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Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einer Nussschale wie dieser in die Riemen legte.
Aber sie hatten wohl keine Wahl.
»Dann wäre ja alles klar«, knurrte Abu Dun. »Das heißt, falls
uns der Kapitän an Bord nimmt.« Er sah sich demonstrativ um.
Der Landungssteg war ein gutes Stück von den wenigen aus
groben Baumstämmen zusammengezimmerten Häusern entfernt,
aus denen der kleine Ort bestand, und seit sie das Gasthaus
verlassen hatten, waren sie keiner Menschenseele begegnet.
»Wo finden wir ihn?«
Ansen machte eine unbestimmte Handbewegung und lachte
leise, als verberge sich in Abu Duns Worten ein Scherz, den nur
er gehört hatte. »Er wird bald hier sein«, sagte er, »zusammen
mit dem Rest der Mannschaft. Und keine Angst, schwarzer
Mann. Ich kenne ihn. Er hat ein großes Herz und wird deinen
Freund schon aus Mitleid mitfahren lassen. Und was dich
angeht, so sind die Ruder immer hungrig nach einem Paar
zusätzlicher Arme. Selbst wenn sie nicht besonders kräftig
sind.«
»Wir laufen noch heute aus?«, fragte Andrej überrascht.
»Ja, die Fenrir sticht noch heute in See«, bestätigte Ansen.
»Sobald die Mannschaft ihren Rausch ausgeschlafen hat, was
ungefähr …« Er legte den Kopf in den Nacken und suchte den
Himmel nach einer Sonne ab, die Andrej das letzte Mal vor
Wochen gesehen hatte. Vielleicht, überlegte er, war es ja
tatsächlich tiefste Nacht, nach der für Abu Dun und ihn
undurchschaubaren Zeitrechnung dieses Landes, in dem ein Tag
drei Monate dauerte und eine Nacht ebenso lange. »… jetzt im
Moment der Fall sein müsste«, fuhr Ansen fort und machte ein
gewichtiges Gesicht, als hätte er die Zeit tatsächlich an dem
leeren Himmel abgelesen.
Abu Dun wollte gerade antworten, da erklang Lärm hinter
ihnen, und als Andrej sich herumdrehte, sah er tatsächlich ein
gutes Dutzend langhaariger, in zottige Fellmäntel und
schmuddelige Umhänge gekleidete Gestalten, das aus dem Dorf
auf sie zukam. Viele von ihnen trugen Bündel oder Säcke über
den Schultern, und als sie näher kamen, fiel ihm auf, dass die
meisten bis an die Zähne bewaffnet waren. Sie trugen Schwerter
und Äxte, manche auch Speere, und nicht wenige hatten große,
runde Schilde auf den Rücken. Auf den Köpfen einiger sah er
wuchtige Helme, aus denen gebogene Hörner ragten. Andrej
runzelte überrascht die Stirn. Als die Gruppe nicht mehr weit
von ihnen entfernt war, erkannte er die Männer, und aus seiner
Überraschung wurde Erschrecken und Ärger. Es waren
dieselben, auf die sie vorhin im Gasthaus gestoßen waren.
Auch Abo Dun hatte sich umgewandt und starrte dem müde
heranschlurfenden Haufen aus misstrauisch zusammengekniffenen
Augen entgegen. »Wozu die Waffen?«, murmelte er. Die Frage
war wohl an niemanden gerichtet, doch Ansen beantwortete sie
trotzdem, und dies mit einem breiten, aber auch lauernden Grinsen.
»Das Meer ist voller Gefahren, schwarzer Mann«, sagte er.
»Schon so mancher, der ohne Waffe hinausgefahren ist, ist ohne
sein Hab und Gut zurückgekehrt. Manche kamen auch gar nicht
zurück.«
Abu Dun sagte nichts, und auch Andrej versuchte mit wenig
Erfolg, das ungute Gefühl niederzukämpfen, das der Anblick der
bewaffneten Truppe in ihm auslöste. Schließlich wandte er sich
wieder an den Nordmann. »Du hast dich über uns lustig
gemacht«, sagte er geradeheraus.
»Würde ich so etwas tun?« Ansen klang beleidigt, doch seine
Augen funkelten weiterhin spöttisch. »Du bist undankbar,
kleiner Mann. Immerhin hast du mich um einen Gefallen
gebeten und nicht ich dich. Aber dein Freund und du, ihr könnt
gerne hierbleiben. Vielleicht findet ihr ein anderes Schiff, das
euch mitnimmt. Die Alten erzählen, dass es weiter oben im
Norden noch einen Hafen gibt. Ich weiß nicht, ob es stimmt.
Keiner von uns ist jemals so weit gereist.«
»Schon gut«, sagte Andrej. »Ich war nur … überrascht.« Mit
einem Nicken wies er auf die sich nähernden Krieger. »Und wer
von ihnen ist nun der Kapitän?«
Ansen grinste nur noch breiter, dann machte er eine
übertrieben einladende Geste in Richtung des Drachenbootes.
»Wenn ich die Herren bitten dürfte, an Bord zu kommen?«,
sagte er spöttisch. »Die See wartet. Oh ja – und eine Menge
Arbeit.«
    Drei Tage später wusste Andrej, warum ihm beim Anblick der Fenrir nicht wohl gewesen war. Seine Vorahnung hatte ihn
nicht getrogen. Sein Rücken schmerzte, seine Hände und sein
Hinterteil waren wund gescheuert und blutig, und jeder einzelne
Muskel in seinem Körper (darunter

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