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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Feuer und Schatten. Die sehen wie Hölle für mich aus, Miss, nix für ungut. Wie die Augen vom Teufel.«
    »Ich finde sie irgendwie schön«, gestand ich scheu.
    Sie sah mich zweifelnd an und sagte: »Na ja, aber du musst schon zugeb’n, dass es schwer is’, denen beim Bluttrinken zuzuschauen. Schon mal geseh’n, wie das ihre Zähne färbt und ihre Lippen rot macht?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Sie hielt gerade einen kleinen Tiegel mit leuchtend rotem Rouge und einen kleinen Pinsel in der Hand, und offenbar war ihr die Ironie nicht mal bewusst.
    »Nahrung ist Nahrung«, sagte ich. »Es ist ja nicht so, dass sie jemanden töten.«
    Sie schauderte. »Aber die sin’ nich’ weit davon weg, die ganze Zeit. Wie ’ne Bludratte, die an ’nem Kadaver nagt und dich anschaut, und du weißt genau, wasse will.«
    »Dieser Bursche, der dich so gern hat. Wie ist sein Name?«
    »Charlie Dregs«, antwortete sie mit einem übertriebenen Seufzen. »Und er is’ gar nich’ mal so übel, für ’nen Bludmann. Das beste Kasperltheater, das ich je geseh’n hab’, so wie der mit seine Puppen und Uhrwerke arbeitet. Aber trotzdem. Wie soll’n das je geh’n? Meine Eltern würd’n mich umbringen. Mein Opa würd’ ihn mit ’ner Fackel jagen. Die Kinders wär’n Halbbluds, und die mag keiner . Also wieso extra Schwierigkeiten such’n?«
    »Was ist mit Casper?«, fragte ich vorsichtig.
    »Der Musikmann?« Sie zuckte mit den Schultern. »Sieht recht gut aus, wenn er nich’ grad ’n Fremdling wär’, nix für ungut.«
    Ich wusste nicht, wie ich weiter fragen sollte, ohne dabei übermäßig neugierig zu erscheinen, und ich ahnte, dass alles, was ich sagte, schon bald allgemeines Gesprächsthema im ganzen Wanderzirkus sein würde. Sie verfiel in – sehr willkommenes – Schweigen, während sie meine Augen fertig schminkte. Ihre Vorurteile verwirrten mich. Ich vermutete, wenn man dazu erzogen wurde, Bludmänner zu fürchten und zu hassen, konnte man das Gefühl wohl nicht einfach so ablegen. Aber ich fühlte nun einmal keinen derartigen Ekel Criminy gegenüber, und das machte mich in Sang schätzungsweise zu etwas Eigenartigem.
    »So, jetzt Miss, du siehst reizend aus, das sag’ ich dir.«
    Ich betrachtete mein Bild im Spiegel: Ich sah in etwa so wie gestern aus. Offenbar waren dicke schwarze Ringe um die Augen gerade der letzte Schrei in Sang. Sie hatte etwas über meine Lippen hinaus gemalt, um einen dicken Amorbogen daraus zu machen, und der Faszinierer thronte oben auf meinem Kopf. Ich kam mir albern vor.
    »Ist das die Art, wie man hier üblicherweise Make-up und Haar trägt?«, fragte ich so sachte wie möglich.
    »Oh Mann, ja. Hab’ ich ganz vergessen, der Master hat ja gesagt, du bist von weiter weg«, sagte sie. »Die jungen Damen hab’n ihren Haarknoten jetzt alle vorne – Mrs Cleavers is’ da der Stadtmode was hinterher. Und die Lippen müss’n so angemalt werden, wenn du willst, dass irgend’n Typ zweimal hinschaut.«
    Ich sah ihr Gesicht neben mir im Spiegel, und ihre Lippen waren auf dieselbe Art geschminkt. Sie hatte einen kleinen kastanienbraunen Hut auf, mit Pfauenfedern rundum in ihre Locken eingearbeitet, und sie lächelte mich an und entblößte dabei gelbe Zähne.
    »Siehste? Der Master wird sich freu’n«, sagte sie. »Und wennste bei Gelegenheit mal ’n Wort über mein’ Wagen verlieren könntest, dann wär’ ich dir ja soo dankbar.«
    »Was ist denn verkehrt an deinem Wagen?«, fragte ich.
    »Nix«, schniefte sie. »Bloß dass ich ihn nich’ gerne mit dieser Abyssinierin teil. Sie is’ ja ’n nettes Mädel, aber da sin’ immer so viele Schlangen, und immer riecht’s nach Rauch. Ich hab’ gehofft …« Sie vollendete den Satz nicht und ließ den Blick unbestimmt durch den Wagen schweifen, dann warf sie mir einen Blick zu und setzte wieder dieses strahlende, ganz offensichtlich unechte Lächeln auf. »Aber das is’ schon alles gut und schön. Wahrsagerinnen kommen vor Seiltänzer, und so isses nun mal. Geh’n wir dann jetzt frühstücken?«
    Arm in Arm mit Emerlie zu gehen, war mir unangenehm. Sie redete die ganze Zeit, und was ihr über die Lippen kam, waren fast ausschließlich Beschwerden, vorgetragen mit fröhlicher Stimme. Über jeden, an dem wir vorbeikamen, hatte sie etwas zu wispern, gerade laut genug, um deutlich zu machen, dass sie gerade tratschte. Ich war verlegen und hoffte, dass die Tatsache, mit ihr gesehen zu werden, niemanden gegen mich aufbrachte.
    Die meiste Zeit

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