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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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anzügliche Bewegungen mit den Hüften, die fast schon kriegerisch wirkten, als der Trupp an ihnen vorüberkam. Eine ließ zwei pendelnde, von blauen Adern durchzogene Brüste über ein Balkongeländer schaukeln und rief: »Was haltet ihr von denen?«
    Scheu fand, dass sie ungefähr so anziehend wirkten wie zwei vergammelte Schinken. Aber die Leute kamen bei den unterschiedlichsten Dingen in Wallung. Ein Mann sah angeregt nach oben, hatte sich eine Hand vorn in die Hose geschoben und wichste ungeniert, und die Passanten schlugen einen Bogen um ihn, als sei es nichts Ungewöhnliches, dass sich jemand auf der Straße befriedigte. Scheu blies die Backen auf.
    »Ich war schon an ein paar wirklich heruntergekommenen Orten und habe dort ziemlich üblen Scheiß gemacht, aber so was habe ich noch nie gesehen.«
    »Geht mir genauso«, brummte Lamm, der sich grimmig umsah, die Hand stets am Heft seines Schwertes. Scheu hatte das Gefühl, dass sie da in letzter Zeit ziemlich häufig lag und sich gut an diese Haltung gewöhnt hatte. Er war allerdings auch nicht der Einzige, der Stahl in Griffweite hielt. Die Bedrohung, die in der Luft hing, war so deutlich, dass man sie beinahe mit Händen greifen konnte. Banden von jungen Kerlen mit hässlichen Visagen und hässlichen Absichten lungerten auf den Vortreppen der Häuser herum, bis an die Zähne bewaffnet, und warfen ebenso unangenehm wirkenden Gruppen auf der anderen Straßenseite fiese Blicke zu.
    Als sie halten mussten, um darauf zu warten, dass sich das Gedränge vor ihnen ein wenig lichtete, trat ein Schläger mit zu viel Kinn und viel zu wenig Stirn auf Majuds Wagen zu und grölte: »Für welche Straßenseite seid ihr?«
    Majud, der sich ungern zur Eile treiben ließ, dachte kurz nach, bevor er antwortete: »Ich habe ein Grundstück erworben, auf dem ich mein Geschäft erbauen will, aber bevor ich es nicht gesehen habe …«
    »Der meint keine Grundstücke, du Schwachkopf«, schnaubte ein anderer, dessen Haar so fettig aussah, als hätte er den Kopf in eine Schüssel kalter Suppe gesteckt. »Er meint, haltet ihr zu Hochwürden oder zu Papa Ring?«
    »Ich bin hier, um Geschäfte zu machen.« Majud schnalzte mit den Zügeln, und sein Wagen setzte sich ruckelnd in Bewegung. »Und nicht, um mich auf irgendeine Seite zu schlagen.«
    »Das Einzige, was zwischen beiden Straßenseiten liegt, ist die Gosse!«, grölte der mit dem kantigen Kinn hinter ihm her. »Du willst wohl in der verdammten Gosse landen, was?«
    Die Straße wurde breiter und noch belebter, ein wogendes Meer aus Dreck, eingefasst von noch höheren Säulen, und dort, wo sich vor ihnen das Tal teilte, lag die Ruine eines alten Theaters, das in den Bergrücken hineingebaut worden war. Süß wartete in der Nähe eines wuchernden Gebäudes, das aussah, als habe man Hunderte von Hütten übereinandergestapelt. Offensichtlich hatte irgendein Optimist irgendwann einmal damit begonnen, es zu weißeln, aber auf halbem Weg genug gehabt, so dass der Rest nun abblätterte und das Haus so aussah wie eine riesige Echse, die sich gerade häutete.
    »Dies ist Papa Rings Geschäftshaus für Liebesdinge, Gesang und Handelsgüter, hier am Ort als das Weiße Haus bekannt«, erklärte Süß an Scheu gewandt, die gerade ihr Pferd anband. »Dort drüben«, dabei blickte der alte Pfadfinder über den Bach, der die Straße in zwei Hälften teilte, gleichzeitig als Trinkwasserquelle und Abwasserkanal diente und mittels eines Gewirrs von Trittsteinen überquert werden konnte, »ist die Würfelkirche von Hochwürden.«
    Hochwürden hatte die Ruinen eines alten Tempels okkupiert – eine Säulenreihe, die von einem nur noch zur Hälfte vorhandenen moosbewachsenen Giebeldreieck gekrönt wurde – und die Lücken dazwischen mit zusammengestückelten Brettern vernagelt, um einen Andachtsraum für ganz andere Gottheiten zu schaffen.
    »Obwohl, um ganz ehrlich zu sein«, fuhr Süß fort, »das Angebot beider Häuser besteht aus Ficken, Saufen und Spielen, und von daher besteht der Unterschied in erster Linie in der Beschilderung. Kommt mit, Hochwürden möchte euch gern kennenlernen.« Er machte einen Schritt zurück, um einen Wagen vorbeirattern zu lassen, dessen Hinterräder alle Umstehenden mit einem Schlammregen bespritzten, und überquerte dann die Straße.
    »Und was mache ich?«, rief Tempel, der mit einem Gesicht voller Panik auf seinem Maultier hockte.
    »Guck dir die Gegend an. Für einen Prediger sollte es hier eine Fülle von Inspiration

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