Blutlinien - Koeln Krimi
überlegt vorgehen.
Heute fahre ich nach Köln-Bayenthal. Die Lage ist gut gewählt, wieder ist der Rhein schnell zu erreichen. Diesem Paar bin ich nach dem Aufgebot gefolgt. Die, auf die ich es abgesehen habe, wohnt mit einem Typ zusammen, der tagsüber meist schläft und nachts unterwegs ist. Wenn ich Glück habe, ist sie allein zu Hause.
Vorsichtig nähere ich mich dem Küchenfenster und riskiere einen Blick. Der Tisch ist für zwei Personen gedeckt, sehen kann ich niemanden.
Vor ein paar Tagen habe ich diese Wohnung inspiziert. Das versuche ich immer, und wenn es klappt, ist es ein ganz besonderer Nervenkitzel. Es ist ein erhebendes Gefühl, in die Privatsphäre eines Menschen einzudringen, seine Individualität zu streifen und sich mit der Örtlichkeit vertraut zu machen.
In diesen Räumen gab es extreme Gegensätze. In der Küche herrschte das reinste Chaos, und auch das Zimmer des Typen war unglaublich unordentlich. Auf dem Boden lagen Klamotten, leere CD -Hüllen und sogar Essensreste. Dagegen ist der Raum seiner Mitbewohnerin eine wahre Oase mit orientalischem Einschlag, eigentlich ganz gemütlich.
Das Küchenfenster ist nur angelehnt. Ich ziehe Handschuhe an, streife die Sturmhaube über und schließe den Reißverschluss des Neoprenanzuges über der Brust. Gekonnt klettere ich in die Parterrewohnung und stehe in der Küche.
Auf dem Tisch steht Sushi. Die Portion reicht für ein ganzes Heer. Hier scheint jemand eilig aufgebrochen zu sein. Gierig schlinge ich einige Lachshäppchen herunter und genehmige mir ein Glas Sekt. Dabei behalte ich Hinterhof und Tür im Blick. Angst, entdeckt zu werden, habe ich nicht. Das Überraschungsmoment ist auf meiner Seite. Zweimal gab es so eine Situation, und ich habe sie souverän gemeistert. Deshalb bin ich ganz ruhig, verputze weitere Lachshäppchen.
Alles ist still. Mein Messer halte ich griffbereit. Das Gefühl, das mich durchströmt, lässt sich kaum beschreiben. Adrenalin pur. Das Zielzimmer liegt am anderen Ende des Flurs. Ich schleiche den Gang entlang, achte auf Geräusche, stoße sachte die Tür auf. Es ist niemand da. Hastig schaue ich in jeden Raum. Die beiden sind ausgeflogen.
Ich entscheide, noch einen Augenblick zu warten, gehe zurück in die Küche, trinke einen Schluck Weißwein aus einer Flasche, die ich im Kühlschrank finde, der ansonsten wenig Inhalt bereithält. Ich schleiche umher, sehe die Post durch, die geöffnet auf einem Beistellschrank liegt. Werbung und eine Karte aus Australien. Inga und Rose grüßen aus Darwin.
Irgendwann muss ich realisieren, dass ich heute nicht zum Zug komme. Die Anspannung weicht grenzenloser Enttäuschung. Ich fege das Sushi-Zeug vom Tisch und beschließe, die Aktion abzubrechen. Aber ich komme wieder, verlasst euch darauf.
Köln-Niehl, Niehler Damm
Elise Ackermann trug einen schwarzen Hosenanzug, Pumps und auffälligen Goldschmuck.
»Wir kommen ungelegen«, stellte Maline fest, als sie leise Musik hörte.
»Es sind ein paar Leute gekommen, um im persönlichen Rahmen Abschied zu nehmen.« Elise Ackermann machte keine Anstalten, Maline und Chiara ins Haus zu lassen. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir uns später unterhalten?«
»Leider ja.« Maline schlug den Kragen ihrer Lederjacke hoch, weil es zu regnen begann. »Es haben sich Fragen ergeben, die keinen Aufschub dulden.«
Elise Ackermanns Lächeln verschwand. Sie trat zur Seite und führte die Kommissarinnen in ein Arbeitszimmer.
Der Raum war, im Gegensatz zum Wohnzimmer, behaglich eingerichtet. Schwere Ledersessel, ein wunderschöner antiker Schreibtisch, an der Wand ein großes Sofa mit vielen Kissen. Elise Ackermann blieb stehen, während Chiara und Maline auf der weichen Couch versanken.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Unsere Ermittlungen bei der Fluggesellschaft haben ergeben, dass Sie an dem Abend von Madrid nach Köln geflogen sind, an dem Ihre Freundin getötet wurde.« Maline sprach nicht weiter.
»Ich hatte erwartet, dass Sie danach fragen«, sagte Elise Ackermann. »Ehrlich gesagt hatte ich schon überlegt, Sie deshalb anzurufen.«
»Das hätten Sie besser auch getan«, sagte Maline. »Warum haben Sie uns nicht gleich die Wahrheit gesagt?«
»Weil dieser Zwischenflug nichts mit dem Mord an meiner Partnerin zu tun hat und ich nicht wollte, dass sie aus der Sache eine große Geschichte machen.«
»Frau Ackermann!« Maline gab sich keine Mühe, ihren Ärger zu kaschieren. »Es handelt sich, wie Sie eben selbst gesagt haben, um
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