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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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er kämpfte sich weiter voran, versuchte, sich daran festzuhalten wie ein Betrunkener am anderen. Dann plötzlich wechselte der Wind die Richtung, viel schlauer und durchtriebener als er, und warf ihn um, ließ ihn um sich schlagend im Gras liegen, wo ihm Aschjids irrsinniges Kreischen noch in den Ohren hallte, wie er Gott anflehte, die Ungläubigen zu vernichten.
    Ihm erschien das hart. Man suchte es sich doch nicht aus, ob man an etwas glaubte oder nicht?
    Auf allen vieren kroch er weiter und traute sich kaum aufzustehen, damit er nicht in den Himmel emporgeschleudert und an irgendeinem entfernten Ort wieder hinunterstürzen würde, wo sein Gebein auf einem Fleck Erde ausbleichen würde, der noch nie von menschlichen Fußabdrücken gezeichnet worden war. Ein Blitz spaltete die Dunkelheit, die Regentropfen verwandelten sich in eiskalte Striche, und die Wagen hoben sich weiß ab, Gestalten wurden kurz angestrahlt wie in einem verrückten lebenden Bild, und dann versank wieder alles in der regendurchtränkten Finsternis.
    Wenig später ertönte ein lauter, dröhnender Donnerschlag, der Tempels Knie in Pudding verwandelte und die Erde erbeben zu lassen schien. Aber Donner hätte eigentlich irgendwann aufhören müssen, während dieser nur immer lauter wurde, und der Boden bebte nun wirklich, und Tempel erkannte, dass es kein Donner war, sondern Hufschlag. Hunderte von Hufen trommelten hart auf den Boden, der Sturm hatte das Vieh wild gemacht, und nun rasten ein paar Dutzend Tonnen Fleisch auf die Stelle zu, an der er hilflos kniete. Beim nächsten Blitz sah er sie, teuflisch verzerrt von der Dunkelheit, wie ein einziges, bebendes Tier mit Hunderten spitzer Hörner, eine wilde Masse, die ihm über die Große Ebene entgegen kam.
    »O Gott«, flüsterte er und war überzeugt, dass ihn die eisige Faust des Todes packte, auch wenn er noch so glitschig war.
    »Los komm, du blöder Wichser!«
    Jemand zog an ihm, und als es erneut blitzte, erkannte er Scheus Gesicht, ohne Hut, das Haar plattgedrückt und die Lippen vor Anstrengung und Entschlossenheit verzogen. Noch nie in seinem Leben war er so gern beleidigt worden. Er stolperte neben ihr dahin, und der Wind riss an ihnen und schleuderte sie hin und her wie Korken in wilder Strömung. Aus dem Regen war ein strömender Guss geworden, ganz ähnlich wie die sagenhafte Flut, mit der Gott den Hochmut des alten Slippot gestraft hatte, und das Donnern der Hufe vermischte sich mit dem Donner des zornigen Himmels zu einem entsetzlichen Lärm.
    Ein greller Doppelblitz erhellte die Rückseite eines Wagens, dessen abgespannte Plane wild zuckte, und darunter war Liefs Gesicht zu sehen, der ihnen mit weit aufgerissenen Augen und einem ausgestreckten Arm ermunternde Worte zubrüllte, die der Wind von seinen Lippen riss und erstickte.
    Und dann schloss sich eine Hand um Tempels Unterarm, und er wurde ins Innere gezogen. Ein weiterer Blitz zeigte ihm Luline Buckhorm und einige ihrer Kinder, die mit zwei von den Huren und einem von Gentilis Vettern zwischen Säcken und Fässern kauerten und so nass waren, als wären sie gerade schwimmen gewesen. Scheu krabbelte neben ihm in den Wagen, Lief packte sie unter den Armen und zog sie hinein, während draußen beinahe schon ein richtiger Fluss um die Räder gurgelte. Zusammen zogen sie die flatternde Plane nach unten.
    Tempel fiel in der tiefen Dunkelheit nach hinten, und jemand sackte gegen ihn. Er konnte den Atem hören. Vielleicht war es Scheu, vielleicht aber auch Lief oder Gentilis Vetter, ihm war es ohnehin gleich.
    »Beim Zahn Gottes«, brummte er, »aber hier draußen gibt’s schon ein heftiges Wetter.«
    Niemand antwortete. Es gab nichts zu sagen, oder sie waren alle zu erschöpft, oder vielleicht konnten sie ihn wegen des Lärms der draußen vorbeistürmenden Viehherde und des Hagels auf der gewachsten Plane über ihren Köpfen auch einfach nicht hören.
    Es war nicht schwer, dem Pfad zu folgen, den die Herde genommen hatte – eine Spur schlammiger, zertrampelter Erde zog sich quer durch das Lager und hinaus ins freie Land, wo sich die Tiere dann allmählich zerstreut hatten. Hier und da lagen tote Kühe glitzernd und schimmernd im hellen Licht des nassen Morgens.
    »Die guten Leute in Knick werden wohl ein wenig länger auf das Wort Gottes warten müssen«, sagte Corlin.
    »Sieht so aus.« Scheu hatte zunächst gedacht, ein Bündel nasser Lumpen vor sich zu haben. Doch dann hatte sie sich hingekniet und an einem Zipfel schwarzen Tuchs

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