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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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und voller Größe. Du wirst einen Herzenswunsch erfüllt finden und einen anderen verlieren. Verlust wird deine Rettung sein. Das Glück liegt jenseits des Regenbogens.«
    »Interessant«, sagte er.
    »Ein mystisches, unergründliches Wunder«, antwortete ich sanft.
    »Alle Wahrheiten harren in allen Dingen, und du magst Whitman. Erzähl mir mehr«, bat er und neigte sich näher zu mir. Seine blauen Augen leuchteten. Er legte die andere Hand auf unsere bereits verschränkten Hände, nackte Haut um meine Finger geschlossen, und es fühlte sich so sehr wie eine intime Umarmung an, dass ich errötete und den Blick senkte.
    »Bezahle sie und verschwinde«, knurrte Criminy. »Deine Zukunft wurde vorhergesagt, Junge.«
    Casper lachte leise, und seine Finger streichelten fast unmerklich über meine, als er mich losließ. »So ist es, Master Stain«, sagte er, als er aufstand und eine Münze auf den Tisch fallen ließ. »Aber die Dinge können sich jederzeit ändern.«
    »Visionen nicht, Bursche«, ließ sich Criminy aus dem Dunkel vernehmen.
    »Ich hoffe, wir können bald mehr miteinander reden. Wenn wir allein sind«, sagte Casper mit einem bedeutsamen Blick und einem entwaffnenden Lächeln, bevor er das Zelt verließ.
    Ich schaute ihm nach, wie er ging; seine Haltung verriet Stolz, und sein Haar wehte leicht im Wind. Ich würde sein Geheimnis wahren, und er würde das meine nie erfahren. Ich nahm seine Münze, ein einfacher Kupferling, und rieb sie zwischen meinen bloßen Fingern, bevor ich sie in meine Bluse steckte. Es war dieselbe Münze, die ich über seine Fingerknöchel hatte tanzen sehen. Diese eine wollte ich für mich behalten.
    Dann erschien die bärtige Dame und blockierte mir die Sicht. Ich setzte wieder mein Lächeln auf und nahm ihre Hand. Irgendwo in der Ferne hörte ich jemanden »Somewhere over the Rainbow« sanft auf dem Cembalo spielen.
***
    Eine Stunde später hatte ich fast alle durch. Ich hatte Geheimnisse gesehen, Hoffnungen, Träume, Krisen, Tragödien und ein paar seltsame Komödien. Anscheinend wollten die meisten Leute dasselbe – Liebe, Sex, Macht, Reichtümer, Schönheit. Ich vermutete mal, es war in jeder Welt dasselbe Spiel.
    Die Nächste in der Reihe war Veruca, die Abyssinierin. Die meisten Leute hatten sich mir entweder mit Furcht oder Verachtung genähert, aber sie wirkte völlig undurchschaubar auf mich. Ich konnte sie nicht einschätzen. Daher hoffte ich auf eine echte Vision, denn andernfalls hätte ich nichts weiter zu sagen gewusst als dass sie furchtlos und einzigartig sei, und ich mochte wetten, das wusste sie bereits.
    Sie trug keine Handschuhe, und es fiel mir schwer, die dunkle, eingeölte Haut ihres unbedeckten Körpers nicht einfach anzustarren. Sie streckte mir ohne ein Wort die Hand hin, und ich nahm sie.
    Da .
    Das war ja eigenartig .
    »Du hast alles, was du dir wünschst«, sagte ich leise. »Und doch wirst du noch mehr haben. Du wirst immer finden, was du suchst, und du wirst eine große Tat vollbringen. Aber dein Ende wird ein grausiges sein.«
    »Sag mir etwas, das ich noch nicht weiß«, verlangte sie. Ihre Stimme war hoch und kehlig, und sie hatte eine gepiercte Zunge.
    »Da ist ein großer, dunkler Fremder«, sagte ich. »Und etwas mit einer Biene.«
    Sie lachte glucksend.
    »Das ist geheimnisvoll«, sagte sie. Dann blickte sie über meine Schulter und sagte: »Ich mag sie.«
    Sie warf eine Münze auf den Tisch und ging.
    Während ich noch so über die merkwürdige und farbenprächtige Zukunft, die ich für Veruca gesehen hatte, nachgrübelte, fühlte ich, wie sich Criminy hinter mir anspannte. Ein kleiner Mann mit steifer Haltung stand zögernd vor meinem Zelt. Sein Gesicht war zu einer Grimasse des Abscheus verzogen, und auf seinem Kopf saß ein grüner Samthut, der den Hals hinab in abgetragenes Leder überging und unter dem Kinn mit glänzenden Messingschnallen geschlossen war. Das Ganze saß zu eng, und sein Kinn wölbte sich in dicken Falten unter dem Leder.
    Jeder Pinkie, den ich bisher gesehen hatte, hielt seine Haut bedeckt, doch dieser Mann hier trieb es ins Extrem, mit Riemen, Schnallen und Laschen kreuz und quer über dem Körper. Ich stellte mir vor, wenn man ihn aufschneiden würde, hätte er konzentrische Jahresringe aus altem Leder, wie ein Baum.
    »Ich verstehe nicht, warum diese gottlose Torheit notwendig ist«, fing der Mann an.
    »Weil ich es sage«, antwortete Criminy düster. »Runter mit dem Handschuh.«
    »Nichts für ungut, Lady«, sagte

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