Blutleer
Straßenseite geparkt.
»Ich habe die ganze Zeit mit Kramer telefoniert. Das Opfer ist in kritischem Zustand. Sie müssen versuchen, sie vor Ort zu stabilisieren, bevor sie sie transportieren.«
Gemeinsam gingen sie hinüber zum Tatort. Der helle Weg war blutdurchtränkt. Ein blasser junger Mann mit langen, dünnen blonden Haaren stand etwas abseits, neben ihm eine Staffordshire-Terrier-Hündin ohne Maulkorb. Er trug Jeans und ein ziemlich geschmackloses Heavy Metal T-Shirt.
Kramer begrüßte die beiden und unterbrach dafür eine etwas hitzige Diskussion mit einem Kollegen, der Barbara vage bekannt vorkam. Sie erfasste sofort, was los war: Zuständig war hier die Düsseldorfer Polizei, und Kramer reklamierte den versuchten Mord für die Soko. »Hat er das Opfer gefunden?«, fragte Barbara und deutete auf den jungen Mann.
Kramer nickte. »Sein Name ist Alex Sommer, er wohnt hier in der Nähe.« Er sprach weiter mit einem Beamten.
Jakubian und Barbara gingen zu dem jungen Mann. Jakubian sah die Hündin, die neben ihrem Herrchen saß, misstrauisch an. »Die tut nix«, sagte Sommer.
Barbara beugte sich kurz zu dem Hund hinunter. »Na du«, sagte sie, fasste das Tier aber nicht an. Die Hündin sah verschreckt hoch, sprang auf und versteckte sich hinter ihrem Herrn. »Die is’ sensibel. Hat vor allem Schiss.«
»Sie haben die Frau gefunden?«, fragte Jakubian.
Er nickte. »Als ich in den Park kam, war der Kerl sogar noch da. Ich dachte, was macht der da, aber da nahm der schon was vom Boden auf und ging weg.«
»Er ist nicht gerannt?« Barbara konnte so viel Kaltblütigkeit nicht fassen.
»Nee. Schnell is er gegangen, das stimmt. Aber nicht weggerannt. Dann wäre ich ja vielleicht schneller bei ihr gewesen.« Er schien sich Vorwürfe zu machen. »Annabella trödelt immer so. Aber dann hat sie was gemerkt und laut gebellt und mich dahin gezogen.«
Die Hündin hatte vorsichtig ihren breiten Schädel mit dem lustigen schwarzen Fleck um das rechte Auge hinter ihrem Herrchen hervorgestreckt und schien genau zu wissen, von wem die Rede war. »Hast du gut gemacht«, sagte Barbara freundlich zu ihr und sofort verschwand der Kopf wieder hinter den Beinen von Alex Sommer. »Un da sagen immer alle Kampfhund«, sagte er und grinste.
»Ich hab dann sofort Polizei und Krankenwagen gerufen, Gottseidank war der Handyakku nich leer. Und dann hab ich versucht zu helfen, aber da wusste man ja gar nicht, wo man anfassen sollte. Alles voller Blut. Aber immerhin hab ich die stabile Seitenlage noch hingekriegt.«
»Danke, Sie haben alles richtig gemacht«, sagte Jakubian. »Ihre Personalien hat man ja schon aufgenommen.«
Sommer nickte. »Ich hab auch schon einen Termin auf dem Polizeipräsidium morgen.«
»Ich denke, dann können Sie jetzt gehen.« Er drehte sich zu Kramer und rief: »Brauchen Sie den Zeugen heute Nacht noch?«
Kramer verneinte.
»Dann geh ich mal los. Die Kleine will auch nach Hause.«
»Nochmals vielen Dank«, sagte Barbara.
Der Notarzt arbeitete immer noch fieberhaft. Barbara ging um die von Max Erhard abgesperrte Stelle herum.
»Sie ist bewusstlos«, fauchte der Arzt.
»Ich will nur einen kurzen Blick auf sie werfen, machen Sie ruhig weiter«, sagte Barbara.
Die Frau bot einen grässlichen Anblick. Barbara konnte die Würgemale am Hals nur zum Teil sehen, weil Gesicht und Oberkörper mit Blut beschmiert waren.
»Von welcher Verletzung kommt das Blut?«, fragte sie.
»Die Halsschlagader hat er knapp verfehlt. Die Handgelenke sind quer eingeschnitten. Und dann gibt es noch ganz viele kleine Wunden.«
Manche der kleinen Stichwunden erinnerten Barbara in ihrer Anordnung an Rebecca Langhorn. »Er hat sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und dann angefangen zu schneiden.«
»Ja.« Der Arzt war wütend angesichts der Sinnlosigkeit einer solchen Gewalttat.
»Hat er sie vergewaltigt?«
»Keine Ahnung. Sie war unten entkleidet, aber Genaueres müssen die im Krankenhaus feststellen. Da waren keine großen Verletzungen, also geht mich das hier nichts an.«
»Wie sind ihre Chancen?«
Er zuckte resignierend die Schultern. »Gering. Sie hat viel Blut verloren, so viel bekommen wir so schnell gar nicht in sie hinein.«
»Ich habe jetzt seit fünf Minuten stabile Werte«, sagte der Sanitäter zu ihm. »Der Blutdruck ist niedrig, aber wenn er nicht weitersinkt, könnten wir losfahren.«
»Danke«, sagte Barbara und ging zurück zu Jakubian, der sich mit Kramer unterhielt.
»Erhard hat geflucht, weil der
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