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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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anfühlte wie an der Schulter, auf die er sich damals gestützt hatte. Als sie sich mit ihren Hüften gegen seine gelehnt hatte. Ob sie wohl so leidenschaftlich küsste, wie sie feilschte …?
    Endlich führte Süß sie an ein elendiges Rinnsal von einem Bach, und sie konnten nur knapp eine Stampede aus Menschen und Tieren verhindern, die sich alle in vollem Lauf auf das bisschen Feuchtigkeit stürzten. Die Tiere drängten sich nebeneinander und übereinander hinein und wühlten das Wasser auf, bis es braun wurde. Buckhorms Kinder tollten darin herum und spritzten sich nass. Aschjid dankte Gott für seine Fülle, während sein idiotischer Gefolgsmann nickte und kicherte und die Wasserfässer füllte. Iosiv Lestek betupfte sein blasses Gesicht und zitierte ewig lange pastorale Gedichte. Tempel fand einen kleinen Platz stromaufwärts, ließ sich rücklings ins moosige Gras fallen und lächelte breit, als die Feuchtigkeit langsam seine Kleidung durchdrang. Seine Messlatte für angenehme Empfindungen lag seit den letzten Wochen deutlich tiefer als früher. Tatsächlich genoss er gerade sehr die wärmende Sonne auf seinem Gesicht, als sie sich plötzlich verdunkelte.
    »Bekommt meine Tochter bei dir auch was für ihr Geld?« Lamm ragte neben ihm auf. Luline Buckhorm hatte am Morgen ihren Kindern das Haar geschnitten, und der Nordmann hatte sich zögernd hinten in der Schlange eingereiht. Er sah größer und härter und sogar noch vernarbter aus, seit sein graues Haar und sein grauer Bart gestutzt worden waren.
    »Ich würde sagen, wenn sie einen Profit machen wollte, müsste sie mich als Schlachtvieh verkaufen.«
    »Nicht, dass ich das für völlig unmöglich halten würde«, sagte Lamm und hielt ihm eine Wasserflasche hin.
    »Sie ist eine harte Frau«, sagte Tempel und griff zu.
    »Ganz in ihrem Inneren nicht. Sie hat dich immerhin gerettet, oder?«
    »Das hat sie allerdings«, musste er zugeben, wobei er sich zwischendrin schon gefragt hatte, ob der Tod nicht gnädiger gewesen wäre.
    »Dann ist sie wohl gerade sanft genug, was?«
    Tempel ließ das Wasser in seinem Mund herumwandern. »Jedenfalls macht sie immer den Eindruck, als ob sie sich wegen irgendwas ärgert.«
    »Sie ist oft enttäuscht worden.«
    »Leider habe ich das Gefühl, dass ich daran kaum etwas ändern werde. Ich war stets ein äußerst enttäuschender Mensch.«
    »Das Gefühl kenn ich.« Lamm kratzte sich gemächlich den gestutzten Bart. »Aber es gibt immer einen neuen Tag. An dem man Dinge besser machen kann. Das macht das Leben aus.«
    »Seid ihr zwei deswegen hier unterwegs?«, fragte Tempel und gab Lamm die Flasche zurück. »Um einen neuen Anfang zu machen?«
    Lamms Augen zuckten. »Hat Scheu dir nichts gesagt?«
    »Wenn sie mit mir redet, dann geht es meist um meine Schulden und wie furchtbar langsam ich die abarbeite.«
    »Wie ich gehört habe, geht das wirklich nicht so schnell.«
    »Jede Mark fühlt sich an, als ob sie ein Jahr meines Lebens kostet.«
    Lamm hockte sich neben den Bach. »Scheu hat einen Bruder und eine Schwester. Sie wurden … entführt.« Er drückte die Feldflasche unter Wasser, und Blasen stiegen auf. »Banditen haben sie verschleppt, unseren Hof niedergebrannt und einen Freund von uns getötet. Sie haben insgesamt vielleicht um die zwanzig Kinder in ihrer Gewalt und haben sie den Fluss hinaufgebracht, Richtung Knick. Wir folgen ihnen.«
    »Und was macht ihr, wenn ihr sie findet?«
    Er drückte den Korken wieder auf die Feldflasche, mit so viel Kraft, dass die vernarbten Knöchel seiner großen rechten Hand sich kurz weiß färbten. »Das, was wir tun müssen. Ich habe ihrer Mutter versprochen, für die Sicherheit der Kinder zu sorgen. In meinem Leben habe ich jede Menge Versprechen gebrochen. Dieses hier werde ich halten.« Er holte tief Luft. »Und was hat dich den Fluss herunter treiben lassen? Ich war nie ein besonders guter Menschenkenner, aber du siehst nicht so aus wie jemand, der draußen in der Wildnis sein Glück suchen will.«
    »Ich bin abgehauen. Auf gewisse Weise ist das so eine Art Angewohnheit von mir.«
    »Mit dem Abhauen hab ich auch meine Erfahrungen. Allerdings habe ich festgestellt, das Problem ist oft … wohin man auch flieht, man nimmt sich selber mit.« Er bot Tempel die Hand, um ihm aufzuhelfen, und der wollte sie gerade nehmen, als er innehielt.
    »Du hast neun Finger.«
    Plötzlich sah Lamm ihn mit grimmigem Gesicht an und wirkte überhaupt nicht mehr wie der langsame, freundliche alte Knacker,

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