Blutlinie der Götter: Die Berrá Chroniken Band 1 (German Edition)
Auch hatte er keinerlei Anhaltspunkte wo er suchen sollte. Warum also nicht Sinal die Führung überlassen? Der Instinkt seines vierbeinigen Begleiters hatte Elrikh schon so manches Mal das Leben gerettet. So ritt er in die Richtung des Feuers, welches er letzte Nacht gesehen hatte. Sein Blick schweifte umher und blieb schließlich, trotz aller Schönheit der Landschaft, gen Himmel gerichtet. Gedanken über das Schicksal der Welt und wie es wohl aussehen würde, hatte er in den vergangenen Stunden erfolgreich verdrängt. Doch nun kamen sie allmählich zurück.
„Von Gottesboten auserwählt, um die Welt zu retten“, murmelte er vor sich hin.
Egal wie oft er sich diesen Satz vor Augen hielt, es schien alles so unwirklich. Plötzlich verspürte er einen Drang, den Griff seines Kurzschwertes in die Hand zu nehmen. Das Gefühl des kalten Stahls an seiner Seite vermochte es, ihm ein wenig Sicherheit zu geben. Elrikh wurde schon als Kind im Kampf mit Schwert und Speer unterrichtet. Seiner Mutter war es gar nicht recht, dass er sich dermaßen dafür begeistern konnte. Doch die Zeit sollte sie eines Besseren belehren. Obwohl Elrikh ein guter Fechter zu sein schien, war es noch nie vorgekommen, dass er seine Künste unter Beweis stellen musste. Seine Eltern waren beide erleichtert als er es ablehnte auf die Armeeschule in
Elamehr
zu gehen, um stattdessen beim Zimmermann die Kunst der Holzarbeiten zu erlernen. Besonders sein Vater war stolz auf ihn. Erlernte er doch jenes Handwerk, welches ihm selbst als Jüngling in Elrikhs Alter verwehrt gewesen war. Dessen Großvater bestand nämlich darauf, dass er als Kaufmann sein Erbe antrat. Als Elrikh dann den Wunsch äußerte ein Zimmermann zu werden, fühlte sich sein Vater als hätte er ein zweites Leben bekommen. Immerzu beobachtete er seinen Sohn heimlich bei der Arbeit und weinte vor Freude über die herrlichen Werke die Elrikh erschuf. Erst als es seinen Sohn hinaus in die Welt zog um ferne Länder und andere Völker zu sehen, brach für ihn eine kleine Welt zusammen. Er wusste, dass sein Sohn eines Tages der beste Zimmermann des Bockentals geworden wäre. Doch ihn als scheinbar ziellosen Abenteurer zu sehen machte ihm das Herz schwer. Erst die Worte von Elrikhs Mutter konnten ihm ein wenig Kummer nehmen. Elrikh erinnerte sich noch wie er auf dem Kornspeicher gesessen hatte und die heimliche Unterhaltung seiner Eltern mit anhörte.
„
Ich verstehe den Jungen einfach nicht, Gethela! Er war immer so begeistert von der Arbeit der Zimmerleute. Sein Meister lobt ihn stets in den höchsten Tönen. Warum wirft er das alles weg? Ist es meine Schuld? Habe ich ihn zu sehr gedrängt?“
Ein sanftes Lächeln umspielte Gethelas Lippen.
„
Es ist nicht deine Schuld, Bemahr. Unser Sohn glaubt einfach, dass seine Bestimmung eine andere ist als jene, die wir uns für ihn gewünscht haben. Aber deswegen bist du kein schlechter Vater und ich keine schlechte Mutter. Und Elrikh hat uns stets mit Stolz erfüllt. Er achtet deine Worte, mein Liebster.“ Liebevoll legte sie ihre Hand auf sein Gesicht.
„
Würdest du ihn bitten, würde er vermutlich bleiben. Aber sein Herz wäre nicht mehr bei uns. Lass ihn ziehen. Lass ihn selbst sein Schicksal finden und dabei auch das Gefühl des Glücks, welches wir all die Jahre über verspürt haben.“
Mit feuchten Augen sah Bemahr seine Frau an.
„
Ich habe doch nur Angst um ihn. Seit dem Tag seiner Geburt haben wir ihn beschützt. Als er die Möglichkeit nach Elamehr zu gehen nicht wahrgenommen hat, dankte ich dem Göttervater mit dem längsten Gebet, welches je über meine Lippen kam.“
Den Blick in die Wolken gerichtet schien Bemahr dort nach Hilfe zu suchen. Gethela stellte sich neben ihn und sprach ihre Worte mit unumstößlicher Sicherheit.
„
Vertraue den Göttern, Geliebter. Vertraue auf die verschlungen Schicksalswege des Göttervaters Zinakyl und seiner Kinder. Sie werden unseren Sohn in dieser harten Welt zur Seite stehen.“
Schluchzen und einige leise gesprochene Gebete war alles was Elrikh danach noch von seinem Vater hörte. Den Tränen nahe, überlegte er seine Pläne nochmals zu überdenken. Doch sein Herz wurde ihm dabei schwer. Und so verbarg er sich den Rest dieser Nacht vor den Augen seiner Eltern, um am nächsten Tag auf seine erste weite Reise zu gehen.
Im Gedanken vertieft und immer noch auf den Instinkt seines Hengstes vertrauend, bemerkte Elrikh nicht wie er aus einem Baum heraus beobachtet wurde. Auch Sinal schien
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