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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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du. Du bist noch dämlicher als …«
    Aber nun war sie über ihm und kratzte ihm mit den Nägeln durchs Gesicht, und wahrscheinlich hätte sie ihn gebissen, wenn er ihr nicht einen heftigen Schlag verpasst hätte, direkt über dem Auge, dass sie in eine Ecke taumelte und ihr ein ordentliches Stück Fußboden gegen die Wange klatschte.
    »Du verrücktes Luder!« Sie wollte sich hochstemmen, noch ganz benommen und mit diesem vertrauten Pochen im Gesicht, während er seine zerkratzte Wange betastete, als ob er gar nicht glauben konnte, was da gerade geschehen war. »Scheiße! Warum hast du das gemacht?« Noch während sie sich aufzurichten versuchte, kam er auf sie zu und trat ihr in die Rippen, so dass sie sich keuchend um seinen Stiefel krümmte.
    »Ich hasse dich«, stieß sie hervor, als sie mit dem Husten fertig war.
    »Na und?« Er sah sie an, als sei sie ein Wurm.
    Sie erinnerte sich an den Tag, an dem er unter allen Anwesenden ausgerechnet sie ausgewählt und mit ihr getanzt hatte, und nichts hatte sich jemals schöner angefühlt. Aber jetzt, ganz plötzlich, sah sie diese Szene in einem anderen Licht, und er kam ihr so hässlich vor, so kleinlich und eitel und selbstsüchtig, dass es kaum zu ertragen war. Er benutzte die Menschen und warf sie dann weg, und er hinterließ überall eine Spur der Zerstörung. Wie hatte sie ihn jemals lieben können? Nur weil er ganz kurz dafür gesorgt hatte, dass sie sich eine Stufe über dem letzten Dreck fühlte. Während sie sonst immer das Gefühl hatte, zehn Stufen tiefer zu stehen.
    »Du bist so klein«, flüsterte sie ihm zu. »Wieso habe ich das nie bemerkt?«
    Das kränkte ihn in seiner Eitelkeit, und er machte wieder einen Schritt auf sie zu, aber sie bekam ihr Messer zu fassen und zückte es hastig. Er sah die Klinge, und für einen kurzen Augenblick wirkte er überrascht, dann verärgert, und dann fing er an zu lachen, als sei sie ein großartiger Witz.
    »Als ob du den Mumm hättest, das Ding zu benutzen!« Damit drängte er sich an ihr vorüber und gab ihr jede Menge Gelegenheit, ihn zu erstechen, wenn sie das denn wirklich gewollt hätte. Aber sie kniete auf dem Boden, das Blut lief ihr aus der Nase und tropfte vorn auf ihr Kleid. Auf ihr bestes Kleid, das sie seit drei Tagen trug, weil sie gewusst hatte, dass er kam.
    Als die Benommenheit allmählich wich, stand sie auf und ging in die Küche. Alles an ihr zitterte, aber sie hatte schon schlimmere Prügel und auch schlimmere Enttäuschungen erlebt. Niemand hob auch nur eine Augenbraue angesichts ihrer blutigen Nase. So war das eben im Weißen Haus.
    »Papa Ring hat gesagt, ich soll der Frau was zu essen geben.«
    »Da ist Suppe im Topf«, knurrte der Küchenjunge, der sich auf eine Kiste gestellt hatte, um aus einem hoch oben an der Wand befindlichen, kleinen Fenster zu spähen, von dem aus er allerdings nichts außer den Stiefeln auf der Straße sehen konnte.
    Biene stellte eine Schüssel und einen Krug Wasser auf ein Tablett und trug es die feucht riechende Treppe hinunter in den Keller, vorbei an den großen Fässern, die in der Dunkelheit ruhten, und den Flaschen auf den Regalen, die im Licht der Fackeln schimmerten.
    Die Frau im Käfig erhob sich aus dem Schneidersitz und schob die fest zusammengebundenen Hände an dem Gitterstab hinter sich hoch, ein Auge blitzte durch das Haar vor ihrem Gesicht, während sie beobachtete, wie Biene sich näherte. Warp saß vor seinem Tisch, auf dem der Schlüsselring lag, und tat so, als läse er ein Buch. Et tat gerne so, glaubte wohl, dass er dann wie etwas Besonderes aussah, aber selbst Biene, die keine Leuchte war, wenn es um Buchstaben ging, konnte sehen, dass er das Buch verkehrt herum hielt.
    »Was willst du?« Er sah sie so verächtlich an, als sei sie eine Schnecke in seinem Frühstück.
    »Papa Ring hat gesagt, ich soll ihr was zu essen geben.«
    Fast konnte sie sehen, wie sein Hirn in seinem großen, breiten Kopf zu rattern begann. »Warum? Die wird sowieso nicht mehr lange hier sein.«
    »Glaubst du, er würde mir erklären, warum?«, fuhr sie ihn an. »Aber ich geh gern wieder hoch und sage Papa, dass du mich nicht reinlässt, wenn du …«
    »Ist ja schon gut, dann sieh zu, dass du fertig wirst. Aber ich behalte dich im Auge.« Er beugte sich vor und atmete sie mit seinem widerlichen Mundgeruch an. »In beiden Augen.«
    Widerwillig schloss er die Tür auf, öffnete sie kreischend, und Biene kletterte mit geducktem Kopf hinein, das Tablett in der Hand. Die Frau

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