Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
war durch die Hitze zusammengebrochen. Die andere ragte noch immer hoch auf, seltsam nackt, geborsten und rußgeschwärzt, eine Ruine der Vergangenheit, um deren Sockel die Ruinen der Gegenwart lagen. Gut die Hälfte der Gebäude auf Papa Rings Straßenseite hatte dasselbe Schicksal erlitten, gähnende Lücken klafften zwischen den dicht gedrängten hölzernen Bruchbuden und Hütten, und in den Trümmern waren emsig die Plünderer unterwegs.
    »Wir werden alles neu aufbauen«, sagte Hochwürden. »So wird es sein. Ist der Vertrag schon fertig?«
    »Beinahe«, brachte Tempel irgendwie heraus.
    »Gut. Dieses Stück Papier wird viele Leben retten.«
    »Ja, ich sehe schon, dass es Ihr wichtigstes Anliegen ist, Leben zu retten.« Er schlurfte die Stufen wieder empor, ohne eine Entgegnung abzuwarten. Papa Ring weinte er keine Träne nach, aber er hatte auch kein Verlangen, ihm länger beim Zappeln zuzusehen.
    Nachdem ein beträchtlicher Anteil der Stadtbewohner durch Gewalt, Feuer oder Erhängen aus dem Leben geschieden war, eine noch größere Anzahl ihre baldige Abreise vorbereitete und der Rest überwiegend auf der Straße das Ende der großen Fehde mitverfolgte, war es in Hochwürdens Würfelkirche fast unheimlich leer, und Tempels Schritte hallten durch das verräucherte Gebälk. Dab Süß, Weinender Fels und Corlin saßen an einem Tisch und spielten Karten unter den leeren Blicken der alten Rüstungen, die an den Wänden entlang aufgereiht standen.
    »Guckt ihr euch die Hinrichtung gar nicht an?«, fragte Tempel.
    Corlin sah ihn aus dem Augenwinkel an und zischte nur verächtlich. Vermutlich hatte sie schon davon gehört, wie er splitterfasernackt über die Straße gerannt war.
    »Ich bin fast selbst mal gehängt worden, da oben bei Hoffnung«, sagte Süß. »Hat sich dann als Missverständnis rausgestellt. Aber trotzdem.« Der alte Pfadfinder schob sich den gebogenen Finger unter den Kragen und lockerte den Stoff. »Hat meine Begeisterung für Hinrichtungen ein bisschen gedämpft.«
    »Pech«, tönte Weinender Fels, die durch ihre Karten hindurchzublicken schien, deren Bildseite teils nach innen, teils nach außen zeigte. Ob sie damit das Ende von Süß’ Begeisterung, das besagte Missverständnis oder Hinrichtungen ganz allgemein meinte, ließ sie offen. Sie war niemand, der sich gern mit Klarstellungen aufhielt.
    »Und wenn der Tod draußen wütet, hat man hier drinnen auch endlich einmal ein bisschen Platz.« Süß kippte seinen Stuhl auf die beiden hinteren Beine und schob einen dreckigen Stiefel auf den Tisch. »Ich vermute, dieses Kaff hat seine besten Zeiten hinter sich. Schon bald werden wir mehr damit verdienen, Leute von hier wegzubringen, als sie herzuführen. Wir müssen nur noch ein paar gescheiterte Existenzen zusammentreiben, die sich in die Zivilisation zurückwünschen, und dann machen wir uns wieder auf den Weg nach Naheland.«
    »Vielleicht komme ich mit«, sagte Tempel. Ein Grüppchen gescheiterter Existenzen klang nach idealer Gesellschaft für ihn.
    »Jederzeit.« Weinender Fels ließ wie nebenbei eine Karte fallen und schob dann ihre Gewinne auf dem Tisch zusammen, machte dabei jedoch ein so ausdrucksloses Gesicht, als hätte sie die Partie verloren. Süß warf sein Blatt verärgert hin. »Seit zwanzig Jahren verliere ich gegen diese verdammte, betrügerische Geisterfrau, und sie tut noch immer so, als hätte sie keine Ahnung, wie man spielt!«
    Savian und Lamm standen an der Theke und wärmten sich mit einer Flasche. Mit geschorenem Haar und Bart sah der Nordmann jünger aus als zuvor und irgendwie auch größer und wesentlich gefährlicher. Zudem machte er den Eindruck, als hätte er versucht, mit seinem Gesicht einen Baum zu fällen. Es war eine verformte, verschorfte Sammlung von Schwellungen; ein gezackter Schnitt, der über einem Wangenknochen verlief, war grob zusammengeflickt, und seine Hände steckten beide in fleckigen Verbänden.
    »Trotzdem«, schnaufte er durch die geschwollenen Lippen, »ich schulde dir was. Sogar sehr viel.«
    »Keine Bange, mir wird schon eine Möglichkeit einfallen, wie du es mir zurückzahlen kannst«, antwortete Savian. »Wie hältst du es denn mit der Politik?«
    »Davon halte ich mich heutzutage so weit wie möglich fern …«
    Sie verstummten, als sie Tempel kommen sahen. »Wo ist Scheu?«, fragte er.
    Lamm sah ihn an, das eine Auge fast zugeschwollen, das andere blickte fürchterlich müde. »Oben, in den Gemächern von Hochwürden.«
    »Kann ich zu

Weitere Kostenlose Bücher