Blutleer
sei verheiratet und ihre Beziehung dürfe nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Dann haben sie sich mehr als ein Jahr lang im Geheimen getroffen.«
Kramer nickte, während er sich auf den Verkehr konzentrierte. Plötzlich sagte er: »Wo? Wo haben sie sich getroffen? Wenn es in Langhorns Wohnung gewesen wäre, daran hätte sich irgendein Nachbar erinnert. Aber sie sagten alle, sie hätten nie einen Mann bei ihr gesehen, und sie wohnte schon sechs Jahre dort.«
»Vielleicht trafen sie sich in Hotels.«
»Das wären ja schöne Aussichten, hier in einer Messestadt in den Hotels Klinkenputzen zu gehen.«
»Er hat eine Wohnung«, sagte Barbara plötzlich. »Wahrscheinlich sogar irgendwo in Flingern, wo Rebecca und Jenna ausgegangen sind. Überlegen Sie mal: Der Werhahn ist nicht weit, dort wurde Rebeccas Leiche gefunden. Und die Moskauer Straße mit dem Park ist auch nicht so weit entfernt.«
»Unser Mörder ist Ihrer Meinung nach also Düsseldorfer?«
»Da bin ich ganz sicher. Und er fährt täglich mit der S-Bahn zur Arbeit, vermutlich nach Dortmund.«
»Hm.« Kramer überlegte. »Es ist zwar ein wildes Herumstochern, aber wir könnten ja ein paar Leute mit dem Phantombild losschicken und mal sehen, ob ihn in den Kneipen in Flingern jemand erkennt. Wenn er so ein charmanter Kerl ist, wie Jenna Gerling behauptet.«
»Gute Idee«, sagte Barbara. »Organisieren Sie das gleich, sobald das Phantombild nach Jennas Angaben korrigiert wurde.«
Im Duisburger Polizeipräsidium herrschte geordnetes Chaos. Barbara spürte gleich, dass etwas Außergewöhnliches geschehen war.
»Wo ist Jakubian?«, fragte sie Patrick Linssen, der offenbar nach der Nachtschicht immer noch nicht nach Hause gegangen war. »Der verhört mit Sven Heyer Dewus. Die Plackerei mit den Handy-und GPS-Daten hat anscheinend was gebracht. Ich habe nicht alles mitbekommen, aber jedenfalls wurde beim Haftprüfungstermin heute morgen der Haftbefehl gegen Dewus bestätigt. Dewus hat zu allem geschwiegen, und jetzt berät er sich schon seit zwei Stunden mit seinem Anwalt. Und es gibt Hinweise auf den Fotografen mit der Reifenkralle. Jemand, der einen gehörlosen Sohn hat.«
»Wenn das stimmt, belastet es ihn zusätzlich«, sagte Barbara.
In diesem Moment kam Jakubian die Treppe herunter, er hatte die letzten Worte gehört. »Der Mann konnte eindeutig identifiziert werden durch die Fotos und Videoprints von Hirschfelds Ermordung. Er wird hergebracht.«
»Aber etwas fehlt bei der Geschichte noch«, sagte Barbara.
»Denkst du etwa, Dewus ist es nicht gewesen?« Jakubian sah sie erstaunt an.
»Doch schon. Aber ohne ein Geständnis bleibt die Sache ziemlich dünn. Der Justizbeamte Ulf Maier und dieser andere Vater, die hatten schon ein gutes Motiv.« Sie stockte. Julias Zimmer fiel ihr wieder ein und die Tatsache, dass Dewus Gebärdensprache gelernt hatte. »Sven hatte doch Dewus DNA genommen, weil er sie mit den Spermaspuren vergleichen wollte.«
Jakubian nickte.
»Wurde sie auch mit Julias DNA verglichen?«
»Du meinst …?«
Barbara nickte. »Dewus könnte Julias Vater sein. Ich habe niemanden umgebracht und Julia schon gar nicht, hat er bei der Vernehmung gesagt.«
»Ich veranlasse den Vergleich. Die Daten sind ja da, das dauert nur ein paar Minuten.« Er wollte sein Handy zücken, in diesem Moment klingelte es schon.
»Wir haben auch etwas Neues«, sagte Barbara rasch und erzählte, was in Düsseldorf geschehen war. »Unser Mörder ist Düsseldorfer und wohnt möglicherweise in Flingern.«
»Wir werden heute Abend die Kneipen dort abklappern«, fügte Kramer hinzu.
»Gut.« Jakubian wirkte hektisch, und sein Handy klingelte immer noch. Er ging ran und legte kurz danach auf. »Das Opfer ist aufgewacht. Fahren wir zu ihr.«
»Ich soll mit?«, fragte Barbara.
»Sicher.«
»Und der Helfershelfer?«, rief einer der LKA-Beamten hinter ihm her. »Er muss jeden Moment hier sein.«
»Das ist ohnehin Heyers Sache.« Jakubian drehte sich noch mal um. »Veranlassen Sie, dass Dewus’ DNA mit der von Julia Janicek verglichen wird, und sorgen Sie dafür, dass Heyer sofort das Ergebnis bekommt. Das hat höchste Priorität.« Damit war Jakubian aus der Tür, und Barbara musste sich beeilen mitzukommen.
Eine halbe Stunde später waren sie im Düsseldorfer Marienhospital. Barbara lief immer noch ein Schauer über den Rücken, wenn sie es betrat. Als sie und Thomas noch in Pempelfort ganz in der Nähe gewohnt hatten, war dieses Krankenhaus oft die erste
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