren, seine Sinne auf diesen Punkt zu richten. Tatsächlich hatte er etwas gespürt, die Anwesenheit eines Lebewesens. Doch ein Assassine strahlte eine andere, dunkle Aura aus, deren Kälte man selbst über Kilometer hinweg spürte. Diese Erscheinung aber war fremdartig gewesen. Wie eine unbekannte Lebensform. Hirngespinst oder Realität, er wollte es nicht darauf ankommen lassen, Sophie in dieser Nacht auch noch mit einem der schrecklichsten Wesen, die über diesen Planeten wandelten, zu konfrontieren.
Auf dem Weg zum Wagen blickte er sich immer wieder um, wenn er glaubte, sie bemerke es nicht.
„Ich möchte heute Nacht nicht allein sein.“ Ihr Blick war entschlossen und ängstlich zugleich.
Führe mich nicht in Versuchung
. Verdammt, ihn verlangte es nach ihr, doch er konnte ihren Wunsch nach Nähe nicht so schamlos ausnutzen. Beinahe vergaß er, aus welchem Grund er ihr gefolgt war.
„Wenn du nicht möchtest, ist das in Ordnung.“ Sie missdeutete sein Schweigen und stieg in den Wagen.
„Nein, das ist es nicht. Nichts würde ich lieber tun, als diese Nacht bei dir zu sein. Jede Nacht. Ich will dich
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