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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Geheimwaffe hervorholen wie ein Messer aus einer Socke.«
    »Das mit dem Messer in der Socke habe ich mal probiert«, raunte Brachio und klopfte auf die vielen Klingen, die er in seinem Waffengurt trug. »Das reibt fürchterlich.«
    »Sollen wir dann aufbrechen?«, grollte Jubair. »Die Zeit schreitet fort, und Gottes Werk muss getan werden.«
    »Es muss etwas getan werden, ja«, sagte Süß, der den Kragen seiner dicken Felljacke bis zu den Ohren hochklappte, bevor er in die Nacht hinaustrat.
    Cosca setzte die Flasche an den Mund, merkte, dass sie leer war und hielt sie hoch, damit sie nachgefüllt wurde. »Bringt mir mehr Schnaps! Und Tempel, kommen Sie, erzählen Sie mir was, so wie früher! Bringen Sie mir Trost, Tempel, Trost und Rat.«
    Tempel holte tief Luft. »Ich weiß nicht, welchen Rat ich Ihnen geben kann. Wir sind hier draußen weit entfernt vom Arm des Gesetzes.«
    »Ich rede doch nicht von Gesetzen, Mann, sondern vom Pfad der Rechtschaffenen! Danke.« Das war an Feldwebel Freundlich gerichtet, der gerade eine frisch geöffnete Flasche an Coscas Flachmann hielt und ihn trotz allen Gewackels mit meisterlicher Präzision aufzufüllen begann. »Ich komme mir vor, als triebe ich auf einem fremden Meer, und mein moralischer Kompass kreiselt wild in jede Richtung! Suchen Sie mir einen ethischen Stern, nach dem ich steuern kann, Tempel! Was ist mit Gott, Mann, was ist mit Gott?«
    »Ich fürchte, auch der Arm Gottes reicht nicht bis hierher«, murmelte Tempel und ging zur Tür. Häcke humpelte an ihm vorüber, als er sie öffnete; er klammerte sich an die Überbleibsel seines Huts und sah elender aus denn je, wenn das überhaupt möglich war.
    »Wer ist denn das jetzt?«, verlangte Cosca zu wissen, der in die Schatten spähte.
    »Mein Name ist Häcke, Herr Generalhauptmann, zu Diensten, einer der Treiber aus Knick. Wurde in Osrung verletzt, Herr Generalhauptmann, als ich einen Angriff führte.«
    »Genau das ist der Grund, weshalb man es am besten anderen überlässt, Angriffe zu führen.«
    Häcke schlich in den Raum, sein Blick glitt nervös hin und her. »Kann nicht sagen, dass ich das anders sehe, Herr Generalhauptmann. Dürfte ich Sie einen Augenblick stören?« Dankbar für die Ablenkung trat Tempel hinaus in die bittere Dunkelheit.
    In der einzigen Straße der Ansiedlung schien sich niemand damit aufzuhalten, möglichst unauffällig zu bleiben oder sich verborgen zu halten. In dicke Mäntel und Felle gehüllt, mit zerrissenen Wolldecken und zusammengestückelten Rüstungen geschützt, stapften die Menschen fluchend herum, verwandelten den Schnee in schwarzen Matsch, hielten flackernde Fackeln hoch in die Luft, zerrten widerspenstige Pferde hinter sich her, luden Kisten und Fässer von sich neigenden Wagen, und der Atem stieg dampfend von ihren dick eingepackten Gesichtern.
    »Darf ich Ihnen Gesellschaft leisten?«, fragte Sworbreck, der Tempel in dem Durcheinander gefolgt war.
    »Wenn Sie keine Angst davor haben, dass mein Pech auf Sie abfärbt.«
    »Das kann nicht schlimmer sein als meins«, klagte der Biograf.
    Sie kamen an einer Gruppe Leute vorbei, die in einer Hütte mit einer fehlenden Wand Schutz gesucht hatte und nun um die Betten würfelte, an einem Mann, der Klingen an einem kreischenden Wetzstein schärfte und die Funken hoch in die Nacht aufstieben ließ, und an drei Frauen, die darüber stritten, wie man am besten ein Feuer in Gang brachte, ohne dass eine von ihnen es wirklich gewusst hätte.
    »Haben Sie manchmal das Gefühl …«, begann Sworbreck, dessen Gesicht, um warm zu bleiben, so weit wie möglich in seinem verschlissenen Kragen verschwunden war, »dass Sie irgendwie in eine Situation geraten sind, in der Sie nie sein wollten, aber von der Sie jetzt nicht wissen, wie Sie wieder herauskommen?«
    Tempel sah den Schriftsteller von der Seite an. »In letzter Zeit in jedem Augenblick an jedem Tag.«
    »Als ob Sie bestraft würden, aber nicht genau wüssten, wofür?«
    »Ich weiß genau, wofür«, brummte Tempel.
    »Ich gehöre hier nicht hin«, klagte Sworbreck.
    »Ich wünschte, das könnte ich auch von mir sagen. Aber ich fürchte, das stimmt nicht.«
    Vor einem der Hügelgräber war der Schnee beiseitegeschafft worden, und Fackelschein flackerte in dem moosbewachsenen Eingang. Vor das Grab daneben, vor dem sich bereits eine unordentliche Schlange formierte, hängte einer der Luden gerade ein abgewetztes Fell. Ein zitternder Hausierer hatte zwischen beiden einen improvisierten

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