Blutlinien - Koeln Krimi
gesucht, dabei lief ich in ihrem Schatten. Ich muss sagen, das ist ein besonderer Nervenkitzel gewesen, auch wenn dieser Effekt Zufall war.
Am heutigen Tag beende ich meine Mission in Köln fürs Erste, aber ich werde wiederkommen. Besondere Brutstätten müssen mit Regelmäßigkeit aufgesucht werden.
Ich werde keine Risiken eingehen beim Reinigen dieser vorerst letzten Linie.
Sie hält sich für unverwundbar, dabei ist sie nur zwei Stiche vom Tod entfernt, der Endlichkeit so nah.
Diesmal ist die Distanz zum Fluss erheblich, trotzdem trage ich einen Neopren unter meinem Mantel. Der Anzug ist neu, den alten musste ich sozusagen ausrangieren. Ich schleiche ums Haus, setze die enge Kapuze des Tauchanzugs auf und streife die Sturmmaske darüber. Ohne Hast hole ich den Schlüssel unter der Gießkanne hervor und lasse mir Zeit beim Öffnen der Terrassentür.
Köln-Ehrenfeld, Takustraße
Lou fand die richtige Klingel sofort und schellte bei »C. Kohlmann«. Ihr wurde flau im Magen.
Keine Reaktion. Dafür steckte eine Nachbarin den Kopf aus der Tür gegenüber hervor. »Da ist niemand.«
Blutrote Lippen. Kupferhaut. Blicke, die Lou taxierten. Abschätzend. Hübsch. Die Frau schien sich ihrer Wirkung bewusst, das spürte Lou sofort und fühlte sich deplatziert. Das Krankenhaus dünstete aus ihren Poren, und sie kam sich bescheuert vor, wie sie dastand, mit dem ausgestreckten Arm und dem Verband um die Stirn. Zerzaust. Ungeschminkt.
»Kennen Sie Clemens Kohlmann?« Lou presste die Worte hervor.
Abschätzende Blicke, jetzt von beiden Seiten.
»So weit würde ich nicht gehen«, flötete die Nachbarin. »Der Typ ist nicht sehr gesprächig, aber süß.«
Lou kramte ihr Handy hervor. Sie hatte den Schnappschuss neulich beim Italiener geschossen. Clemens war nicht besonders gut getroffen, aber zu erkennen.
Eine gefühlte Ewigkeit versank die Frau in der Fotografie auf dem Display.
»Das ist er.« Schokoaugen blitzten. »Und Sie sind?«
»Das spielt keine Rolle.« Lou hatte genug erfahren, machte auf dem Absatz kehrt und lief die Treppe hinab.
Auf dem Bürgersteig schnappte sie nach Luft. »Clemens Kohlmann, du bist ein verdammt blödes Arschloch!«
Köln-Nippes, Gustav-Nachtigal-Straße
Die Eieruhr klingelte. Lâle schreckte hoch. Der Duft des Gemüseauflaufs hing in der Luft. Comedy im Fernsehen. Gleich dreiundzwanzig Uhr. Wo blieb Maline?
Schwerfällig erhob sie sich vom Sofa und nahm ein Smartphone vom Tisch. Gehend bemerkte sie, dass sie Malines Telefon in der Hand hielt. Shit. Die Dinger sahen sich aber auch zum Verwechseln ähnlich. Sie schob es in die tiefe Tasche der Jogginghose und steuerte schlaftrunken durch die Küche auf die Tür der Gästetoilette zu.
Für den Bruchteil einer Sekunde registrierte sie eine schnelle Bewegung am Rand ihres Sichtfeldes. Jemand machte sich an der Tür zum Garten zu schaffen.
»Maline?« Keine Antwort. »Frieda, Wilson?«
Nichts. Stille.
Sofort war Lâle hellwach. Sämtliche Alarmlampen glühten.
Blitzschnell maß sie Entfernungen. Die Haustür? Zu weit. Entschlossen ließ sie das Gäste- WC links liegen, riss stattdessen die Kellertür auf und lief die wenigen Stufen hinab.
Bei der kurzen Hausbegehung vorhin hatte Maline ihr einen winzigen Trockenraum gezeigt. Beim zweiten Anlauf fand sie die richtige Tür und huschte hinein. Völlige Dunkelheit umfing sie. Ihre Hand tastete nach dem Schloss.
Kein Schlüssel.
Ihre Gedanken überschlugen sich.
Anderer Raum. Weitersuchen. Vielleicht gibt es noch etwas zum Verschließen.
Schritte.
Keine Zeit. Bleib, wo du bist.
Leise schloss Lâle die Tür, tastete sich vorwärts und verbarg sich in einem schmalen Hohlraum zwischen Waschmaschine und Wand.
Köln-Ehrenfeld, Takustraße
»Lou?« Eine Stimme, aufgeregt, flüsternd, den Tränen nah. »Hier ist Lâle. Ich rufe von Malines Handy an, meins liegt … deine Nummer ist gespeichert …«
»Lâle? Ich verstehe dich kaum.«
»Ich kann nicht lauter sprechen. Hier ist jemand …«
»Wo bist du?«
»In deinem Haus! Ich hab schreckliche Angst. Lou … hallo …?«
Das Gespräch brach ab.
Lou reagierte sofort, hielt ein Taxi an und riss die Beifahrertür auf. »Gustav-Nachtigal-Straße in Nippes, nehmen Sie die Innere Kanalstraße. Und geben Sie Gas!«
Der Fahrer wendete, trat das Pedal durch und raste die Subbelrather Straße stadteinwärts.
Hastig drückte Lou Malines Handynummer. Freizeichen, aber sie nahm das Gespräch nicht an.
Lou wählte die 110. »Ich bin eine
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