Blutlinien - Koeln Krimi
Wohnzimmer.
Hier fühle ich mich ganz wohl, nehme den Besuch als Aperitif. Ich streife durch die Zimmer und inhaliere den besonderen Geruch dieses Hauses. Dabei öffne ich Schubladen. Schränke. Taschen.
Im Zimmer des Mädchens herrscht jugendliche Unordnung. Ich entdecke Kondome mit Zitrusgeschmack zwischen einem Berg Sportwäsche, die ohne Zweifel dem Jungen gehört und tierisch müffelt. Er ist so ein fauler Hund. Ich werfe mich mit dem Tagebuch des Mädchens aufs Bett und langweile mich bereits beim zweiten Eintrag. Ist Wilson der Richtige? Soll ich wirklich mit ihm durchbrennen? Ich bin so unsicher. Blablabla .
Der Duft der Mutter schwebt durch die anderen Räume. Sie ist besonders, einzigartig und gefährlich. Ich bin froh, dass sie schachmatt gesetzt ist.
Bevor ich gehe, nehme ich mir die Zeit und hinterlasse meiner Nächsten einen Hinweis im oberen Stockwerk. Sie ist schlau und fühlt sich überlegen. Den Zahn werde ich ihr schmerzhaft ziehen.
Köln-Nippes, Gustav-Nachtigal-Straße
»Hereinspaziert«, sagte Maline betont heiter, ging vor in die Küche und schaltete den Kaffeeautomaten ein, während sich Lâle aufs Sofa setzte.
Eine Viertelstunde später knisterte ein Feuer im Kamin. Maline stellte zwei Cappuccino auf den Couchtisch und schob dabei die Handys zur Seite.
»Schön, dass du dich um mich kümmerst«, sagte Lâle. »Aber hast du überhaupt Zeit dafür? Ihr habt doch sicher eine Menge Spuren abzuarbeiten.«
»Mach dir keine Gedanken, im Notfall bin ich über mein Handy zu erreichen.« Maline tippte auf ihr Holster. »Mein Equipment habe ich auch dabei. Falls es nötig ist, bin ich sofort einsatzfähig.«
Lâle begann zu weinen. »Ich kann immer noch nicht glauben, was passiert ist. Wer hat Dana so zugerichtet, und warum?«
»Die Suche nach dem Täter läuft auf Hochtouren. Ich bin mir sicher, dass irgendjemand etwas gesehen hat.« Maline nahm ihre Freundin in die Arme.
»Danas Eltern waren heute auch im Krankenhaus. Wir haben uns an ihrem Bett abgelöst. Ich hatte fast Mitleid mit ihnen, sie machen sich schreckliche Vorwürfe. In ihrer Haut möchte ich nicht stecken.«
»Was sagen denn die Ärzte? Wie kritisch ist Danas Zustand?«
»Sie liegt im künstlichen Koma, aber angeblich ist sie außer Lebensgefahr. Nur, wenn du sie siehst …« Lâle brach ab, sammelte sich neu. »Die Ärzte wissen noch nicht, welche Schäden sie von dem Schlag auf den Kopf zurückbehalten wird. Ich bin so froh, wenn meine Mutter morgen kommt, sie wirkt immer so beruhigend auf mich.«
Maline drückte Lâle an sich.
»Dana wird es doch schaffen, oder?«
»Da bin ich ganz sicher.«
Ein paar Minuten saßen sie schweigend, starrten ins Feuer.
»Wenn ich mir vorstelle, dass sie da in diesem Gestrüpp gelegen hat, schwer verletzt, allein … da darf ich nicht daran denken.«
»Ich koche uns gleich was Leckeres«, sagte Maline, um Lâle abzulenken. »Worauf hast du Hunger?«
»Ich kann nichts essen, aber ich würde gerne duschen, ist das okay?«
»Klar.« Maline stand auf und zog Lâle von der Couch. »Komm mit, ich lasse dir ein heißes Bad einlaufen.«
»Danke.«
»Im ›Iron‹ kellnern musst du heute Abend ja wohl nicht, oder?«, fragte Maline.
»Natürlich nicht, die Mädels sind echt nett. Sie haben meine Schicht für die ganze Woche übernommen.« Lâle folgte Maline zur Treppe. »Aber was hat das denn mit den gestohlenen Ausweisen auf sich? Eine meiner Chefinnen hat mir eben am Telefon erzählt, dass Kollegen von dir Befragungen in sämtlichen Szenekneipen durchführen. Was hat das zu bedeuten?«
»Sorry, aber zu laufenden Ermittlungen kann ich nichts sagen.«
Inzwischen gab es einige Anzeigen zu diesem Thema, die Liste der Bestohlenen wurde immer länger. Die Sache mit den Schlössern auf der Hohenzollernbrücke ließ sich hingegen nicht mit den Taten in Zusammenhang bringen. Keiner der Getöteten hatte eins an der Brücke angebracht. Lediglich bei Cesare Salviati und seinem Partner bestand die Möglichkeit, aber das ließ sich schwer ermitteln. Ihr Freund Viktor konnte dazu jedenfalls keine Angaben machen.
»Habt ihr im ›Iron‹ denn vermehrte Diebstähle?«, fragte Maline.
»Das kommt immer wieder vor, aber einen Anstieg gab es bei uns in letzter Zeit nicht.«
Als sie die letzten Stufen hochstieg, blieb Maline wie angewurzelt auf dem Treppenabsatz stehen. An der Tür zum Gästezimmer klebte ein gelbes Post-it. Kopfschüttelnd ging sie näher. Offensichtlich hatte Friedas Freund ihnen
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