Blutlust
Gefühl.« Sie schnurrte. »Du hast übrigens wunderschöne Lippen.«
Ich räusperte mich verlegen.
»Hattest du etwa noch nie etwas mit einer anderen Frau?«, fragte Carla ungläubig und schaute mich dabei über ihre Tasse hinweg direkter und forschender an, als mir lieb war.
»Nein«, sagte ich wahrheitsgemäß und war mir nicht sicher, ob ich die Richtung, die das Gespräch gerade nahm, mochte.
»Aber vorgestellt hast du es dir bestimmt schon«, sagte sie und zwinkerte mir zu. »Weiche Nippel, die schön hart werden, wenn man an ihnen schleckt … eine kleine geschickte Frauenzunge an der Klit … Na komm, sag schon.«
»Ich?«, begann ich. »Nie…«
»Nicht lügen«, sagte sie mir auf den Kopf zu und lehnte sich in ihrem Sessel zurück, ohne mich eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
»Warum willst du das wissen?«, wich ich aus.
Sie beugte sich wieder vor und legte ihre Hand auf meine. »Wenn wir Freundinnen werden wollen, Sinna, müssen wir ehrlich zueinander sein. So, wie ich gerade absolut ehrlich zu dir bin und dir, auch wenn es mir ein wenig schwerfällt, zu erklären versuche, warum ich im Park so ungeschickt und unhöflich war, wie ich war.«
»Hm«, sagte ich. »Also gut. Natürlich habe ich mir das schon vorgestellt. Welche Frau tut das nicht?«
»Siehst du?«, lächelte sie, und es war weniger triumphierend als kameradschaftlich. So, als würden wir jetzt ein Geheimnis teilen. »Dachte ich es mir doch. Und war es schön?«
Ich grinste. »Ich stell mir nur schöne Sachen vor, wenn ich … Du weißt schon.«
»Und wenn du es erst einmal auch real ausprobiert hast, willst du es immer wieder. Das verspreche ich dir.«
»Werde ich nicht. Es real ausprobieren, meine ich.«
»Wirst du«, widersprach sie.
»Werde ich nicht.«
»Wirst du wohl.«
Wir klangen beide kindisch verspielt.
»Flirtest du gerade mit mir?«, fragte ich – aber der Argwohn in meiner Stimme war nur aufgesetzt.
»Blitzmerker.« Jetzt wurde doch tatsächlich sie rot. Sie holte tief Luft und atmete dann wieder lange aus.
»Das ist der zweite Grund, warum ich im Park so schnippisch war: dass Max dich vor mir entdeckt hat. Ich konnte schon auf der Party die Augen kaum von dir lassen.«
Jetzt verstand ich, warum sie mich im ›Kitty‹ von ihrem Thron aus so fixiert hatte und pfiff zwischen den Zähnen hindurch. »Wow!«
Sie zuckte mit den Achseln. »Ich steh auf dich. Das ist ja hoffentlich nichts Schlimmes. … Oder?« Sie klang schon ein wenig unsicher.
»Nein«, sagte ich. »Das ist nichts Schlimmes.«
Ihr darauffolgendes erleichtertes Lächeln war mir aber eine Spur zu hoffnungsfroh.
»Solange du dir davon nichts versprichst, was niemals passieren wird«, sagte ich so nett und warmherzig, wie ich nur konnte, um meine Ablehnung nicht wie eine gefühlskalte Abfuhr klingen zu lassen und meinen Standpunkt trotzdem deutlich zu machen.
»Man soll nie ›nie‹ sagen.« Und jetzt erst sah ich außer dem Fünkchen Hoffnung auch das tiefe Verlangen in ihren Augen. Es war ein gieriges, aber auch ein freundliches Verlangen. Ein mit ihren wunderschönen Augen ausgesprochenes Kompliment.
»Und was Max betrifft«, sagte sie dann. »Ich weiß, das mag jetzt klingen, als spräche die Eifersucht aus mir. Aber ich muss dich vor ihm warnen.«
»Warnen?« Ich zog die Mundwinkel nach unten. »Ich habe jetzt erst einmal genug von all den Leuten, die mich vor irgendwas warnen wollen, Carla. Ich bin ein erwachsenes Mädchen. Ich weiß, was ich tue.«
»Bist du dir sicher?«
Ich schaute sie empört an.
»Nein, nein«, wehrte sie peinlich berührt ab. »Das kam jetzt anders heraus, als ich es gemeint habe.«
»Was hast du denn gemeint?« Ihre Verlegenheit besänftigte mich wieder ein wenig.
»Max hat seltsame Vorlieben«, sagte sie. »Um es gelinde auszudrücken.«
»Seltsame Vorlieben?«
»Hm … er mag es gerne rau.«
Ich grinste. »Ich auch.«
Carla grinste zurück. »Das glaube ich.«
Sie leckte sich die Lippen.
»Aber …« Sie zögerte. »Aber … das ist es nicht, was ich meine … Max ist anders. Er ist …«
»Er ist was?«
Sie drehte verlegen den Kopf weg … und ihr eben noch weiches Gesicht wurde plötzlich hart. Ich folgte ihrem Blick. Im linken Eingang des Cafés stand die irre Prophetin mit dem zerschlissenen Kleid.
Sie starrte uns an.
»Die Irre«, sagte ich.
»Sandra«, sagte Carla ernst. »Ihr Name ist Sandra.« Dann schaute sie auf die Uhr. »Ich muss jetzt los, Sinna.« Sie stand auf und wirkte
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