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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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soll.«
    »Ich will nur das Geld.«
    »Es stimmt mich traurig, dass Geld alles sein sollte, wonach es einen Mann gelüstet.«
    »Wir hatten eine Abmachung.«
    »Auch das stimmt mich traurig, aber so ist es. Dein Geld ist dort drüben.« Der Alte deutete auf eine Holzkiste, die auf einem Stein stand, an dem sie auf dem Weg vorübergekommen waren. »Ich wünsche dir viel Freude damit.«
    Cantliss schlug den Deckel der Kiste zurück, und Ro sah Gold im Innern funkeln. Er lächelte, und der Widerschein der Münzen legte einen warmen Schimmer auf sein dreckiges Gesicht. »Los, wir hauen ab.« Damit machten er und seine Männer sich auf den Rückweg.
    Eine der Kleinen begann nun zu schniefen, weil kleine Kinder auch die Hassenswerten lieben lernen, wenn niemand anders da ist, und Ro legte eine Hand auf die Schulter des Mädchens und sagte »pssscht«, und sie versuchte, tapfer zu sein, als der alte Mann zu ihr trat und hoch neben ihr aufragte.
    Pit ballte die kleinen Fäuste und rief: »Tu meiner Schwester ja nicht weh!«
    Der Mann ging schnell in die Knie, so dass sein kahler Kopf mit Ros auf einer Höhe war. Von Nahem sah er riesig aus, und er legte eine große Hand auf Ros Schulter, die andere auf Pits, und er sagte: »Kinder, ich heiße Waerdinur und bin die neununddreißigste Rechte Hand des Schöpfers, und ich würde niemals einem von euch etwas tun oder auch nur zulassen, dass euch etwas geschieht. Das habe ich geschworen. Ich habe geschworen, diesen heiligen Ort und die Menschen hier mit meinem letzten Tropfen Blut und meinem letzten Atemzug zu schützen, und nur der Tod wird mich daran hindern.«
    Er zog eine dünne Kette hervor und hängte sie Ro um den Hals, und daran hing, nun an ihre Brust geschmiegt, ein Stück stumpfes, graues Metall, das die Form einer Träne hatte.
    »Was ist das?«, fragte sie.
    »Das ist eine Drachenschuppe.«
    »Ist die echt?«
    »Ja, die ist echt. Wir haben alle eine.« Er griff in sein Gewand und zog seine eigene hervor, um sie ihr zu zeigen.
    »Wieso habe ich eine?«
    Er lächelte, und Tränen schimmerten in seinen Augen. »Weil du nun meine Tochter bist.« Und er legte seine Arme um sie und hielt sie ganz fest.

III
    KNICK
    »Die Stadt, die weniger als
    eintausend ständige Einwohner zählte,
    war von so viel Widerwärtigkeit erfüllt,
    dass schon die Atmosphäre vom Gestank
    der Abscheulichkeit durchdrungen war:
    Mord war an der Tagesordnung,
    Trunkenheit die Regel,
    Glücksspiel ein allgemeiner Zeitvertreib
    und Schlägereien eine Art
    der Entspannung.«
    J . W. BUEL

DIE BILLIGE SEITE DER HÖLLE
    K nick bei Nacht?
    Man stelle sich die billige Seite der Hölle vor. Und dann füge man noch ein paar Huren mehr hinzu.
    Die größte Ansiedlung des neuen Grenzlands, das Paradies der Goldsucher, das lang ersehnte Ziel des Trupps, war in ein gewundenes Tal gequetscht, dessen steile Hänge mit den verfaulenden Stümpfen abgeholzter Kiefern gesprenkelt waren. Es war ein Ort wilder Hemmungslosigkeit, wilder Hoffnung, wilder Verzweiflung, in dem alles extrem war und nichts moderat, in dem Träume in den Staub getreten wurden und man neue aus einer Flasche heraussaugte, um sie wieder auszukotzen und erneut in den Dreck zu treten. Ein Ort, an dem das Eigentümliche als normal und das Normale als bizarr betrachtet wurde, und an dem der Tod schon morgen vor der Tür stehen konnte, so dass man sich besser heute noch jedes Vergnügen gönnte, das irgendwie zu haben war.
    An seinen schlammigen Rändern bestand die Stadt größtenteils aus elenden Zelten, und hinter den im Wind flatternden Planen spielten sich Szenen ab, die dem menschlichen Auge lieber erspart geblieben wären. Häuser wurden aus gespaltenen Kiefernstämmen und großen Hoffnungen errichtet und von den Betrunkenen aufrechterhalten, die sich von beiden Seiten dagegen lehnten, und Frauen setzten ihr Leben aufs Spiel, indem sie sich weit von wackligen Balkonen lehnten, um Werbung für ihr Geschäft zu machen.
    »Es ist größer geworden«, sagte Corlin, die das nasse Gedränge beäugte, das die Hauptstraße verstopfte.
    »Ganz schön sogar«, knurrte Savian.
    »Aber ich könnte nicht sagen, dass es besser oder schöner geworden ist.«
    Scheu versuchte, sich etwas Schlimmeres vorzustellen. Eine Reihe verrückter Grimassen wälzte sich ihr durch den mit Abfall durchsetzten Straßendreck entgegen. Gesichter, die eigentlich in eine albtraumhafte Theatervorführung gehörten. Ein wahnsinniger Karneval, der ständig in der Stadt stattfand.

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