Blutlinie der Götter: Die Berrá Chroniken Band 1 (German Edition)
Kurs Richtung Süden. Zweifelsohne würde er nach
Obaru
fliehen. Der junge Bockentaler fühlte sich seltsamerweise sehr teilnahmslos. Dass soeben tausende Valantarier ihr Leben verloren hatten, ging spurlos an ihm vorbei. Der verzweifelte Gegenangriff wurde von den Feinden unterfahren bevor er richtig in Gang gekommen war. Die mächtigen Schiffe nutzten ihre überlegene Größe und kamen über die letzten Schiffe wie eine riesige Sturmwelle. Ohne Widerstand versenkten sie den kläglichen Rest der Valantarflotte im kalten Meer. Noch während die feindlichen Schiffe durch die Trümmer fuhren und nach Überlebenden zu suchen schienen, nutzten ein paar der Söldnerschiffe diese Gelegenheit und nahmen Kurs auf die Inselgruppe, zu der auch jene Insel gehörte, auf der Elrikh sich befand. Mit Erleichterung konnte er erkennen, dass die
Sturmtaucher
ebenfalls unter ihnen war und nun das Land anlief. Mit etwas Glück würde der Kapitän nicht allzu nachtragend sein und Elrikh verzeihen, dass dieser das Schiff in der vorherigen Nacht mitsamt seinem Pferd verlassen hatte. Es hatte ihn den Rest seiner Barschaft gekostet, dass zwei der jüngeren Bootsjungen ihn und Sinal mit einem Beiboot an Land gebracht hatten.
Das Geld hätte ich mir wohl sparen können. Jetzt kommen sie eh an Land.
Was Elrikh jedoch noch nicht sehen konnte war, dass die
Sturmtaucher
nicht vorhatte an der Südspitze anzulegen auf der er sich befand. Sie würden einen Bogen fahren und dann an der südöstlichsten Insel von
Rankhara
anlegen.
„Tja, Sinal. Sieht so aus als würden wir bald wieder Gesellschaft bekommen.“
Sein Mitleid mit den gefallen Soldaten hielt sich, sehr zu seiner eigenen Überraschung, in Grenzen. Zuviel hatte er im Spiegel von Alyscal gesehen, als dass er großes Mitleid für die menschlichen Soldaten empfinden könnte. Liebevoll tätschelte Elrikh die Flanke seines Hengstes. Dieser jedoch trabte um seinen Herren herum und stupste ihn mit seiner Schnute in den Rücken. Es machte ganz den Anschein, als wollte er Elrikh dazu bewegen in eine bestimmte Richtung zu gehen. Offenbar war sich das Pferd des Auftrages bewusst, der seinem Begleiter von den Singula auferlegt worden war.
„Hat man da noch Worte? Mein Gaul treibt mich vor sich her.“ Lachend drehte er sich um und rieb Sinal über die lange Schnauze. „Soll ich jetzt vielleicht dich auf meinen Buckel nehmen? Das viele Herumsitzen im Lagerraum der
Sturmtaucher
hat dich ein wenig in die Breite gehen lassen, mein Freund. Mir scheint du könntest ein bisschen mehr Bewegung vertragen.“
Schwungvoll hob sich Elrikh in den Sattel und trieb seinen Hengst voran. Dieser schien sich tatsächlich über seinen ersten Ausritt seit Wochen zu freuen und galoppierte schneller los als Elrikh lieb war.
Nach einer Weile fiel Sinal in einen gemächlicheren Gang und gab seinem Reiter somit eine Möglichkeit die Umgebung ein wenig auf sich wirken zu lassen. Die Dunkelheit hätte schon lange Einzug halten müssen, dennoch begann es erst langsam zu Dämmern. Im Zwielicht der untergehenden Sonne übte die Landschaft eine unbestimmte Faszination auf Elrikh aus. Hochgewachsene Nadelbäume und üppig beladene Beerensträucher zeichneten das kleine Tal, welches vor ihm lag. Aus einem Felsvorsprung zu seiner Linken sprudelte ein kleiner Bach den Hang hinab und ergoss sich in einen plätschernden Quellstrom, der durch das ganze Tal zu laufen schien.
Fast so wie zu Hause. Ach. Ich vermisse die grünen Wiesen des Bockentals. Der Geruch der Butterblumen und das Geräusch von kleinen Kristallblüten, die durch den Wind getragen wurden und dabei ihr Lied singen. Was würde ich dafür geben jetzt den vertrauten Boden unter meinen Füßen spüren zu dürfen. Naja. Wenigstens habe ich den Anblick des Meeres hinter mir lassen können. Diese Ebene ist wahrlich ein Augenschmaus im Vergleich zu der aufgewühlten See.
Trotz der fesselnden Aussicht wurde Elrikh sich bewusst, dass es Zeit wurde ein Lager aufzuschlagen. Die Nächte mochten ebenso kalt sein wie der Tag warm war. Außerdem wusste er nichts über jene Tiere, die hier lebten. Es konnte also nichts schaden ein Feuer zu machen und ein bequemes Lager aufzuschlagen. Desgleichen hatte sich Sinal ebenfalls eine Rast verdient. Obwohl der Hengst vor Kraft strotzte, musste auch er sich erst wieder an das viele Galoppieren gewöhnen.
„Na komm, mein Alter. Zeit sich ein wenig auszuruhen.“
Unter einem Apfelbaum, der einsam auf einer Wiese stand, machten sie Halt.
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