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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Fliegen übersäten Müllhaufen gegenseitig hackten, die herumtrippelten, um sich auf jeden Krümel zu stürzen, auf den gerade niemand achtgab, und die immer mal wieder versuchten, auch die gut bewachten zu erobern. Sie sorgten dafür, dass die Brücke, die Zelte und auch einige Leute mit Streifen oder Klecksen grauen Vogeldrecks überzogen waren.
    »So einen hier braucht ihr!«, kreischte ein Händler, hob einen schlecht gelaunten Kater im Genick hoch und hielt ihn Scheu entgegen, während weitere verlauste Kreaturen in den aufgestapelten Käfigen um ihn herum mit dem seelenlosen Blick lange Inhaftierter nach draußen starrten. »In Knick wimmelt es von Ratten, die sind so groß wie Pferde!«
    »Dann solltest du dir mal ein paar größere Katzen besorgen!«, rief Corlin zurück, die zu Scheu gewandt fortfuhr: »Was treibt denn dein Sklave gerade?«
    »Der hilft Buckhorm dabei, sein Vieh durch dieses Gewühl zu treiben, würde ich sagen. Und er ist kein Sklave«, ergänzte Scheu, die sich allmählich noch mehr ärgerte. Dauernd schien sie sich bemüßigt zu fühlen, einen Mann vor anderen zu verteidigen, den sie am liebsten selbst angefallen hätte.
    »Na gut, deine Männerhure.«
    »Das ist er auch nicht, soweit ich weiß.« Scheu sah mit gerunzelter Stirn zu einem dieser Exemplare hinüber, einem Kerl, der mit bis zum Bauchnabel aufgeknöpftem Hemd aus einer schmierigen Zelttür schielte. »Obwohl er oft erzählt, dass er schon alles Mögliche gemacht hat …«
    »Vielleicht überlegt er sich ja, wieder zu diesem Beruf zurückzukehren. Das ist der einzige Weg, von dem ich mir vorstellen kann, dass er dir je seine Schulden zurückzahlen wird.«
    »Das werden wir ja sehen«, sagte Scheu. Allerdings glaubte sie allmählich auch, dass Tempel nicht gerade die beste Investition gewesen war. Er würde seine Schulden noch am Sankt Nimmerleinstag abzahlen, falls er nicht vorher starb, was allerdings recht wahrscheinlich war – oder falls er, was noch wahrscheinlicher war, einen anderen Idioten fand, an den er sich hängen konnte, und dann irgendwann nachts verschwand. Da hatte sie so lange Zeit Lamm einen Feigling genannt. Vor harter Arbeit hatte der aber keine Angst gehabt. Er hatte sich nicht einmal beschwert, soweit sie sich erinnern konnte. Tempel bekam kaum einmal den Mund auf, ohne über den Staub, das Wetter, die Schulden oder seinen wunden Arsch zu jammern.
    »Ich werde schon dafür sorgen, dass der noch einen richtig wunden Arsch kriegt«, brummte sie, »dieser nutzlose Dreckskerl …«
    Vielleicht war es gut, wenn man versuchte, in allen Menschen das Beste zu sehen, aber falls Tempel gute Seiten hatte, dann hielt er sie gut versteckt. Nun ja, was konnte man auch von Leuten erwarten, die man aus dem Wasser fischte? Dass sie sich als Helden entpuppten?
    Die Brücke war einst auf jeder Seite von zwei Wachttürmen flankiert worden. Auf dem diesseitigen Ufer waren diese Türme auf halber Höhe eingestürzt, die herabgefallenen Steine lagen noch verstreut und überwachsen da. Dazwischen hatte man ein provisorisches Tor errichtet – die schlampigste Zimmermannsarbeit, die Scheu je gesehen hatte, die paar Male eingeschlossen, da sie sich selbst an ein paar Latten zu schaffen gemacht hatte. Die Konstruktion bestand aus alten Wagenteilen, Kisten und Fässern, aus denen überall zusammengeklaute Nägel ragten, und vorn an den Eingang hatte man sogar ein Rad gebunden. Ein Junge hockte daneben auf dem Sockel einer abgebrochenen Säule und versuchte, die Menge mit einem außerordentlich kriegerischen Gesichtsausdruck einzuschüchtern.
    »Kundschaft, Pa!«, rief er, als Lamm, Süß und Scheu sich näherten und die Wagen des Trupps hinter ihnen durchs Gedränge rumpelten.
    »Ich sehe schon, mein Sohn. Gute Arbeit.« Der Sprecher war ein wahrer Riese, sogar größer als Lamm, und trug einen rebellischen roten Bart. Er saß neben einem ausgemergelten Kerl mit ausgesprochen knubbligen Wangen und einem Helm, der so aussah, als sei er für einen Kerl gemacht worden, dessen Wangen allenfalls durchschnittlich knubblig waren, und der nun auf seinen Kopf passte wie eine Teetasse auf einen Streitkolben. Ein anderer Wichtigtuer zeigte sich oben an einem der Türme mit einem Bogen in der Hand. Rotbart trat nun vor das Tor, und er richtete seinen Speer zwar nicht direkt auf die Neuankömmlinge, aber doch auch nicht in eine wesentlich andere Richtung.
    »Das hier ist unsere Brücke«, verkündete er.
    »Das ist ja ein ganz schönes Ding.«

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