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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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dieser Straßenseite getroffen zu haben.«
    Der Mann schnaubte. »Lass dich nicht von einer solchen kleinen Nettigkeit täuschen. Du hast gesagt, du suchst Kinder?«
    »Meinen Bruder und meine Schwester. Wieso?«
    »Vielleicht kann ich dir helfen.«
    Scheu hatte gelernt, mit gesundem Misstrauen zu reagieren, wenn man ihr Hilfe oder irgendwelche anderen Dinge anbot. »Wieso solltest du das tun?«
    »Weil ich weiß, wie es ist, wenn man seine Familie verliert. Das ist, als würde man einen Teil von sich selbst verlieren, nicht wahr?« Sie dachte kurz darüber nach und kam zu dem Schluss, dass er recht hatte. »Meine musste ich zurücklassen, oben im Norden. Ich weiß, dass es für sie das Beste war. Die einzige Möglichkeit. Aber es tut mir heute noch weh. Hatte gar nicht gedacht, dass das so sein würde. Kann gar nicht sagen, dass ich meine Leute so geschätzt hätte, als wir noch zusammen waren. Aber es nagt an mir.«
    Er ließ die Schultern nun auf eine so traurige Art und Weise hängen, dass er Scheu tatsächlich leidtat. »Na ja, du kannst gern mitkommen, wenn du willst. Ich habe oft bemerkt, dass mich die Leute wesentlich eher ernst nehmen, wenn ich einen richtig großen Kerl dabeihabe, der mir über die Schulter guckt.«
    »Das trifft leider fast immer zu«, sagte er und fiel in ihren Schritt mit ein, wobei einer der seinen fast dreien von den ihren entsprach. »Bist du allein hier?«
    »Bin mit meinem Vater hergekommen. Na ja, er ist so was Ähnliches wie mein Vater.«
    »Wie kann denn jemand so was Ähnliches wie ein Vater sein?«
    »Er hat’s geschafft.«
    »Ist er der Vater der anderen beiden, die du suchst?«
    »So ähnlich, ja«, sagte Scheu.
    »Sollte er dir dann nicht suchen helfen?«
    »Das macht er ja, auf seine Weise. Er baut ein Haus, da drüben auf der anderen Straßenseite.«
    »Dieses neue, das da jetzt entsteht?«
    »Metallverarbeitung Majud & Curnsbick.«
    »Das ist ein gutes Gebäude. Und das ist hier eine Seltenheit. Versteh aber nicht so recht, wie das dazu beitragen soll, dass du deine Kleinen findest.«
    »Er baut darauf, dass jemand anders uns dabei hilft.«
    »Wer denn?«
    Normalerweise hätte sie sich nicht in die Karten gucken lassen, aber irgendetwas an seiner Art brachte sie dazu, ganz offen zu sein. »Hochwürden.«
    Er zog hart die Luft ein. »Ich würde eher eine Schlange um meine Nüsse kriechen lassen, als dieser Frau auch nur im Geringsten zu vertrauen.«
    »Sie ist schon ein bisschen aalglatt, das stimmt.«
    »Man sollte niemandem trauen, der nicht seinen richtigen Namen verwendet, hat man mir immer gesagt.«
    »Du hast mir deinen Namen auch noch nicht verraten.«
    Der große Mann stieß einen müden Seufzer aus. »Ich hatte gehofft, das ließe sich vermeiden. Die Leute gucken mich meist mit anderen Augen an, sobald sie wissen, wie er lautet.«
    »Ist es vielleicht so ein lustiger, was weiß ich, so was wie … Arschgeheul?«
    »Wenn es doch bloß so etwas wäre. Mein Name bringt leider niemanden zum Lachen, das muss ich zu meinem Bedauern sagen. Du würdest nicht glauben, wie sehr ich früher darauf hingearbeitet habe, dass er immer größer wurde. Jahrelang. Und jetzt gelingt es mir nicht mehr, aus seinem Schatten zu treten. Ich habe selbst die Glieder der Kette geschmiedet, die mich fesselt. Ist einfach so.«
    »Ich glaube, dazu neigen wir alle.«
    »Wahrscheinlich.« Er hielt inne und streckte ihr eine große Hand hin, und sie schlug ein, wobei ihre Finger wie die eines Kindes in seinem warmen Griff zu verschwinden schienen. »Mein Name lautet …«
    »Glama Golding!«
    Scheu sah, dass der große Mann kurz zusammenzuckte und die Schultern hängen ließ, dann drehte er sich langsam um. Ein junger Mann stand hinter ihnen auf der Straße. Ein hochgewachsener Kerl mit einer Narbe, die mitten durch seine Lippen verlief, und einem zerlumpten Mantel. Er stand etwas unsicher auf den Beinen, und Scheu hatte den Eindruck, dass er ordentlich getankt hatte. Vielleicht hatte er sich Mut antrinken wollen; andererseits hielten sich die Leute in Knick nicht immer damit auf, einen Grund zum Saufen zu suchen. Er deutete mit einem schwankenden Finger zu ihnen hinüber, während seine andere Hand über dem Griff eines großen Messers schwebte, das er im Gürtel trug.
    »Bist du der Typ, der Bär Stockling umgebracht hat?«, fragte er mit hochgezogener Oberlippe. »Der, der die ganzen Kämpfe gewonnen hat?« Er spuckte kurz vor ihren Füßen in den Dreck. »Du siehst ja nicht gerade nach einer

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