Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson

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Nicht dass es eine Rolle spielen würde. Jedes Wesen frisst andere Lebewesen. Bludhäschen fressen sich meistens gegenseitig auf, wenn sie nicht gerade rammeln, um noch mehr Bludhäschen zu produzieren, was sie hauptsächlich tun. Blut ist gut für die Konstitution, Mäuschen.«
    Ich hätte mehr Ekel empfinden müssen, aber das tat ich nicht. Vielleicht lag es daran, dass ich hungrig war, aber der Eintopf war wunderbar, er war wohlriechend und sämig. Hätte ich nicht ein sehr beengendes Korsett getragen, ich hätte mir Nachschlag geholt. So aber aß ich zum Abschluss einen harten, säuerlich schmeckenden Apfel, während er die letzten Tropfen Blut aus seinem Glas trank, und wir beide lächelten.
    »Der Wein ist auch gut«, lobte ich. »Süß, wie Beeren.«
    »Es ist eine spezielle Lese«, erklärte er. »Ein Geheimrezept der Fahrenden.«
    Er zog die Vorhänge wieder auf, und ich bemerkte, dass er kurz davor wieder diese Bewegung machte, wie ein nasser Hund, der sich trocken schüttelt, und seine ganze Persönlichkeit veränderte sich – von dem aufgeschlossenen, neugierigen und liebevollen, wenn auch düsteren Mann, den ich privat gesehen hatte, zu dem gerissenen, kompromisslosen, befehlsgewohnten Fahrenden, als der er in der Öffentlichkeit auftrat.
    »So«, verkündete er mit einem wölfischen Grinsen. »Showtime.«
***
    Als er so vor den versammelten Schaustellern draußen auf dem Gras stand, war ich ganz fasziniert davon, wie anders seine Erscheinung nun war. Er war nicht wirklich ein großer Mann, aber nun erschien er überlebensgroß, ein geborener Schausteller. Er lief kurz hin und her, geschmeidig wie eine Dschungelkatze, schaute prüfend in die Menge, blieb dann uns allen gegenüber stehen und warf etwas Unsichtbares auf den Boden.
    Purpurroter Rauch hüllte ihn ein, und unter den Zuschauern um mich herum raschelte es, vorne und in der Mitte. Aber niemand schnappte nach Luft. Sie waren alle Schausteller; die waren nicht so leicht zu beeindrucken.
    Als der Rauch sich wieder verzogen hatte, stand er auf einem bunten Podest, gekleidet in einen paillettenbesetzten Mantel mit hohem Kragen und enge schwarze Hosen – der perfekte Zirkusdirektor. Er nahm seinen Zylinder ab, und Pemberly, das mechanische Äffchen, kam auf seinem Kopf zum Vorschein. Sie nahm ihren Fez ab, und darunter brach ein Feuerwerk aus, das Luftschlangen und Glitter auf uns herabregnen ließ.
    Die Leute um mich herum streiften sich mit einem Murren die kleinen Papierschnipsel von den Schultern, aber als das Papier zu Boden fiel, verwandelte sich jedes Stück in einen Schmetterling. Der bunte Schwarm erhob sich um uns, flatterte in den Nachmittagshimmel und formte dort die Worte: »Willkommen Lady Letitia, Wahrsagerin.«
    Die Menge lachte und applaudierte, und die Leute um mich herum klopften mir mit behandschuhten Händen auf die Schulter. Mrs Cleavers gab mir einen kleinen Schubs in Richtung Criminy, der mir die Hand reichte, um mir auf das Podest zu helfen. Ich lächelte nervös.
    »Freunde«, verkündete er mit lauter Stimme. »Darf ich vorstellen: Lady Letitia, unvergleichliche Sehende und Reisende zwischen den Welten.«
    Wörtlich genommen war das wohl die Wahrheit.
    Ich ließ den Blick über die Menge schweifen und versuchte, all die Fremdartigkeit zu begreifen. Alle, die ich bisher kennengelernt hatte, waren hier und lächelten mir grüßend zu. Insgesamt waren hier an die dreißig Leute, also gab es noch viele, die ich erst noch kennenlernen musste. Komischerweise hatte ich kein bisschen Lampenfieber. Es erschien einfach so natürlich, vor ihnen zu stehen, und ich warf mich in Pose und setzte mein strahlendstes Lächeln auf.
    Und dann wurde es schwarz um mich.

8.
    M eine Augenlider flatterten und wollten sich einfach nicht öffnen. So schwer, aufzuwachen. Geht nicht .
    Die Welt um mich war schwarz. Ein grässlicher, schwefelartiger Geruch ließ meine Augen tränen, und dann tauchte verschwommen Criminys besorgtes Gesicht vor blauem Himmel auf.
    »Letitia, Liebes, wo bist du?«
    Und wieder senkte sich Dunkelheit über mich. Ich hörte eine nervige Melodie, als spielten verrückt gewordene Marionetten Kazoo. Ich hatte Criminy gar nicht gefragt – gab es eigentlich Feen oder Gnome oder sonstwelche magischen Wesen, die sich in Sang herumtrieben? Und falls ja, spielten irgendwelche davon Kazoo?
    Ich zitterte am ganzen Körper, meine Zähne klapperten. Ich musste diese Gnome mit den Kazoos finden und plattmachen.
    Irgendwas bohrte sich in