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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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kommt mir nie wieder unter die Augen. Er nicht und Knick nicht, und auch kein anderer Teil von diesem beschissenen Land.« Damit schnalzte er mit der Zunge und ritt davon, nach Osten.
    Sie saßen eine Weile da und sahen dem niedergeschlagenen Trupp nach, wie er sich wieder auf den langen Weg zurück in die Zivilisation machte. Kein Anblick, der angesichts des eigenen Ziels besonders optimistische Gefühle hätte aufkommen lassen, selbst wenn sie Optimisten gewesen wären, doch das war Scheu ganz bestimmt nicht.
    »Ich dachte, du kennst jeden in Fernland?«, sagte sie zu Süß.
    Der alte Pfadfinder zuckte die Achseln. »Jedenfalls alle, die dort schon eine Weile unterwegs sind.«
    »Diesen Grega Cantliss aber nicht?«
    Er zuckte die Achseln noch ein bisschen heftiger. »In Knick sind so viele Meuchelmörder unterwegs wie Asseln auf einem alten Baumstumpf. Ich bin nicht oft genug in diesem Kaff, um den einen vom anderen zu unterscheiden. Wenn wir beide dort lebend ankommen, dann kann ich dich Hochwürden vorstellen. Da bekommst du vielleicht ein paar Antworten.«
    »Hochwürden?«
    »Hochwürden sorgt dafür, dass in Knick alles läuft. Na ja, Hochwürden und Papa Ring, und so ist das schon, seit an diesem Ort zum ersten Mal zwei Latten aneinandergenagelt wurden. Während der ganzen Zeit hatten sie nicht viel füreinander übrig. Und so, wie sich das anhört, werden die auch keine Freunde mehr.«
    »Dieser Hochwürden kann uns helfen, Cantliss zu finden?«, fragte Lamm.
    Noch einmal zuckte Süß die Achseln so heftig, dass er sich mit der Bewegung fast den Hut vom Kopf stieß. »Hochwürden kann immer helfen. Wenn man Hochwürden helfen kann.« Damit gab er seinem Pferd die Sporen und trottete zum Trupp zurück.

STAUB
    L os, aufwachen.«
    »Nein.« Tempel versuchte, sich den elenden Fetzen von Wolldecke übers Gesicht zu ziehen. »Bitte. O Gott, nein.«
    »Du schuldest mir einhundertdreiundfünfzig Mark«, erklärte Scheu, die zu ihm hinuntersah. Jeden Morgen dasselbe. Wenn man es überhaupt Morgen nennen konnte. Bei der Kompanie der Gütigen Hand hatten sich die wenigsten gerührt, bevor die Sonne hoch am Himmel stand, es sei denn, dass Beute zu erwarten war, und der Rechtskundige war von allen als Letzter aufgestanden. Beim Trupp machten sie alles anders. Über Scheu funkelten noch die etwas helleren Sterne, und der Himmel zeigte allenfalls die ersten Spuren des beginnenden Morgengrauens.
    »Mit welcher Schuldensumme haben wir angefangen?«, krächzte er und versuchte, sich den Staub des gestrigen Tages aus der Kehle zu räuspern.
    »Bei einhundertsechsundfünfzig.«
    »Was?« Neun Tage lang hatte er mit schmerzendem Rücken, schmerzenden Lungen und schmerzenden Hinterbacken geackert wie ein Pferd, und dabei hatte er gerade mal drei Mark abgearbeitet. Man konnte über Nicomo Cosca sagen, was man wollte, aber der alte Drecksack hatte sehr ordentlich bezahlt.
    »Buckhorm hat dir drei Mark für die Kuh berechnet, die du gestern verloren hast.«
    »Ich bin nicht mehr als ein Sklave«, murmelte Tempel bitter.
    »Du bist weniger. Einen Sklaven könnte ich verkaufen.« Scheu stupste ihn mit dem Fuß an, und er rappelte sich grummelnd auf, zog sich die zu großen Stiefel über die Füße, die leicht feucht waren, weil sie unter der zu kleinen Decke herausgeguckt hatten, warf sich die Jacke aus vierter Hand über sein einziges, von Schweiß schon ganz steifes Hemd und humpelte zum Wagen des Kochs hinüber, wobei er sich die vom Sattel aufgescheuerte Rückseite hielt. Am liebsten hätte er geweint, aber diese Genugtuung wollte er Scheu nicht geben. Wobei er ihrer Meinung nach sowieso nie genug tat.
    Er stand da, wund und elend, und würgte mit kaltem Wasser etwas von dem halb rohen Fleisch runter, das am Vorabend unter dem Feuer eingegraben worden war. Um ihn herum machten sich noch andere für die tägliche Arbeit bereit und sprachen gedämpft miteinander, die Worte dampften in der feuchtkühlen Luft, und sie erzählten sich von dem Gold, das am Ende ihres Weges auf sie wartete, die Augen vor Staunen geweitet, als würden sie nicht das gelbe Metall in den Felsen des unerforschten Landes erwarten, sondern gleich das Geheimnis des Lebens.
    »Du reitest wieder als Treiber hinten«, sagte Scheu.
    Tempel hatte in der Ausübung seiner vielen früheren Berufe oft schon dreckige, gefährliche, schreckliche Arbeit erledigt, aber nichts davon hatte mit einer so quälenden Mischung aus Langeweile, Unbequemlichkeit und geringer

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