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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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voran, ohne sich umzusehen, hielt sich nahe den Vorbauten der Häuser auf Hochwürdens Straßenseite. Hoch über ihnen, ganz oben an der nächstgelegenen Säule, zeichneten sich die Silhouetten dreier Männer ab. Zwei von ihnen hatten Bögen, der dritte steckte ihre in Pech getauchten Pfeile in Brand, damit sie in aller Ruhe auf die Häuser gegenüber schießen konnten.
    Das Gebäude mit dem Schild, auf dem Fickpalast stand, stand in hellen Flammen. Eine Frau sprang von einem Balkon und krümmte sich heulend im Matsch zusammen. Zwei Leichen lagen in der Nähe. Vier Männer standen mit blanken Säbeln da und sahen zu. Einer rauchte Pfeife. Majud glaubte, in ihm einen der Kartengeber aus Hochwürdens Würfelkirche wiederzuerkennen.
    Curnsbick versuchte sich loszureißen. »Wir sollten …«
    »Nein!«, herrschte Majud ihn an und zog ihn weiter. »Sollten wir nicht.«
    Großmut war neben allen anderen Kennzeichen zivilisierten Verhaltens ein Luxus, den sie sich jetzt nicht leisten konnten. Majud zerrte den Schlüssel zu ihrem Geschäft aus seiner Tasche und drückte ihn in Curnsbicks zitternde Hand, während er selbst sich wieder mit erhobenem Säbel der Straße zuwandte.
    »Ach du liebe Zeit«, stieß der Erfinder hervor, während er im Schlüsselloch herumstocherte, »ach du liebe Zeit.«
    Sie drängten ins Innere des Hauses, in die ruhige Sicherheit, und die Dunkelheit des Ladens umfing sie mit kleinen Tupfern Orange und Gelb und Rot. Majud stieß die Tür mit der Schulter zu, keuchte erleichtert, als der Riegel einrastete, und dann spürte er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter, fuhr herum und hätte beim hastigen Herumfuchteln mit dem Säbel beinahe Tempel den Kopf abgeschlagen.
    »Was zur Hölle geht da draußen vor sich?« Ein Lichtstreifen wanderte über die eine Hälfte von Tempels angsterfülltem Gesicht. »Wer hat den Kampf gewonnen?«
    Majud senkte die Spitze des Säbels auf den Boden und stützte sich schwer atmend auf den Knauf. »Lamm hat Golding auseinandergenommen. Buchstäblich.«
    »Ach du liebe Zeit«, flüsterte Curnsbick, der mit dem Rücken an der Wand herunterrutschte, bis sein Hintern auf die Dielen klatschte.
    »Was ist mit Scheu?«, fragte Tempel.
    »Ich habe keine Ahnung. Ich weiß gar nichts mehr.« Majud schob die Tür wieder einen winzigen Spalt auf, um hinauszuspähen. »Aber ich habe den Eindruck, Hochwürden macht Großputz.«
    Die Flammen auf Papa Rings Straßenseite erleuchteten die ganze Stadt in grellen Farben. Das Weiße Haus brannte bis zum obersten Stock, Feuerstöße schossen gen Himmel, gierig, mörderisch, und oben auf den Hängen brannten die Bäume, Asche und Glutfunken trieben durch den Regen.
    »Sollten wir nicht helfen?«, flüsterte Tempel.
    »Ein guter Geschäftsmann bleibt neutral.«
    »Sicher gibt es Augenblicke, in denen man aufhört, ein guter Geschäftsmann zu sein, um sich allein als guter Mensch zu erweisen.«
    »Schon möglich.« Majud drückte die Tür wieder zu. »Aber dies ist kein solcher Augenblick.«

ALTE FREUNDE
    A lso dann!«, brüllte Papa Ring, und er schluckte und blinzelte in die Sonne. »Hier wären wir dann also!« Ihm stand ein leichter Schweißfilm auf der Stirn, aber das konnte Tempel ihm kaum verübeln. »Ich habe nicht immer recht gehandelt!« Jemand hatte ihm den Ring aus dem Ohr gerissen, und das gedehnte Ohrläppchen flappte leicht hin und her, als er den Kopf bewegte. »Wahrscheinlich wird mich keiner von euch vermissen! Aber ich habe zumindest immer versucht, mein Wort zu halten! Das müsst ihr zugeben, ich habe immer versucht …«
    Tempel hörte, wie Hochwürden mit den Fingern schnippte, und einer ihrer Leute versetzte Ring einen Tritt in den Rücken, so dass er vom Schafott stolperte. Die Schlinge zog sich zu, und er trat um sich und zuckte, das Seil knarrte unter diesem Galgentänzchen, und Pisse lief an einem seiner dreckigen Hosenbeine herunter. Kleine Männer wie große, Tapfere und Feiglinge, Mächtige und Mickrige, sie alle baumelten auf dieselbe Weise. Inzwischen taten das schon elf. Ring, neun seiner Schergen und die Frau, die seine Huren beaufsichtigt hatte. Die Menge brach in halbherzigen Beifall aus, mehr aus Gewohnheit denn aus echter Begeisterung. Die Geschehnisse der letzten Nacht hatten selbst in Knick die Lust auf Tod und Verderben befriedigt.
    »Und damit hätte das ein Ende«, sagte Hochwürden leise.
    »Damit hat vieles ein Ende«, sagte Tempel. Eine der uralten Säulen, die das Weiße Haus eingerahmt hatten,

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