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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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großen Nummer aus.«
    »Ich bin auch keine große Nummer«, sagte der große Mann sanft.
    Der Junge blinzelte; offenbar konnte er mit dieser Auskunft nicht viel anfangen. »Also … pass auf, hiermit fordere ich dich, du Drecksack!«
    »Und was, wenn ich das gar nicht höre?«
    Der Junge sah mit grimmigem Gesicht zu den Leuten hinüber, die auf den Vortreppen standen und alle in ihrem Tun innehielten, um zuzusehen. Er bewegte die Zunge an der Innenseite seiner Wange hin und her und schien plötzlich unsicher zu sein. Dann fiel sein Blick auf Scheu, und er versuchte einen zweiten Anlauf. »Was ist das für eine Schlampe? Deine Scheiß…«
    »Bring mich nicht dazu, dich zu töten, Kleiner.« Golding sagte das nicht wie eine Drohung. Es klang mehr wie ein Flehen, und seine Augen waren noch trauriger als zuvor.
    Der Junge fuhr ein wenig zusammen, seine Finger zuckten, und er wurde blass. Die Flasche ist ein launischer Bankier – sie verleiht zwar Mut, ist aber durchaus in der Lage, die Schuld unvermittelt wieder zurückzufordern. Er machte einen Schritt nach hinten und spuckte noch einmal aus. »Lohnt sich verdammt noch mal nicht«, zischte er.
    »Nein, das lohnt sich nicht.« Golding sah dem Jungen zu, wie er sich langsam zurückzog, sich schließlich umwandte und hastig davonging. Ein paar erleichterte Seufzer und Achselzucken, dann kamen die Gespräche rundum wieder in Gang.
    Scheu schluckte; ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet und klebrig. »Du bist Glama Golding?«
    Er nickte langsam. »Obwohl ich mir bewusst bin, dass an mir heutzutage kaum noch viel Gold ist.« Er rieb die großen Hände aneinander, während er zusah, wie der Junge in der Menge untertauchte, und Scheu stellte fest, dass sie zitterten. »Eine verdammt große Sache, so berühmt zu sein. Eine verdammt große Sache.«
    »Du bist es, der für Papa Ring in dem geplanten Kampf antreten soll?«
    »Ja, das bin ich. Obwohl ich gestehen muss, ich hoffe, dass es nicht dazu kommt. Wie ich höre, hat Hochwürden niemanden, der für sie kämpft.« Seine blassen Augen verengten sich, als er wieder zu Scheu hinübersah. »Wieso? Was hast denn du gehört?«
    »Nichts«, sagte sie und versuchte erfolglos zu lächeln. »Überhaupt nichts.«

BLUT WIRD FLIESSEN
    E s war kurz bevor der Morgen klar und kalt heraufzog. Der Schlamm war mit einer gefrorenen Kruste überzogen. Die Lampen in den Fenstern waren fast alle gelöscht, die Fackeln unter den Schildern ausgegangen, und der Himmel stand voller heller Sterne. Hunderte um Hunderte, strahlend wie Juwelen, in Wirbeln und Schweifen und funkelnden Bildern. Tempel öffnete den Mund, die Kälte prickelte auf seinen Wangen, und er drehte und drehte sich, bis ihm schwindlig war, sog dabei die Schönheit des Himmels ein. Seltsam, dass sie ihm noch nie zuvor aufgefallen war. Vielleicht hatte er einfach immer viel zu sehr nach unten geblickt.
    »Glauben Sie, dass Sie da oben eine Antwort finden?«, fragte Bermi, dessen Atem und der seines Pferdes dampfend in der Morgenkühle hingen.
    »Ich weiß nicht, wo die Antwort liegt«, sagte Tempel.
    »Sind Sie so weit?«
    Er wandte sich um und sah noch einmal zu dem Haus hinüber. Die großen Stützpfähle waren alle an Ort und Stelle, auch der Großteil der Dachbalken, die Fenster- und die Türrahmen. Das Gerüst des Gebäudes hob sich kühn und schwarz vor dem sternenübersäten Himmel ab. Erst gestern Morgen hatte Majud ihm gesagt, was er für gute Arbeit leistete und selbst Curnsbick davon ausgehen würde, dass sein Lohn gut angelegtes Geld sei. Er fühlte Stolz in sich aufsteigen und fragte sich, wann ihm das zum letzten Mal so gegangen war. Aber Tempel war ein Mensch, der alles halb fertig liegen ließ. Das war schon seit Langem bekannt.
    »Sie können auf dem Packpferd reiten. In die Berge sind es nur ein oder zwei Tage.«
    »Wieso nicht?« Nach ein paar Hundert Meilen auf dem Rücken eines Maultiers war sein Hintern so gut wie aus Holz geschnitzt.
    Drüben beim Amphitheater begannen die Zimmerleute bereits planlos mit der Arbeit. Sie stellten eine neue Tribüne an der bisher noch offenen Seite auf, um dort noch ein paar Dutzend Zuschauer auf einige Bänke quetschen zu können. Die Stützen und Verstrebungen zeichneten sich gerade eben vor dem dunklen Berghang ab, schief und krumm und schlecht verzapft, und bei einigen Brettern waren noch nicht einmal die Äste richtig abgehobelt worden.
    »Nur noch ein paar Wochen bis zum großen Kampf.«
    »Schade, dass wir den

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