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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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dann schnalzte sie mit der Zunge, und ihr Pferd setzte sich wieder in Bewegung.
    »Viel Glück!«, rief er ihr nach. »Pass auf dich auf, da unter den Barbaren!«
    Sie sah noch einmal über das Fort, aus dem bereits unharmonisches Gegröle drang, und hob eine Augenbraue. »Du auch.«

KÖDER
    A m ersten Tag ritten sie durch einen Wald mit so riesigen, hoch in den Himmel wachsenden Bäumen, wie Scheu sie noch nie zuvor gesehen hatte: Äste über Äste streckten sich über ihren Köpfen aus und ließen das Sonnenlicht nicht durch, bis Scheu das Gefühl hatte, sie schlichen durch die Gruft eines Riesen, dunkel und heilig. Der Schnee hatte trotzdem seinen Weg zum Boden gefunden, die Verwehungen zwischen den weiß bestäubten Baumstämmen türmten sich bis zu einem Schritt hoch auf, und sie mussten sich damit abwechseln, vorauszugehen und ihnen einen Weg zu bahnen. Hier und da hielt sich eiskalter Nebel, der sich um die Menschen und Reittiere schlang wie Gespenster, die den Lebenden ihre Wärme neideten. Nicht, dass es davon besonders viel gegeben hätte. Weinender Fels stieß ein warnendes Zischen aus, sobald jemand zu sprechen begann, und daher nickten sie in stumpfem Elend vor sich hin zum Knirschen der Hufe auf dem Schnee und dem schweren Keuchen der angestrengten Pferde, Savians Husten und Jubairs leisem Gemurmel, das Scheu für Gebete hielt. Er war ein frommer Drecksack, dieser große Kanteser, das stand mal fest. Ob diese Frömmigkeit dafür sorgen würde, dass ihm in kniffligen Situationen zu trauen sei, bezweifelte sie. Sie hatte schon früher Leute kennengelernt, die sich für gläubig hielten, und festgestellt, dass diese Sorte Religion eher dazu nutzte, schlimme Taten zu rechtfertigen, anstatt sich von ihnen abzuwenden.
    Erst als das Tageslicht diffuser Dämmerung gewichen war, führte Süß sie zu einer niedrigen Höhle unter einem vorspringenden Fels und ließ sie rasten. Inzwischen waren die Reittiere und die Packtiere völlig erschöpft und zitterten, und Scheu ging es nicht viel besser; ihr ganzer Körper war steif, taub und wund, schmerzte und prickelte, und die einzelnen Stellen konnten sich kaum entscheiden, welche von ihnen am meisten wehtat.
    Da sie kein Feuer machen durften, aßen sie kaltes Fleisch und harten Zwieback und ließen eine Flasche herumgehen. Savian machte beim Husten ein ebenso verbissenes, gleichmütiges Gesicht wie bei allen anderen Dingen, aber Scheu merkte, dass es ihm Sorgen bereitete, wenn er sich vorbeugte und loskeuchte und dann mit bleichen Händen nach seinem Kragen griff, um ihn um den Hals ein wenig mehr zuzuziehen.
    Einer der Söldner, ein junger Styrer mit vorstehendem Kinn, der Sacri hieß – einer dieser Typen, die auf Scheu den Eindruck machten, dass es ihnen nur gut ging, wenn andere sich schlecht fühlten – grinste und sagte: »Du hast ja ganz schön Husten, Alter. Willst du vielleicht lieber wieder zurück?«
    »Halt die Klappe«, fuhr Scheu ihn so energisch an, wie sie nur konnte, was in diesem Augenblick nicht besonders viel war.
    »Und wenn nicht, was machst du dann?«, gab Sacri verächtlich zurück. »Willst du mir dann eine runterhauen?«
    Nun kam sie allmählich doch in Rage. »Ganz genau. Mit einer verdammten Axt. Und jetzt halt die Klappe.«
    Dieses Mal hielt er sie tatsächlich, aber als der Mond schimmernd emporstieg, wurde ihr klar, dass er versuchen würde, es ihr heimzuzahlen, und sie dachte darüber nach, dass sie nun noch mehr aufpassen musste als je zuvor.
    Sie hielten zu zweit Wache, immer ein Söldner mit einem aus dem ehemaligen Trupp, und sie bewachten sich gegenseitig mindestens genauso sehr, wie sie nach dem Drachenvolk Ausschau hielten. Scheu maß die Zeit, indem sie Süds Schnarchen lauschte, und als es so weit war, schüttelte sie Lamm und flüsterte ihm ins Ohr: »Aufwachen, Euer Majestät.«
    Er stieß ein brummendes Seufzen aus. »Hab mich schon gefragt, wie lange es wohl dauern würde, bis diese Geschichte wieder ans Tageslicht kommt.«
    »Verzeiht der Dummheit einer ungebildeten Bauersfrau. Ich bin nur so überwältigt, dass der König der Nordmänner unter meinen Decken schnarcht.«
    »Ich war mindestens zehnmal so lange ein völlig mittelloser Bettler ohne einen einzigen Freund, auf den ich zählen konnte. Wieso will eigentlich niemand darüber reden?«
    »Was mich angeht – wie sich so was anfühlt, das weiß ich selber. Aber so eine Krone, die habe ich noch nicht oft aufsetzen dürfen.«
    »Ich auch nicht«, sagte er und kroch

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