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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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nachdenklichen Schluck. »Je weiter ich in die unerschlossenen, entlegenen Weiten vorstoße, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass wir in jenen Zeiten leben, in denen das Ende kurz bevorsteht.«
    Lamm nahm Jubair die Flasche aus der Hand, leerte sie und warf sie dann ihrem Besitzer hinterher. »Zu allen Zeiten steht irgendjemandem das Ende bevor.«
    Sie kauerten sich zwischen verfallenen Mauern zusammen, zwischen Steinen voller Salzstreifen und Kristallwucherungen und beobachteten das Tal. Es fühlte sich an, als hätten sie das schon eine Ewigkeit getan, wie sie so dasaßen und in den klebrigen Nebel spähten, während Weinender Fels sie flüsternd anfuhr, sich zu ducken, in Deckung zu bleiben und die Klappe zu halten. Scheu bekam es langsam satt, dauernd angezischt zu werden. Sie bekam das Ganze allmählich mehr als satt. Sie war entnervt und kaputt, ihre Nerven waren zu kleinen, schmerzenden Stummeln aus Angst, Sorge und Hoffnung abgeschliffen. Die Hoffnung war das Schlimmste.
    Gelegentlich bekam Savian einen erstickten Hustenanfall, und das konnte Scheu ihm nicht verübeln. Das Tal an sich schien zu atmen. Beißender Dampf stieg aus verborgenen Spalten auf und verwandelte die geborstenen Felsen in Phantome, oder er trieb hinab, um sich wie Nebel über den kleinen See am Grund des Tals zu legen, sich dort langsam aufzulösen und schon bald wieder zu sammeln.
    Jubair saß im Schneidersitz da, die Augen geschlossen und die Arme über der Brust verschränkt, massig und geduldig. Seine Lippen bewegten sich geräuschlos, und Schweiß stand ihm auf der Stirn. Sie alle schwitzten. Scheus Hemd klebte an ihrem Rücken, und das Haar lag klamm auf ihrem Gesicht. Es schien undenkbar, dass sie vor ein oder zwei Tagen noch gefürchtet hatte, an Kälte zugrunde zu gehen. Jetzt hätte sie ihre Zähne dafür gegeben, sich ausziehen und in einer Schneewehe herumtollen zu dürfen. Sie kroch zu Weinender Fels hinüber, und die Steine waren nass und klebrig warm unter ihren Händen.
    »Sind sie schon nahe?«
    Die Geisterfrau bewegte ihr grimmiges Gesicht um einen winzigen Bruchteil nach oben und unten.
    »Wo?«
    »Wenn ich das wüsste, müsste ich hier nicht Ausschau halten.«
    »Werden wir diesen Köder bald setzen?«
    »Bald.«
    »Ich hoffe, du hast nicht wirklich vor, hier einen Kackhaufen zu platzieren«, schnaufte Süß, der jetzt wohl doch nur noch ein einziges Hemd trug, »denn ich habe keine Lust, hier die Hosen runterzulassen.«
    »Sei still«, zischte Weinender Fels und machte eine rückwärts gewandte Bewegung mit der ausgestreckten Hand.
    Ein Schatten bewegte sich in der Düsternis unten im Tal, eine Gestalt, die von einem Felsen zum nächsten sprang. Auf die Entfernung und in dem Dunst war es schwer zu bestimmen, aber es sah aus wie ein Mann, hochgewachsen und breitschultrig, mit dunkler Haut, kahlem Kopf und einem Stab, den er locker in einer Hand trug.
    »Pfeift er?«, raunte Scheu.
    »Schhhht«, machte Weinender Fels.
    Der alte Mann ließ den Stab bei einem flachen Felsen am Rand des Wassers liegen, zog sein Gewand aus und legte es sorgfältig gefaltet auf den Stein, vollführte ein kleines Tänzchen und drehte sich nackt um einige Säulen am Ufer.
    »Er sieht gar nicht Furcht einflößend aus«, flüsterte Scheu.
    »Oh, das ist er aber«, sagte Weinender Fels. »Es ist Waerdinur. Mein Bruder.«
    Scheu sah die Geisterfrau an, mit ihrer Haut so hell wie frische Milch, und blickte dann zu dem dunkelhäutigen Mann, der noch immer pfiff, als er ins Wasser watete. »Ihr seht euch nicht sehr ähnlich.«
    »Wir kamen nicht aus einem Schoß.«
    »Gut zu wissen.«
    »Was ist gut zu wissen?«
    »Ich hatte schon gedacht, du wärst vielleicht aus einem Ei geschlüpft, so wenig Schmerz, wie du spürst.«
    »Ich habe meine Schmerzen«, sagte Weinender Fels. »Aber sie müssen mir nützen, nicht umgekehrt.« Damit schob sie den fleckigen Stiel ihrer Pfeife zwischen ihre Zähne und begann heftig darauf herumzukauen.
    »Was macht Lamm da?«, war Jubair zu hören.
    Scheu fuhr herum. Lamm bahnte sich einen Weg zwischen den Felsen und rannte zum Wasser hinunter; er war schon zwanzig Schritt entfernt.
    »Verdammt«, murmelte Süß.
    »Scheiße!« Scheu zwang ihre steifen Knie, ihr zu gehorchen, und machte einen Satz über die bröcklige Mauer. Süß versuchte, sie festzuhalten, aber sie schlug seine Hand weg und folgte Lamm, ein Auge auf den alten Mann gerichtet, der noch immer fröhlich planschte, während sein Pfeifen durch den Dunst

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