Blutköder
verwandelte die am Telefon gesammelten Informationsfetzen in einen Bericht und überreichte ihn Harry. Dieser las ihn sorgfältig, wurde aber auch nicht schlauer daraus als sie.
»Wir bleiben an der Sache Fetterman dran«, meinte er. »Ich rufe in Tampa an und bitte die dortige Polizei, ein paar Nachforschungen für uns anzustellen.«
Er klang nicht sonderlich begeistert, was Anna ihm nicht zum Vorwurf machen konnte. Falls es ihnen gelang, eine Verbindung zwischen Fetterman und Van Slyke herzustellen, was bis jetzt fehlgeschlagen war, konnte das möglicherweise interessant sein, würde sie bei der Aufklärung des Mordes jedoch nicht viel weiterbringen.
»Die Laborberichte sind da«, verkündete Ruick. »Die haben sich beeilt, weil ich angedeutet habe, dass es um Mord geht. Doch ich glaube, worauf Sie auf dem Cathedral Peak gestoßen sind, war ein Hobby-Insektenforscher mit einem nicht angeleinten Hund.« Er schob den Ordner über den Tisch. Anna las, ohne die Papiere zur Hand zu nehmen. Die Erdnuss war, soweit man feststellen konnte, eine Erdnuss. Den Hundekuchen, den sie gefunden hatte, hatte man in seine Bestandteile zerlegt: dreiundzwanzig Prozent Eiweiß, vier Prozent Fett, zehn Prozent Ballaststoffe, sieben Prozent Asche, ein bisschen Kalzium und eine Prise Phosphor. Bei dem Rest handelte es sich um Trockensubstanz und Feuchtigkeit.
»Hundefutter.« Als verantwortungsbewusste Tierhalterin las Anna die Inhaltsangaben auf der Rückseite der Hundefuttertüten, damit Taco sich auch bestimmt ausgewogen ernährte.
Nachdem sie eine Weile dagesessen hatte, steckte Maryanne den Kopf zur Bürotür herein, um Harry daran zu erinnern, dass er in wenigen Minuten eine Besprechung mit einem Vertreter der Feuerwehr von Waterton hatte.
»Nun«, sagte Harry. »Ich möchte Sie nur ungern sinnlos weiter belästigen. Nicht zu vergessen, dass der Glacier Ihr Gehalt übernommen hat, seit ich Sie mir ausgeliehen habe.« Er grinste, um Anna zu zeigen, dass das ein Scherz war. Anna erwiderte höflich das Lächeln und tat, als ob sie ihm glaubte. Da einem die Mittel in Fünf- und Zehn-Cent-Münzen vorgezählt wurden, war das Geld immer knapp. »Sie können entweder packen und nach Hause fahren oder zurück auf den Berg gehen. Joan braucht mit ihren Fallen noch vier Tage. Sicher schaffen Sie es, genug über DNA-Tests aufzuschnappen, um John Brown zu überzeugen, dass wir Ihnen nicht sinnlos die Zeit gestohlen haben.«
»Ich rufe ihn an und frage ihn, was ich tun soll«, erwiderte Anna. Das Gespräch war vorbei. Sie stand auf.
»Ich werde dafür sorgen, dass ein offizieller Dankesbrief in Ihrer Personalakte landet«, antwortete Ruick. Er erhob sich ebenfalls und schüttelte ihr die Hand. Obwohl er sich offen und freundlich verhielt, merkte sie ihm an, dass sie bereits aus seinem Gesichtsfeld verschwand. Vermutlich würde er sich bei ihrer nächsten Begegnung kaum noch an ihren Namen erinnern. Der Polizeichef war in Gedanken schon bei der nächsten Krise, die seinen Park bedrohte. Oder seine Karriere.
»Sie können Ihre Ausrüstung irgendwann heute am Empfang abgeben«, meinte Maryanne, als Anna ging. Eine freundliche Art, sie daran zu erinnern, so schnell wie möglich ihr Funkgerät herauszurücken. Ponce war bereits in seine gemütliche Koppel zurückgekehrt.
»Wird gemacht«, entgegnete Anna ein wenig eingeschnappt. In Gedanken hörte sie das hinterhältige Kichern ihrer zierlichen, vor vielen Jahren verstorbenen Großmutter. » Du hältst dich für so wichtig? Steck den Finger in einen Eimer Wasser, zieh ihn wieder raus und sieh dir an, wie groß das Loch ist, das du hinterlassen hast. «
21
John Brown, Annas Vorgesetzter im Natchez Trace Parkway, reagierte zwar ziemlich verärgert auf die Unterbrechung ihres Lehrgangs, ließ sich aber dadurch besänftigen, dass er ihr über eine Woche lang kein Gehalt hatte bezahlen müssen. Deshalb war er einverstanden, dass sie noch vier Tage blieb, um zumindest den Versuch zu unternehmen, die Ausbildung im Einsatz von DNA -Forschung bei der Hege der Wildtiere im Park abzuschließen.
Die Funkzentrale kündigte Joan Annas Rückkehr an. Anstatt ihr eine Wegbeschreibung querfeldein durch gebirgiges Gelände zu geben, erklärte Joan sich bereit, in Fifty Mountain mit Anna zusammenzutreffen und mit ihr zur nächsten Falle zu gehen. Buck war von dem Projekt abgezogen worden und würde aufbrechen, während Anna unterwegs dorthin war, allerdings auf einer anderen Strecke. Er hatte eine Freundin
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