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Blutkirsche

Blutkirsche

Titel: Blutkirsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Weitbrecht
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Dickköpfigkeit ihrer Mutter schwierig werden. Sie stellte die Schachtel mit den Fotos zurück, das Album legte sie dazu.
    Anne schaute noch einmal ins Wohnzimmer. Magda Wieland schlief, sie schnarchte leise. Anne knipste die Stehlampe aus und ging die Treppe hinauf in ihre Wohnung.
    Auf dem Küchentisch lag ein Zettel: „Hab’ dich vermisst. Kannst mich auf MySpace anschauen. Maria singt! Bin jetzt auf der Fete bei Max! Bin um Mitternacht wieder zu Hause. Gruß Julian.“
    Okay, erst elf Uhr. Anne hatte mit ihrem Sohn ausgemacht, dass er an Wochentagen bis zehn Uhr, am Wochenende bis zwölf Uhr wegbleiben durfte, vorausgesetzt sie wusste, wo er sich aufhielt und sein Handy war eingeschaltet. Sie hielt nichts von rigider Erziehung, baute auf die Einsicht und Intelligenz ihres Sprösslings. Und ihre Erfahrung gab ihr recht, bisher hatte Julian sich immer an die Vorgaben gehalten.
    Anne ging ins Bad, duschte sich und wusch sich die Haare.
    Sie zog den Bademantel über und wickelte sich mit dem Handtuch einen Turban.
    Sich zu fönen, hatte sie keine Lust, morgen früh würde sie sowieso alles wieder richtig in Form bringen müssen.
    Sie schaltete den Computer ein und sah sich den Auftritt der Schulband an. Julian spielte auf der E-Gitarre und ein hübsches Mädchen, das einen weißen kleinen Hut trug, sang. Leider verpasst, dachte Anne zerknirscht und ging ins Wohnzimmer.
    Als sie den Fernseher anstellte, lief nur Schrott – sowohl bei den Öffentlich Rechtlichen als auch bei den Privaten. Uralte Horrorfilme oder irgendwelche Comedyshows mit albernen Darstellern, die sie umso mehr veranlassten, den Aus-Knopf zu drücken, als die Kabarettisten dumme Sprüche herausposaunten und meinten, das wäre witzig.
    |63| Dem Kabelfernsehen hatte sie nur auf Drängen von Julian zugestimmt. Jetzt bereute sie es. Die Werbespots gingen ihr auf die Nerven. Besonders wenn sie nachts etwas auf dem Festplattenrekorder aufnahm, weil mal wieder Überstunden anstanden und sie keine Zeit hatte, um einen Film anzuschauen, wurden laufend die Verheißungen vollbusiger Ginas und deren Telefon- oder SMS-Nummern eingespielt: ‚Dreimal die 6‘. Einfach ekelhaft. Aber immer den Film auf DVD zu kaufen, wurde ihr auf die Dauer zu teuer. Schließlich musste sie nach der Scheidung ihr Geld einteilen.
    Vielleicht kam auf Arte etwas. Der englische Krimi mit dem Detektiv, der zurück in die Siebziger katapultiert wurde und dort eine brutale Polizei vorfand, verzweifelt versuchte, etwas Menschlichkeit und moderne Forensik einzuführen, aber dann nicht sicher war, ob er in einem Koma lag und dies träumte, überraschte durch Originalität und Güte.
    Aber das wirkliche Leben, die Arbeit der Ermittler sah anders aus. Im Kino löste Colombo, in Trenchcoat gekleidet – auch er fuhr einen Peugeot! – in einer guten Stunde seine Fälle, indem er sich in der Tür umdrehte und sagte: „Mister Smith, Sie haben Ihre Frau getötet.“
    Anne fand inzwischen die meisten Krimis langweilig, zumal sie wegen ihrer jahrelangen Kinobesuche die Dramaturgie der Filme meistens erkannte und jeweils den Täter schnell herausfand. Aber der eigentliche Grund ihrer Abneigung war ihre Arbeit, dort gab es Krimi genug. Der Film oder ein Roman spiegelte nie den Alltag der Polizei wieder. Thriller, in denen sich ein Held in einer ausweglosen Situation befand, sich auf wundersame Weise daraus befreien und das Geheimnis aufklären konnte, waren zwar unterhaltsam, aber unrealistisch. Ihre Kollegen und sie konnten froh sein, wenn so ein Tötungsdelikt wie das heutige in den ersten Wochen aufgeklärt wurde. Sieben Tage waren optimal. Danach wurde es immer schwieriger, manche Fälle wurden nie geklärt.
     
    Im Kühlschrank stand noch eine halbleere Flasche Chardonnay. Anne goss sich im Stehen ein Glas ein und trank einige Schlucke. Sie schnitt Käse auf und legte ein paar Weintrauben dazu. Dolores, die Zugehfrau, hatte vom Italiener Brot besorgt. Die gute Seele. Dolores war der einzige Luxus, den Anne sich leistete. Dolores war auch diejenige, die Magda in die Schranken wies: „Signora, ich kann nicht putzen, alles ist vollgestellt!“, worauf ihre Mutter widerstrebend etwas aufräumte.
    Die Wohnungstür klackte, Julian kam in die Küche, zerzaust und mit roten Wangen.
    |64| „Hi.“
    „Na?“, fragte Anne, „tut mir leid wegen heute Nachmittag. Gute Party?“
    „Nö, langweilig, deshalb bin ich auch schon früher da.“
    „Und Maria?“
    „Darf nicht so lange aufbleiben, die

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