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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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eckig, um natürlichen Ursprungs zu sein, und in der Nähe türmten sich Abraumhügel auf.
    »Sind so weit oben Goldsucher gewesen?«, fragte einer der Söldner.
    Süß schüttelte den Kopf. »Nicht einmal in der Nähe. Das hier sind Spuren älterer Grabungen.«
    »Wie viel älter?«
    »Viel älter«, sagte Weinender Fels.
    »Je näher wir kommen, desto mehr Sorgen mache ich mir, glaube ich«, raunte Scheu, an Lamm gewandt, als sie sich vornübergebeugt und erschöpft wieder auf den Weg machten.
    Er nickte. »Man fängt an, über die vielen tausend Dinge nachzudenken, die schiefgehen könnten.«
    »Oder bekommt Angst, wir könnten sie nicht finden.«
    »Oder bekommt Angst vor dem Moment, da wir es tun.«
    »Oder einfach nur Angst«, murmelte sie.
    »Angst ist gut«, erwiderte er. »Die Toten sind furchtlos, und ich möchte nicht, dass einer von uns beiden sich ihnen anschließt.«
    Sie hielten oberhalb einer tiefen Schlucht, auf dessen Grund das Wasser toste, und überall stieg Dampf auf, der nach Schwefel stank. Ein Bogen überspannte den Canyon, schwarzer Fels, der nass schimmerte und von dem Zapfen aus Kalkstein herabwuchsen. Von seiner Mitte hing eine große Kette herab, deren einzelne Glieder einen Schritt Durchmesser besaßen, und das rostzerfressene Metall kreischte leise, wenn der Wind es bewegte. Savian saß da, den Kopf in den Nacken gelegt, und atmete schwer. Die Söldner hatten sich in der Nähe hingefläzt und ließen eine Taschenflasche herumgehen.
    »Und da ist sie wieder!« Sacri lachte leise. »Die Kinderjägerin!« Scheu sah erst zu ihm hinüber und dann zu der tiefen Kluft daneben, und sie dachte darüber nach, wie gern sie den einen mit der anderen Bekanntschaft schließen lassen würde. »Wie dämlich muss man sein, um darauf zu hoffen, hier oben in dieser Gegend Kinder zu finden, die noch am Leben sind?«
    »Wieso gehören große Mäuler und kleine Hirne so oft zusammen?«, brummte sie, aber sie dachte an Lamms Worte, erkannte dann, dass ihre Frage genauso auf sie selbst zutreffen mochte, und hielt ihre Zunge ausnahmsweise einmal im Zaum.
    »Hast du dazu nichts zu sagen?« Sacri grinste sie von oben herab an und hob die Flasche wieder an den Mund. »Wenigstens hast du endlich gelernt …«
    Unvermittelt streckte Jubair seinen langen Arm aus und stieß Sacri von der Klippe. Der Styrer stieß einen erstickten Aufschrei aus, die Flasche fiel ihm aus der Hand, und dann war er verschwunden. Ein dumpfer Aufschlag ertönte und das Klappern von Geröll, dann noch einmal und noch einmal, dann verloren sich die Geräusche in der Tiefe der Schlucht.
    Die Söldner starrten ihren Hauptmann mit aufgerissenen Augen an. Scheu sah zu, mit kribbelnder Haut, als Jubair an den Rand der Schlucht trat, die Lippen nachdenklich geschürzt, und hinunterblickte. »Die Welt ist voller Dummheit und Verschwendung«, sagte er. »So sehr, dass ein Mann an seinem Glauben zweifeln mag.«
    »Sie haben ihn umgebracht«, sagte einer der Söldner, der offensichtlich mit diesem speziellen Talent gesegnet war, das manchen Männern eigen ist, nämlich das Offensichtliche laut auszusprechen.
    »Gott hat ihn getötet. Ich war nur das Werkzeug.«
    »Gott ist manchmal schon ein ziemlich stachliger Drecksack, was?«, krächzte Savian.
    Jubair nickte feierlich. »Er ist ein schrecklicher und gnadenloser Gott, und alle Dinge müssen sich seiner Vorstellung beugen.«
    »Wegen seiner Vorstellung fehlt uns jetzt ein Mann«, sagte Süß.
    Jubair warf sich den Rucksack wieder über die Schulter. »Besser so, als ständig diesen Unfrieden in der Truppe zu haben. Wir müssen hier zusammenhalten. Wenn wir uns streiten, wie kann Gott dann auf unser aller Seite sein?« Er winkte Weinender Fels nach vorn, damit sie ihnen den Weg zeigte, und ließ dann seine Männer, die alle etwas nervös wirkten, an sich vorbeimarschieren. Einer schluckte sichtbar, als er in die Schlucht hinuntersah.
    Jubair nahm Sacris heruntergefallene Flasche von der Felskante auf. »In der Stadt Ul-Nahb in Gurkhul, wo ich geboren wurde, Dank sei dem Allmächtigen, ist der Tod eine große Sache. Ein Leichnam wird nach allen Regeln der Kunst vorbereitet, die Familie klagt um ihn, und eine Prozession von Trauernden folgt dem blumenbestreuten Weg zur Begräbnisstätte. Hier draußen ist der Tod eine kleine Sache. Ein Mann, der darauf hofft, mehr als eine Chance zu bekommen, ist ein Narr.« Er sah grimmig zu dem breiten Bogen mit der geborstenen Kette hinüber und nahm einen

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