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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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stieß von unten gegen meinen Bauch. Es fühlte sich ein wenig wie eine Nasenspitze an. Nur größer.
    Ein Schluchzen stieg mir in die Kehle, und schnürte mir die Kehle zu.
    Ich war so nah dran.
    Meine Finger suchten nach weichen Stellen an dem, was da von unten gegen mich stieß. Es fühlte sich wie ein schleimiges Reptil an, wie ein Alligator in Rüschendeckchen gewickelt. Ich schauderte und drückte mich weg.
    Und dann ein Gefühl wie Zähne. Blitzschnell packten sie mich am Arm und zogen mich hinunter, und ich atmete Wasser ein, und alles verlor sich in Dunkelheit.

21.
    D u musst die Augen öffnen« , hörte ich eine Stimme in meinem Kopf, während ich in der kalten Dunkelheit trieb. »Du musst schwimmen.«
    Ich gehorchte, und meine Augen öffneten sich einer gruseligen, schwebenden, grünlich-grauen Finsternis. Vor meinen Augen konnte ich Ranken von irgendwas sehen, und einen Moment später sah ich meine Hand, von der sich eine Blutspur ringelte, wie Tinte; der Handschuh war halb abgerissen.
    Ich war unter Wasser.
    Und da war ein sanfter, kühler Schein, der von der anderen Seite meiner Hand ausging.
    Ein Mädchen.
    Aber sie bestand aus Licht und schwebte schwerelos im Wasser. Ihr kurz geschnittenes Haar und das lange Kleid, das sie trug, blieben von den wechselnden Strömungen unberührt. Ich hing da, kraftlos, meine Lungen kalt. Ich atmete nicht.
    Ich sollte gar nicht mehr am Leben sein.
    Ihr Mund bewegte sich.
    »Du musst ans Ufer schwimmen«, hörte ich ihre Stimme in meinem Kopf, melodisch und lieblich . »Stoß dich ab, brich durch die Wellen. Du bist so nahe dran.«
    Bin ich tot?, dachte ich.
    »Beinahe«, sagte sie. »Aber du musst es zum Leuchtturm schaffen. Du musst mich befreien.«
    Wie?
    »Öffne die Tür oben. Finde meine Gebeine und begrabe sie. Darauf warte ich schon seit Jahren. Hilf mir, und ich werde dich retten. Wirst du das tun?«
    Ich werde es versuchen.
    »Versprich es!«
    Ich verspreche es. Nur hilf mir.
    »Dann stoß dich ab. Brich durch die Oberfläche. Atme. Schwimm. Geh jetzt!«, rief sie.
    Ein weißglühender Blitz schoss durch meine Muskeln, so plötzlich, dass ich wie im Schock reagierte: Ich stieß mich mit aller Kraft ab, und mein Kopf brach durch die Wasseroberfläche. Wasser tropfte mir aus dem Mund, und dann holte ich keuchend Luft und sog den Atem in meine hungrigen Lungen. Meine Arme ruderten im Wasser, meine Füße strampelten, und die Wellen schienen mir zu helfen und mich ans Ufer zu drängen.
    Ich schlug hart am Ufer auf, als die Wellen mich auf den steinigen Strand warfen. Ich hustete und zog mich mit den Ellbogen vorwärts, bis Criminy mich aus dem Sand aufhob. Er ließ sich am Strand nieder, zog meine schlaffe Gestalt auf sich und hielt mich fest in seinen Armen.
    »Ich wusste, dass du es kannst, Liebes«, stieß er heftig hervor. »Ich wusste es.«
    »Ich nicht«, gab ich zurück und hielt meine Hand hoch, mit dem zerfetzten Handschuh und dem zerrissenen Ärmel. Als er das Blut an meinem blassen Arm herablaufen sah, leckte er sich die Lippen und erbebte. Ich steckte die Hand unter meine Achsel und rutschte ein wenig von ihm weg, auf sichere Distanz. »Etwas hat mich nach unten gezogen. Aber dann war da ein Mädchen, und sie hat mir geholfen.«
    »Ein Mädchen?«, fragte Criminy mit scharfem Blick.
    »Ich glaube, sie war ein Geist«, sagte ich. Ich schlang die Arme um mich und zitterte – jetzt überkam mich doch noch Angst. »Oder mein Verstand hat mir einen Streich gespielt. Ich musste ihr versprechen, zum Leuchtturm zu gehen, ihre Gebeine zu finden und zu begraben. Sie sagte, sie warte schon lange darauf.«
    »Dann müssen wir das tun«, konstatierte Criminy und tätschelte mich von weiter weg als uns beiden lieb war. »Geisterflüche sind nur schwer zu brechen. Aber zuerst musst du diese Wunde verbinden. Ich kann mich zwar benehmen, aber es gibt Grenzen.«
    Er schaute zum Leuchtturm, und ich folgte seinem Blick das hohe Gebäude hinauf, dessen oberer Teil in dicken Wolken verschwand. Noch mehr verlorene Zeit.
    Als wir uns durch die großen Felsen und Gezeitentümpel unseren Weg suchten, fragte ich ihn: »Geister sind hier real?« Ich war nicht überrascht, nicht wirklich. Aber ich wollte mehr darüber wissen. Würde ich jetzt überall Geister sehen?
    »So real wie überall, vermute ich«, antwortete er. »Ich habe noch nie einen gesehen, nur das Ergebnis ihres Tuns. Es ist nur natürlich, dass eine Sehende solche Dinge sieht. Du wandelst in mehrerlei Hinsicht

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