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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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welche Bergarbeiter in uralter Zeit hier gegraben und wonach sie an diesem scheußlichen Ort gesucht hatten, das vermochte sie nicht zu erraten.
    Nach einem Tag, den sie den üblen Dämpfen ausgesetzt gewesen waren, bis ihre Nasen und Kehlen vom Gestank ganz rau und entzündet waren, kamen sie zu einer großen Gesteinsnadel am Ende des Tals, die zwar vom Wetter zernarbt und verfärbt worden war, auf der aber keinerlei Moos, Flechten oder andere Pflanzen wuchsen. Als sie sich zögernd und zerschlagen näherten, entdeckte Ro, dass der Fels mit Buchstaben bedeckt war, und auch wenn sie kein Wort lesen konnte, wusste sie doch, dass dort eine Warnung stand. In den Steinwänden über ihnen, die den blauen Himmel schrecklich weit weg erscheinen ließen, waren noch mehr Löcher, viel mehr, und an hoch aufragenden, knarrenden Gerüsten aus altem Holz waren Plattformen, Seile und Eimer befestigt und zeigten Spuren frischer Grabungen.
    Cantliss hob die ausgestreckte Hand. »Halt.«
    »Und was jetzt?«, fragte Schwarzspitz und fasste nach dem Griff seines Schwerts.
    »Jetzt warten wir.«
    »Wie lange?«
    »Nicht lange, Bruder.« Ein Mann stand gegen den Fels gelehnt ganz locker da. Wieso Ro ihn nicht gleich gesehen hatte, wusste sie nicht, denn er war alles andere als klein. Er war sogar sehr groß, von dunkler Haut, sein Kopf war bis auf einen Hauch silberner Stoppeln geschoren, und er trug ein Gewand aus ungefärbtem Tuch. In die Beuge eines muskulösen Arms hatte er einen Stab geklemmt, der ebenso lang war wie er, und in der anderen Hand hielt er einen kleinen, runzligen Apfel. In den biss er nun hinein und sagte: »Seid gegrüßt«, mit halb vollem Mund, und er lächelte Cantliss an, dann Schwarzspitz und die anderen Männer, und sein Gesicht zeigte so viele freundliche Fältchen, dass es gar nicht in diese unfreundliche Umgebung zu passen schien, und er lächelte die Kinder an, besonders Ro, wie sie glaubte, und sagte: »Seid gegrüßt, Kinder.«
    »Ich will mein Geld«, sagte Cantliss.
    Das Lächeln wich nicht aus dem Gesicht des alten Mannes. »Natürlich. Weil ein Loch in dir klafft und du glaubst, dass Gold es füllen kann.«
    »Weil ich Schulden habe und weil ich ein toter Mann bin, wenn ich die nicht bezahle.«
    »Wir sind alle tote Männer, Bruder, irgendwann nach Ablauf unserer Zeit. Was zählt, ist die Art und Weise, wie wir dorthin gelangen. Aber du wirst deinen fairen Preis bekommen.« Seine Augen glitten über die Kinder. »Ich zähle nur zwanzig.«
    »War ’ne lange Reise«, sagte Schwarzspitz, dessen Hand noch immer auf dem Schwertgriff ruhte. »Schwund gibt’s überall. Lässt sich nicht vermeiden.«
    »Alles lässt sich vermeiden, Bruder. Was geschieht, geschieht aufgrund der Entscheidungen, die wir treffen.«
    »Ich bin’s ja nicht, der Kinder kauft.«
    »Ich kaufe sie. Ich töte sie nicht. Füllt es das Loch in dir, wenn du den Schwachen wehtust?«
    »Ich hab kein Loch in mir«, sagte Schwarzspitz.
    Der alte Mann nahm einen letzten Biss von seinem Apfel. »Nein?« Dann warf er Schwarzspitz den Butzen zu. Der Nordmann griff aus Reflex danach und zog dann hart die Luft ein. Der alte Mann hatte die Entfernung zwischen ihnen mit zwei blitzschnellen Schritten überwunden und ihm mit der Spitze seines Stabs die Brust durchbohrt.
    Schwarzspitz erschauerte, ließ den Apfelbutzen fallen und fasste nach seinem Schwert, aber er hatte nicht mehr die Kraft, es zu ziehen, und Ro entdeckte, dass der Stab gar kein Stab war, sondern ein Speer, dessen lange Klinge blutig aus Schwarzspitz’ Rücken herausragte. Der Alte bettete den Nordmann auf den Boden, berührte mit sanfter Hand sein Gesicht und drückte ihm die Augen zu.
    »Es ist hart, das zu sagen, aber ich habe das Gefühl, die Welt ist ohne ihn besser dran.«
    Ro sah den toten Nordmann an, dessen Kleider das Blut schon dunkel färbte, und merkte, dass sie froh war, wusste aber nicht, was das bedeutete.
    »Bei den Toten«, hauchte einer von Cantliss’ Männern, und als Ro den Kopf hob, sah sie, dass viele Gestalten geräuschlos aus den Minen auf die Gerüste getreten waren und zu ihnen herunterblickten. Männer und Frauen aller Rassen und jeden Alters, aber sie alle trugen Kleidung aus demselben braunen Tuch, und ihre Köpfe waren kahl.
    »Ein paar Freunde«, sagte der Alte, der sich nun erhob.
    Cantliss ’ Stimme zitterte, klang dünn und bettelnd. »Wir haben unser Bestes getan.«
    »Es stimmt mich traurig, dass dies wirklich euer Bestes gewesen sein

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