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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Gleichgewicht, so nannten sie sich. Denn, natürlich, Blut schmeckt nach Kupfer, und es ist Geld wert, das wiederum aus Kupfer gemacht ist. Ach, wie clever. Und dieser Orden breitete sich aus, von Stadt zu Stadt, bis die Copper die komplette Macht übernommen haben. Jetzt machen sie die Regeln. Sie bestrafen die, welche die Regeln brechen. Und sie sorgen dafür, dass Bluttrinker, seien es nun Tiere oder Bludleute, niemals die Kontrolle erlangen können. Worüber auch immer.«
    »Also, die Bludleute in der Stadt – sind sie dann wie normale Leute?«
    Er schnaubte. »Was ist schon normal, Liebes? Sie führen Geschäfte und akzeptieren Ampullen mit Blut als Zahlungsmittel, so wie wir auch. Aber sie sind gezähmt, eingeschüchtert, pervertiert, so sehe ich das. Die Pinkies lieben es, denn immerhin ist Blut ein nachwachsender Rohstoff. Aber jeder Bludmensch, der dabei erwischt wird, dass er direkt von einem Pinkie trinkt, wird unverzüglich vernichtet.«
    Ich konnte die Empörung in seinem Ton hören. Er beugte sich vor und schrieb ein paar seltsame Zeichen in den Staub zwischen den Mäusen, und als er mit den Fingern schnippte erschien daraus eine Motte, die um meinen Kopf herumflatterte.
    »Domestiziert, so exotisch und harmlos wie Papageien«, murmelte er.
    »Was ist mit dir?«
    »Was ist mit mir?«
    »Du bist nicht zahm?«
    »Niemals«, erwiderte er leidenschaftlich. »Ich bin ein Fahrender. Ein Schurke. Wild und gefährlich. Mein Wanderzirkus hat eine spezielle Bescheinigung, die es uns gestattet, durchs Land zu reisen, wie wir wollen und außerhalb von Städten und Dörfern haltzumachen. Ich mache meine eigenen Regeln, abgesehen von einer: Keiner meiner Leute darf sich an Pinkies nähren. Unsere Kunden können ihre Tickets mit Geld oder Blutphiolen bezahlen. Im Gegenzug dafür können sie bei uns Monster und Freaks aus nächster Nähe erleben und den Nervenkitzel der Gefahr genießen, der ihnen in ihrem goldenen Käfig zu Hause fehlt. Wir geben ihnen das Gefühl der Aufregung, und sie geben uns die Nahrung, die wir brauchen.«
    Er ließ ein kurzes Lachen hören, tief und bitter. »Manchmal glaube ich, wir sind alle nur Parasiten auf beiden Seiten, die sich voneinander nähren, in einem endlosen Teufelskreis. Vielleicht gibt es in dieser Welt ein bisschen zu viel Magie. Aber Darbietungen wie die unsere sind eines der letzten Andenken an ein Leben frei von Kontrolle.«
    Schon komisch. Das Leben, das er mir anbot und gegen das ich mich so sehr wehrte, gründete auf Freiheit. Wir wollten beide dasselbe – und doch schien er nicht zu verstehen, dass die Liebe an sich ein Käfig war, und dass ich nicht bereit war, diese goldene Käfigtür hinter mir zuschnappen zu hören. Zaghaft streckte ich die Hand aus, sodass ich kaum merklich seinen Arm streifte. Er schenkte mir ein Lächeln und neigte sich, um meinen Handschuh zu küssen.
    »Lass dich von mir nicht stören, Liebes, wenn ich mal wieder philosophiere. Ich hatte noch nie zuvor jemanden, mit dem ich reden konnte. Ich bin so froh, dass du hier bist.«
    Ich lächelte auch. Es war ein zärtlicher Moment, ein kurzer Blick hinter seine Maske. Und ein flüchtiger Eindruck davon, wie mein Leben außerhalb seines Wanderzirkus aussehen würde. Ich musste zugeben, anders als in meiner Welt und meiner Zeit, konnte eine Frau hier in Sang nicht gleichzeitig unabhängig als auch sicher sein, ob sie nun Blut in ihren Adern hatte oder danach hungerte. Und genau da machte sich mein eingeschnürter Magen mit lautem Knurren bemerkbar und brachte ihn zum Lachen.
    »Aber genug des Philosophierens«, meinte er. »Zeit, dir etwas zu essen zu geben.«
***
    Es war Mittag, und der Speisewagen war voll von hungrigen Schaustellern. Kleine Tische säumten beide Seiten des langen Wagens. An einem Ende befand sich eine kleine Anrichte mit Eintopf, Brot und Äpfeln. Am anderen Ende stand ein Tisch, der mit einem malvenfarbenen Tischtuch bedeckt war. Darauf stand ein schwarzer Kessel, aus dem geheimnisvoller Rauch aufstieg, und ich sah zu, wie Criminy hineingriff, um ein kleines Glasröhrchen mit roter Flüssigkeit herauszunehmen.
    Blut.
    »Ist das alles, was du isst?«, fragte ich.
    »Hauptsächlich«, antwortete er geheimnisvoll. »Zwei Phiolen am Tag, wenn möglich, aber ich kann auch ganz gut von einer leben, solange es menschliches Blut ist. Bei Tieren braucht es viel mehr, um satt zu werden. Ohne Blut könnte ich, wenn nötig, ein paar Wochen aushalten, aber ich wäre schwach und reizbar und

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