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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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wird.«
    »Was heißt denn bald?«, fragte Scheu.
    »Dreiundvierzig Tage.«
    Das war wie ein Tritt in den Bauch. Sie hatte fest daran geglaubt, gute Neuigkeiten zu erhalten. Oder doch zumindest irgendwelche Neuigkeiten. Sie hatte durchgehalten, indem sie sich immer wieder Pits und Ros lächelnde Gesichter vor Augen geführt und auf ein glückliches Wiedersehen gehofft hatte. Klar, sie hätte wissen sollen, dass die Chancen dafür schlecht standen, aber die Hoffnung ist wie aufsteigende Feuchtigkeit – man kann noch so sehr versuchen, sich dagegen zu wappnen, ein kleines bisschen dringt immer durch. Sie stürzte den Rest des Getränks hinunter, das plötzlich gar nicht mehr so süß schmeckte, und zischte: »Scheiße.«
    »Wir haben eine lange Reise hinter uns.« Lamm setzte sein Glas vorsichtig auf dem Schreibtisch ab, und Scheu stellte mit einem Anflug von Besorgnis fest, dass seine Knöchel weiß waren, weil er die Finger so zusammenpresste. »Ich weiß Ihre Gastfreundlichkeit zu schätzen, ganz bestimmt, aber ich bin nicht in der Stimmung, mich verarschen zu lassen. Wo ist Cantliss?«
    »Ich bin auch nicht in der Stimmung, mich verarschen zu lassen.« Die kultivierte Stimme von Hochwürden ließ diesen groben Ausdruck doppelt ungehobelt klingen, und sie hielt Lamms Blick auf eine Weise stand, die erkennen ließ, dass sie sich trotz aller guter Manieren zu nichts drängen ließ. »Cantliss wird in dreiundvierzig Tagen wieder hier sein.«
    Scheu war niemand, der sich hinsetzte und jammerte. Kurz die Zunge gegen die Lücke zwischen den Vorderzähnen gepresst und über die Ungerechtigkeit der Welt sinniert, die wieder einmal über ihr Dasein hereingebrochen war, und dann wandte sie sich den Dingen zu, die als Nächstes getan werden mussten. »Was ist das für eine magische Zahl, diese dreiundvierzig Tage?«
    »Dann geht es hier in Knick richtig rund.«
    Scheu deutete zum Fenster, durch das ein wenig Lärm von dem wilden Treiben draußen hereindrang. »Für mich sieht’s so aus, als ginge es hier immer rund.«
    »Aber nicht so.« Hochwürden stand auf und hob noch einmal mit fragendem Blick die Flasche.
    »Warum nicht«, antwortete Scheu, und Lamm und Süß sagten auch nicht nein. In Knick einen Schnaps abzulehnen, das schien so unsinnig, als wollte man zu atmen aufhören. Vor allem wenn der Schnaps so gut war und die Luft so beschissen.
    »Acht Jahre sind wir nun schon hier, Papa Ring und ich, und fletschen uns über die Straße hinweg an.« Hochwürden schwebte zum Fenster und sah auf das schnatternde Gemetzel hinunter. Sie beherrschte die Kunst, so sanft und elegant zu gehen, als ob sie sich auf Rädern anstelle von Beinen voranbewegte. »Als wir hier ankamen, zeigten die Landkarten an dieser Stelle nichts außer einem Knick. Zwanzig Hütten zwischen den Ruinen, aber das waren bloße Unterschlüpfe, in denen die Fallensteller überwintern konnten.«
    Süß lachte leise. »Sie fielen in diesem Umfeld auf wie ein bunter Hund.«
    »Es haben sich alle schnell an mich gewöhnt. Acht Jahre lang ist die Stadt nun um uns herum gewachsen. Wir haben die Pest überstanden und vier Geisterüberfälle, zwei Angriffe von Banditenbanden und noch einen Ausbruch der Pest, und nachdem das große Feuer durch die Stadt gerast war, haben wir alles größer und schöner wieder aufgebaut. Als das Gold gefunden wurde und die Menschen hierherströmten, waren wir bereit. Acht Jahre lang haben wir uns gegenseitig über die Straße hinweg belauert. Nur zum offenen Krieg ist es nicht gekommen.«
    »Und wird sich das jetzt ändern?«, fragte Scheu.
    »Unsere Fehde beeinträchtigte allmählich die Geschäfte. Daher haben wir uns darauf geeinigt, sie nach den Grubengesetzen beizulegen, denn das sind die einzigen Gesetze, die es hier draußen gibt, und ich kann Ihnen sagen, die Leute nehmen sie sehr ernst. Wir haben die Stadt zur Goldader erklärt, die von zwei Parteien beansprucht wird, und wer gewinnt, bekommt sie in Gänze zugesprochen.«
    »Wer was gewinnt?«, fragte Lamm.
    »Einen Kampf. Das war nicht meine Idee, aber Papa Ring hat mich dazu getrieben. Ein Kampf, Mann gegen Mann, mit nackten Fäusten, in einem Kreis, der im alten Amphitheater eingerichtet werden soll.«
    »Ein Kampf in einem Kreis«, brummte Lamm. »Ich nehme an, auf Leben und Tod?«
    »Soweit ich verstanden habe, läuft es in den meisten Fällen auf so etwas hinaus. Meister Süß sagte mir, Sie hätten eine gewisse Erfahrung auf diesem Gebiet.«
    Lamm sah zu Süß hinüber,

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