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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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mit unpersönlicher und willkürlicher Gewalt attackierte. Donner grollte, und der Leuchtturm zitterte und bebte unter uns.
    Genau im Zentrum des Daches war ein kleiner zylindrischer Raum, etwa fünf Schritte entfernt. Auf seiner Spitze befand sich ein Metallring, der mich an einen riesigen Zigarettenanzünder erinnerte. Da musste sie sein. In dem Metallschrank unter der Flamme. Es war der einzige Ort, den wir bisher gesehen hatten, an dem sich Knochen befinden konnten, und es war ein unheimlicher Ort für die ewige Ruhe eines jungen Mädchens.
    Ich schlich zur Tür. Ohne etwas, woran ich mich festhalten konnte, fühlte ich mich blind und winzig, und der Wind spielte Katz und Maus mit mir. Ich probierte die Türklinke: Der Schrank war unverschlossen. Ich warf einen kurzen Blick hinter mich, um sicherzugehen, dass Criminy in der Nähe war. Er runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Als ich die Tür öffnete, um in den kleinen Raum zu schauen, lag seine Hand auf meiner Schulter.
    Der Raum hatte genietete Metallwände und maß etwa zwei Quadratmeter. Die warme Luft, die uns wie ein Atemstoß traf, trug den schalen Geruch von Tod mit sich. Das abendliche Licht aus dem offenen Gang zeigte eine grausige Szene.
    Rostige Blutflecken waren da, wo einst Finger hilflos an den Wänden gekratzt hatten. In der Ecke kauerte eine Gestalt, größtenteils konserviert durch die trockene, salzige Luft, die hier drin eingeschlossen war. Eine Mumie. Ihr kurzes, schwarzes Haar war noch intakt, und der Totenschädel war von schwarzer Haut überzogen. Ihr Kleid war inzwischen so dünn, dass es fast transparent war; es war weiß mit einem hohen Schnürkragen.
    »Das arme Mädchen«, flüsterte ich.
    Bevor Criminy antworten konnte, schlug die Tür hinter uns zu.
    Und wir waren in der Dunkelheit gefangen mit einem Geist.

22.
    D iese kleine Schlampe!«, rief Criminy.
    Ich fand seine Hand im Dunkel. »Sie ist hier, weißt du«, wisperte ich.
    Als Antwort hallte das unheimliche Lachen eines Mädchens von den Metallwänden wider. »Drei Geister in einem Leuchtturm«, flüsterte sie, und ihre Stimme war nicht mehr so ruhig und flehend, wie ich sie unter Wasser gehört hatte. Hier oben war sie von Wahnsinn erfüllt.
    Sie kicherte, und Criminy knurrte: »Ich will verdammt sein, wenn ich die Ewigkeit mit einer kleinen Dirne wie dir verbringe.« Er hämmerte gegen die Tür, doch die gab nicht nach. Sie war luftdicht. Natürlich.
    »Ihr kommt hier niemals raus«, sang sie. »Ich konnte es nicht. Und ihr schafft es auch nicht.«
    Dann herrschte Stille, und ich konnte mich und Criminy atmen hören.
    Und dann das grauenvolle Geräusch von Fingernägeln, die über eine Kreidetafel kratzten.
    Oder Knochen über Metallwände.
    »Was ist mit dir passiert?«, fragte ich mit ausdrucksloser Stimme, auf der Hut.
    »Er war ein Bludmann, und ich ein junges Mädchen«, flüsterte sie. »Wir verliebten uns. Aber ich war verlobt, mit dem besten Freund meines Bruders. Mein Liebster und ich wollten uns als blinde Passagiere auf ein Schiff schleichen, nach Almerika fahren und neu anfangen, dort, wo die Leute uns nicht wegen unserer Liebe hassen würden. Aber mein Bruder hat unsere Briefe gefunden. Er wusste, wo wir uns trafen. Als ich herkam, fanden sie mich, er und mein Verlobter, und sie sperrten mich hier allein zum Sterben ein. Sie sagten, ich würde es verdienen, dafür, dass ich einen dreckigen Bludmann liebe. Sie sagten, ich wäre eine Abscheulichkeit.«
    Sie kicherte mir ins Ohr. »Genauso wie du.«
    »Was ist mit dem Bludmann passiert?«, fragte ich sanft.
    »Ich habe es nie erfahren«, hallte die Stimme. »Ich bin hier gestorben. Und seitdem einsam.«
    Criminys Hand legte sich auf meinen Arm und glitt zu meinem Handgelenk. Ich spürte, wie wichtig es ihm war, also hustete ich, um damit die leisen Geräusche zu übertönen, als er Uros Kopf drückte und die kleine Schlange summend ihr Getriebe in Gang setzte. Ich wartete darauf, rote Lichtpunkte zu sehen, aber Criminy musste vorausgedacht und die rubinroten Augen verdeckt haben.
    »Dein Bludmann – wie war sein Name?«, fragte ich, und meine Stimme hallte laut in dem winzigen Raum.
    »Sein Name war Scarab Crumbly«, antwortete die Stimme verträumt. »Wir haben uns auf dem Markt kennengelernt. Er hatte goldenes, lockiges Haar, wie ein Löwe. Seine Augen waren tief wie das Meer. Und er hat mich geliebt.«
    »Ich habe Rab Crumbly gekannt«, fiel Criminy ein, und seine Stimme dröhnte durch den winzigen Raum. Und

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