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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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ein.
    »Ja, meine süße Tangerine. Sehr anziehend. Aber jetzt es ist Zeit, den Schutzschild fallenzulassen«, meinte er. »Heute Abend haben wir eine Vorstellung, und wir müssen dich auf deinen Auftritt vorbereiten. Du musst einstudieren, was du sagen kannst und deine Gabe an den Schaustellern trainieren. Und ich habe die Hoffnung, dass du dabei die Person erkennst, die versucht hat, Mrs Cleavers zu vergiften. Sei darauf vorbereitet. Lerne, deine Miene undurchschaubar zu halten und nur soviel zu offenbaren wie nötig. Gewöhne dich daran, zu lügen, und das schnell. Denkst du, du schaffst das?«
    »Das ist eine Menge zu lernen an einem Tag«, meinte ich. »Ich bin nicht wie du. Ich bin nicht der geborene Künstler.«
    »Ich wette, das bist du doch, Mäuschen«, gab er zurück. »Ich kann sehen, wie es in dir steckt und nur darauf wartet, zum Vorschein zu kommen.«
    »Ich werde mein Bestes tun«, sagte ich. Plötzlich fühlte ich mich sehr klein und mutlos. Nicht, dass ich wegen der Visionen so besorgt gewesen wäre, denn es sah nicht so aus, als könnte ich die aufhalten, selbst wenn ich es versuchte. Ich wollte ihn einfach nicht enttäuschen.
    »Du wirst großartig sein«, sagte er. »Und ich werde bei dir sein, um dir zu helfen.«
    Ich seufzte.
    »Genau das macht mir Angst.«

12.
    M ein erstes Opfer war Torno, der Starke.
    »Mein Schicksal, noch nie wurde es vorausgesagt«, sagte er mit einem irgendwie holprigen Akzent. »Ich hoffe, meine Zukunft, die du siehst, ist gut.« Ein kleiner Uhrwerkhund saß zu seinen Füßen auf den Hinterbeinen, reglos wie eine Statue, abgesehen von einem eigentümlichen roboterartigen Hecheln.
    Ich lächelte. Keine Ahnung, was ich sagen sollte.
    Ich saß in einem farbenprächtigen kleinen Zelt außerhalb meines Wagens, vor mir eine Kristallkugel. Kühne, geschwungene Buchstaben in strahlender Goldfarbe erklärten mich zu einer wahrsagenden Fahrenden; es war also eindeutig zu spät, um noch zu kneifen. Ich trug diesen höchst ärgerlichen malvenfarbenen Turban, ein schwarzes Netztuch um die Schultern und eine münzenbesetzte Schärpe um die Hüften.
    Ich fühlte mich wie ein einziger Schwindel auf zwei Beinen.
    Criminy stand hinter mir im Halbdunkel. Er sollte mir soufflieren, wenn ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Aber im Moment wartete er still, wohl um mir die Chance zu geben, es zuerst selbst zu versuchen. Bevor wir uns gesetzt hatten, hatte er gemeint: »Dein Akzent ist sehr fremdländisch und aufregend, das wird also helfen. Aber du musst lernen, dick aufzutragen, die Dinge wichtiger wirken zu lassen als sie sind. Die meisten haben noch nie eine echte Sehende getroffen, und sie erwarten Magie.«
    Das half mir nun gerade gar nicht. Ich saß immer noch da und lächelte Torno einfach an, und er lächelte zurück. Sein Uhrwerkhund jaulte, und ich zuckte zusammen. Mein Kopf war komplett leer.
    »Ich sehe, du bist sehr stark« , flüsterte mir Criminy ins Ohr. »Und du bist ein Kämpfer. Du warst im Krieg?«
    Natürlich war er stark, und er hatte auch Narben im Gesicht, darunter einen großen Schnitt unter dem linken Auge. Aber ich wiederholte Criminys Worte und versuchte dabei, Autorität und einen unheimlichen Touch in meine Stimme zu legen.
    »Ja«, antwortete Torno. »Doch diese Dinge, sie sind bekannt. Was kannst du mir noch sagen? Über die Zukunft?«
    Wieder Schweigen.
    »Berühre ihn«, flüsterte Criminy.
    »Wenn du so freundlich sein willst, den Handschuh der rechten Hand abzulegen«, sagte ich, zog meinen eigenen Handschuh aus und streckte ihm meine bloße Hand hin.
    Torno war überrascht und starrte auf meine Hand, als wäre sie etwas Faszinierendes und gleichzeitig Furchteinflößendes. Dann wurde er rot. Aber er zog seinen Handschuh ab und streckte die Hand aus.
    Ich ergriff sie. Der Stromschlag war nicht so schlimm, weil ich darauf gefasst war. Torno allerdings schien ihn gar nicht zu spüren; er saß einfach nur da und starrte mich an, sein Gesicht rot wie eine Tomate. Ich vermutete, hier in Sang war es vielleicht schon Jahre her, seit er die Haut eines anderen Menschen berührt hatte.
    Dann kam die Vision, und die Worte kamen ohne mein Zutun über meine Lippen, mit tiefer, rauchiger Stimme.
    »Die Burschen werden dich verraten«, sagte ich. »Nicht für Blut, sondern für Geld. Sie kennen das Versteck. Wenn du mit Fäusten anfängst, wird es mit Zähnen enden. Nur der Master kann sie hindern.«
    Seine mächtigen Schultern wölbten sich unter dem abgeschrammten

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