Blutlinie der Götter: Die Berrá Chroniken Band 1 (German Edition)
lange Distanzen laufen und durch das kalte Meerwasser schwimmen mussten. Dinge wie Reiten und Jagen gehörten selbstverständlich auch zu ihren Aufgaben. Was Alkeer allerdings noch mehr faszinierte waren prunkvolle Kupferstiche, die an den Wänden hingen. Sie zeigten Erinnerungen aus dem Krieg gegen die Trolle. Man sah die menschlichen Verteidiger auf der Wehrmauer des
Ostgebirges
stehen, wie sie tapfer der Flut der Trollmonster die Stirn boten. Pikenträger in großer Zahl drängten die angreifenden Ungeheuer zurück, während Axtkämpfer im direkten Zweikampf mit ihnen standen. Die mächtige Kavallerie pflügte durch die Reihen der Angreifer und brachte sie mit Lanze und Schwert zu Fall. Überall lagen die toten Körper der Ungeheuer zwischen den felsigen Hängen der Berge und die Soldaten standen siegreich über ihnen. Ein anderer Kupferstich zeigte den großen König Valamehr. Das Bild war mit Gold umrandet und hob sich deutlich von allen anderen ab. Man sah Valamehr in voller Rüstung auf seinem Schlachtross sitzend und in der Hand die Standarte der vereinten Menschen haltend. Seine groben, jedoch gütigen Züge strahlten eine königliche Würde aus. Der vom Bart eingerahmte Mund zeigte ein mildes Lächeln. So zumindest empfand es Alkeer. Die kurz geschorenen Haare verliehen ihm ein markantes, diszipliniertes Aussehen. Auf einer der danebenliegenden Wandmalereien war zu sehen wie Valamehr die tapferen Soldaten für ihre Taten lobte und auszeichnete. Nach dem Trollkrieg wurden die Fähigsten von ihnen ausgesucht, um eine Elite zu gründen. Es sollten jene Ritter des Königs werden, welche in jeder künftigen Schlacht an seiner Seite ritten. Dass ihm solch ein Leben verwehrt sein sollte, war ein schwerer Schlag für den jungen Träumer. Niemals würde er als ehrloser Enkel eines Aufrührers ein Ritter des Königs werden. Erst als er den Stadtverwalter von
Inaros
vor den feindlichen Truppen warnte, die in der
Barinsteppe
gesichtet wurden, entschied dieser, Alkeer die Möglichkeit zu geben mit der Armee zu reisen. Von der Küchenarbeit hatte er allerdings nichts erwähnt. Aber was hätte Alkeer auch erwarten sollen? Dass man ihm eine Rüstung gab und zu den ausgebildeten Kriegern der königlichen Armee zählt? Das wäre wohl zu viel des Glückes gewesen. Nun lag es an ihm das Beste aus seiner Lage zu machen. Einen Freund hatte er in der Zeit auf See schon gewonnen. Gér Malek, einer der Gruppenführer und zugleich auch der Anführer der
Blutschwerter
, hatte Alkeer vor einigen Umläufen auf Deck bemerkt und sich tatsächlich mit ihm unterhalten. Gér Malek wirkte auf Alkeer keineswegs so arrogant oder überheblich wie dies bei einigen der anderen Offiziere den Anschein hatte. Er war für einen Mann seines Alters noch erstaunlich weit unten in der Hierarchie der Armee angesiedelt und schien sich daran nicht im Geringsten zu stören. Alkeer schätze den Gér auf ungefähr dreißig Dekaden. In diesem Alter waren die meisten Soldaten eigentlich in den Sitz eines Lór oder Mág erhoben worden. Die Rangfolge in der Armee war das Erste was er von Gér Malek gelernt hatte. Die Unterscheidung der verschiedenen Ränge innerhalb der Hierarchie und die Einhaltung einer perfekt ausgearbeiteten Befehlskette waren für Alkeer ein Zeichen der valantarischen Kultur. Außer vielleicht bei den Rogharern, gab es nirgendwo sonst, ein derart ausgeklügeltes Machtgebilde.
An oberster Stelle eines Verbandes stand der Kommandant. Kommandanten trugen vor ihren Namen die Bezeichnung Hó. Dann kamen die 1. Offiziere, die immer als Mág angesprochen wurden. Dann die 2. Offiziere mit dem Titel Lór und dann die Gruppenführer, denen man Gér vor die Namen setzte. Einfache Soldaten bekamen keinen zusätzlichen Rang. Berücksichtigte man nun, dass ein Truppenverband aus einem Hó, einem Mág, einem Lór, acht Gruppenführern und zweihundert Soldaten bestand, wurde einem klar wie gut durchdacht diese Armeeordnung ausgearbeitet war. Für jeden Abschnitt in der Befehlskette gab es Befugnisse und Einschränkungen. Selbst die Kommandanten mussten den Heerführern und diese wiederum dem König gegenüber Rechenschaft ablegen. So war ein Machtmissbrauch nicht mehr möglich.
Fast die ganze Nacht hatte Gér Malek damit zugebracht den jungen Burschen die Lehren der Armee beizubringen. Doch auch Alkeer hatte einiges zu erzählen. Malek zeigte sich ebenso interessiert für dessen Heimat und Familie, wie Alkeer sich für Kriegsgeschichten begeistern konnte.
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