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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sah ihr zu. Sie hätte sich zwar ohnehin nicht weit vom Gitter wegbewegen können, hielt sich aber trotzdem so weit wie möglich gegen die Stäbe gedrückt. Der Käfig roch nach Schweiß und Pisse und Angst, von der Frau und all den anderen, die hier vor ihr eingesperrt gewesen waren, und von denen hatte keiner eine strahlende Zukunft vor sich gehabt, das war nun mal so. Hier unten gab es keine strahlende Zukunft.
    Biene setzte das Tablett ab und nahm den Becher mit Wasser. Die Frau trank gierig; falls sie überhaupt jemals Stolz besessen hatte, dann hatte sie sich jetzt davon verabschiedet. Stolz hielt sich nicht lange im Weißen Haus, hier unten schon gar nicht. Biene beugte sich zu ihr und flüsterte: »Du hast mich doch schon mal nach Cantliss gefragt. Nach Cantliss und den Kindern.«
    Die Frau hörte auf zu schlucken. Ihre Augen glitten zu Bienes Augen herüber, hell und wild.
    »Er hat die Kinder an das Drachenvolk verkauft. Das hat er jedenfalls gesagt.« Biene sah sich um, aber Warp hatte sich schon wieder zurückgelehnt und trank aus seinem Krug, ohne sie auch nur im Geringsten zu beachten. Er wäre überhaupt nicht darauf gekommen, dass Biene jemals in ihrem Leben etwas tun würde, das seine Aufmerksamkeit verdiente. Das kam ihr jetzt gelegen. Sie trat näher, ließ das Messer aus der Tasche gleiten und durchtrennte den Strick, der um eines der rot geriebenen Handgelenke der Frau geschlungen war.
    »Warum?«, flüsterte sie.
    »Weil man Cantliss wehtun muss.« Zwar konnte sie es nicht über sich bringen, von Töten zu sprechen, aber sie wussten beide, was gemeint war. »Ich kann das nicht.« Biene drückte das Messer mit dem Griff voran der Frau in die freie Hand, wo es hinter ihrem Rücken versteckt war. »Aber ich schätze, du schaffst das.«
    Papa Ring fummelte an dem Ring in seinem Ohr herum, eine alte Gewohnheit, die er schon zu der Zeit entwickelt hatte, als er noch als Bandit in den Wüsten Landen unterwegs gewesen war, und seine Anspannung wuchs mit dem zunehmenden Lärm wie ein schmerzendes Geschwür unter dem Kinn. Er hatte schon jede Menge Karten ausgespielt, jede Menge Würfel rollen lassen, oft genug das Glücksrad gedreht, und vielleicht standen seine Chancen so gut wie nie zuvor, aber der Einsatz war auch noch nie so hoch gewesen. Er fragte sich, ob sie nervös war. Hochwürden. Anzusehen war ihr das nicht, wie sie allein und kerzengerade aufgerichtet auf ihrem Balkon stand, von hinten beleuchtet, und dieser steife Stolz war ihr selbst aus dieser Entfernung anzusehen. Aber sie musste einfach Angst haben. Sie musste !
    Wie oft hatten sie schon so dagestanden und sich über den trennenden Bach hinweg angesehen, den Sturz des anderen mit fairen oder unfairen Mitteln geplant, die Zahl der Männer, die für sie kämpften, verdoppelt und dann noch einmal erhöht, ebenso wie den gesamten Einsatz. Hundert bezahlte Meuchelmörder und Strategien und Manöver und Netzwerke kleinlicher Allianzen, immer wieder gebrochen und neu geschmiedet, und dann hatte es so geendet.
    Er verfiel auf eines seiner liebsten Gedankenspiele: was er nämlich mit Hochwürden tun würde, wenn er siegte. Sie als warnendes Beispiel aufhängen? Sie dazu zwingen, sich nackt auszuziehen, um sie dann wie eine Sau durchs Dorf zu treiben? Sie als seine Hure zu halten? Als jedermanns Hure? Letztlich wusste er, dass all das reine Fantasien waren. Er hatte sein Wort gegeben, dass er sie gehen lassen würde, und das wollte er halten. Vielleicht hielten ihn die Leute von Hochwürdens Straßenseite für den niedrigsten Abschaum, und vielleicht hatten sie recht, aber sein ganzes Leben lang hatte er stets sein Wort gehalten.
    Dabei konnte man, wenn man sich an diese Maxime hielt, ein paar knifflige Augenblicke erleben. Sein Wort halten, das konnte einen in Situationen bringen, in die man niemals hatte geraten wollen, oder einem Rätsel aufgeben, die es nicht leicht machten, sich für den richtigen Weg zu entscheiden. Aber es sollte ja auch nicht leicht sein, sondern richtig. Es gab zu viele Leute, die trotzdem lieber den einfachen Weg einschlugen.
    Grega Cantliss zum Beispiel.
    Papa Ring blickte verärgert zur Seite. Da saß er, nachdem er wie immer drei Tage zu spät gekommen war, er hockte zusammengesunken auf Papa Rings Balkon, als habe er keine Knochen im Körper, und stocherte mit einem Holzsplitter zwischen seinen Zähnen herum. Zwar trug er einen neuen Anzug, aber er sah trotzdem alt und krank aus, hatte frische Kratzspuren im Gesicht,

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