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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Monster sein, um eines zu erkennen«, meinte sie und zog an ihrer Pfeife.
    »Du hast selbst einmal einen Handel mit ihr geschlossen«, sagte ich. »Ich will nur wissen, welche Möglichkeiten ich habe.«
    »Es geht so«, erklärte sie. »Für eine kleine Gegenleistung gebe ich dir diese Flasche. Wenn du bereit bist, nach Hause zu gehen, nimmst du den Trank in den Mund, küsst deinen auserwählten Begleiter, und ihr beide schluckt gemeinsam den Trank, während ihr euch an beiden Händen haltet. Dann sagst du ganz genau, wohin du gehen willst, und schon bist du da.«
    »Und was ist die kleine Gegenleistung?«
    »Nur dies: Nenne mir mein Schicksal.«
    »Du kannst mir einen Trank geben, der mich in eine andere Welt bringt, aber du kannst deine eigene Zukunft nicht lesen?«, fragte ich.
    »Eines Tages wirst du lernen, dass Macht nicht so funktioniert«, antwortete sie mit einem weiteren tiefen Glucksen. »Jedes Mal, wenn ich mir die Karten lege, ziehe ich die Hexe. Immer, wenn ich in meine eigene Teetasse sehe, sehe ich einen Sturm. Und meine Handflächen sind so glatt wie Glas.«
    »Fein«, sagte ich ruhig. »Ich sehe in deine Zukunft.«
    Criminy mischte sich ein, beinahe flehentlich. »Letitia, Liebes, da muss ein Haken dabei sein. Ein Trick. Sie wird dir nicht etwas für nichts geben.«
    »Sehen ist nicht nichts«, sagte ich, und in mir sträubte sich alles. »Es ist eine wertvolle Gabe. Das hast du selbst gesagt.«
    »Eine sehr wertvolle«, stimmte er zu. »Aber da ist noch etwas, das sie will, sonst wäre es nicht so einfach.«
    Wir maßen uns mit Blicken, und jeder wollte den anderen zum Nachgeben zwingen. Ich weigerte mich, den Blick zu senken. Was Madam Burial wollte, erschien mir eine einfache Bitte. Er wollte doch nur nicht, dass ich diesen Trank bekam. Und es war noch nicht mal so, dass ich ihn so unbedingt wollte, nicht wirklich. Ich wollte einfach nur mein eigenes Schlupfloch, meinen Notausgang für den Fall, dass das Medaillon zerstört oder für immer dahin war. Ich wollte eine Wahl.
    Ich zog meinen Handschuh ab, und Madam Burial lächelte wie ein Geier, der sich auf einem Kadaver niederlässt.
    »Fass sie nicht an!«, rief Criminy scharf. »Tu das nicht, Liebes. Sie hat mich einmal hereingelegt, und sie wird dich nicht so leicht davonkommen lassen. Das garantiere ich dir.«
    »Sag ihr nicht, was sie zu tun hat, Master Stain«, sagte sie. »Dein süßes kleines Kätzchen mag das nicht.«
    Ich war gefangen zwischen ihnen beiden, und ich war wütend. Und ich hatte nicht vor, einen Rückzieher zu machen.
    Madam Burial zog ihren schwarzen Seidenhandschuh aus, und ihre schuppige Hand schwebte wartend in der Luft. Ich ergriff sie – und schnappte nach Luft. Der Stromschock war explosiv und fremdartig, ein schwarzer Strudel, der mich in die Tiefe zog. Ich ließ ihre Hand fallen, als sei sie aus Feuer und taumelte rückwärts.
    Criminy war augenblicklich bei mir, hielt mich in seinen Armen und fragte: »Geht es dir gut, Liebes?«
    »Und, was hast du gesehen?«, fragte Madam Burial in neckendem Plauderton.
    »Wie viel hast du genommen?«, fragte ich sie, und meine Stimme war gefährlich leise und dunkel. Ich hatte eine plötzliche Vision davon, wie es wohl wäre, ihr mit meinen stumpfen kleinen Pinkiezähnen die Kehle herauszureißen.
    »Nur fünf Jahre«, sagte sie. »Ein Almosen. Ich bin überrascht, dass du es überhaupt bemerkt hast. So früh schon.«
    »Was soll das heißen?«
    Sie kicherte; ein hoher, irrer Laut, der mir die Härchen am Arm aufstellte.
    »Kannst du es nicht fühlen, kleines Kätzchen? Scheint die Zeit hier nicht viel zu schnell für dich zu verrinnen? Hast du nicht bemerkt, wie die Krähenfüße über dein Gesicht wandern? Dieses Medaillon stiehlt dir die Jahre so sicher wie meine Hände. Du wirst in seinen Armen dahinwelken, wenn du nicht bald deine Wahl triffst. Oder das Medaillon zerstörst.«
    »Ist das wahr, Criminy?«, fragte ich, während meine bloße Hand automatisch an mein Gesicht fuhr, an die winzigen Furchen, die, wie ich sicher wusste, gestern noch nicht da gewesen waren, die vielleicht vor fünf Minuten noch nicht da gewesen waren. »Bin ich wirklich älter?«
    »Es gibt immer einen Preis, mein Liebes«, sagte er. »Aber für mich bist du schön, egal, was passiert.«
    Also konnte ich doch nicht beide Welten, beide Leben haben. Ich hatte alles in dieser zum Verzweifeln düsteren und schwindelerregenden Vision gesehen. Das Medaillon stahl mir mein Leben, meine Zeit, es entzog mir

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