Blutlinien - Koeln Krimi
zwischendurch einen Besuch abgestattet. Wilson und Frieda übernachteten zwar in Marialinden, aber der Junge musste zur Arbeit nach Köln. Vielleicht hatte er sich ein paar vergessene Sachen geholt.
Maline nahm den Zettel von der Tür.
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»Interessant«, sagte Lâle, die Maline über die Schulter sah. »Da ist wohl jemand sauer auf dich.«
»Wieso?«, fragte Maline und hängte den Zettel zurück.
»Weil dieses Emoticon für ›sehr verärgert‹ steht.«
Wilson. Sie hatte den Jungen wohl mehr verärgert, als sie gedacht hatte.
»Der Auflauf ist im Ofen«, sagte Maline, als Lâle eine halbe Stunde später frisch gebadet in die Küche kam. »Meinst du, ich kann dich einen Moment allein lassen? Ich möchte schnell zu Michel rübergehen und meine Fotosammlung vom Dachboden holen. Mein Vater ist ganz verrückt danach. Morgen früh will ich ihn endlich besuchen und sie mit ihm zusammen ansehen.«
Lâle fühlte, wie die Anspannung der vergangenen Tage von ihr abfiel.
»Klar, geh ruhig. Ich lege mich aufs Sofa und lasse mich von der Glotze berieseln.«
»Aber ich gehe nur, wenn es wirklich okay für dich ist.«
»Alles ist gut«, gähnte Lâle.
Maline legte eine flauschige Decke über sie und machte den Fernseher an. »Du kannst auch mitkommen.«
»Ich bin zu müde.«
»Okay. Wenn du was brauchst, ein Bier, Mineralwasser oder so was, findest du alles im Keller neben dem Heizungsraum. Das hatte ich dir ja vorhin gezeigt. Und vergiss den Auflauf nicht, die Eieruhr klingelt, wenn er fertig ist.«
»Ist gut. Beeilst du dich?«
»Bin schon weg.«
Lâle hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel.
Allein. Ruhe.
Sie stand auf, kochte Tee und schaltete zum »heute journal« um. Ohne echtes Interesse folgte sie Gundula Gause einige Minuten durchs Weltgeschehen. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Ihre Gedanken waren bei Dana. Ihr Traum fiel ihr wieder ein. Maden. Dana auf dem Grund des Rheins. Vorahnung. Sie hatte gespürt, dass sich Dana in Lebensgefahr befunden hatte.
Müdigkeit überfiel sie, und es dauerte nicht lange, bis ihre Lider schwer wurden. Harte Tage und kurze Nächte lagen hinter ihr, deshalb wehrte sie sich nicht gegen den Schlaf. Mit der melodischen Stimme der Nachrichtensprecherin im Hintergrund glitt sie in hoffentlich wohltuende Träume.
Köln-Kalk, Evangelisches Krankenhaus, Buchforststraße
Lou war kein Mensch, der Konflikte aufschob. Sie wollte mit Clemens sprechen, und da er sich an diesem Tag nicht hatte blicken lassen, blieb ihr nur eine Wahl: Sie musste nach Köln-Ehrenfeld, ihn am besten in seiner Wohnung mit seinen Lügen konfrontieren und somit jede Gelegenheit für Ausflüchte zunichtemachen.
Dazu musste sie für zwei Stunden aus dem Krankenhaus verschwinden. Erfahrungsgemäß zeigte sich die Nachtschwester im Laufe des Abends nur einmal, und Lou konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Fehlen bemerkt wurde.
Mit einem Arm dauerte es etwas, bis sie ihre Joggingsachen gegen Jeans und Pullover getauscht hatte. Eine weitere Ewigkeit verstrich, bis der hell erleuchtete Flur leer und einsam vor ihr lag. Unbemerkt schlich sie zum Treppenhaus. Den Fahrstuhl mied sie lieber, eilte die Stufen hinab, an der Lobby vorbei zum Taxistand.
»In die Takustraße nach Ehrenfeld bitte«, sagte sie und ließ sich auf den Rücksitz fallen.
Keine fünf Minuten später schoss das Taxi über die Zoobrücke. Lou warf nur einen flüchtigen Blick auf das nächtliche Panorama. Rechts das AXA -Hochhaus, auf der anderen Seite der beleuchtete Dom, davor das blaue Musicalzelt. Ihre nervöse Unruhe machte Platz für Entschlossenheit. Sie konnte es kaum erwarten, Clemens gegenüberzustehen.
Köln-Nippes, Neusser Straße
Maline öffnete die Haustür mit dem eigenen Schlüssel, stieg die Stufen hinauf und drückte auf den Klingelknopf ihrer ehemaligen Wohnungstür. Hannas Worte kamen ihr in den Sinn. Dann gehst du eben kurz in die Wohnung. Michel hat nichts zu verbergen.
Maline klingelte noch einmal. Ohne weiter darüber nachzudenken, steckte sie ihren Wohnungsschlüssel ins Schloss.
* * *
Der Fernseher läuft. Ich kann eine Gestalt auf der Couch liegen sehen, eine dunkle Silhouette unter einer Decke im Licht der Mattscheibe. Der Junge und die Kleine sind nicht da. Gut so, gegen die Kinder habe ich nichts.
Sie ist es, die ich will.
Nur noch wenige Schritte. Sie ist ein guter Fang, ein würdiger Abschluss in dieser Stadt. In gewisser Weise erheitert mich die Situation. Gejagt hat sie mich, nach mir
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