Blutlust
DiBuono«, sagte ich. »Und sagen Sie bitte auch Detective O’Keefe noch einmal danke von mir.«
Er nickte mir zu und ging.
– Kapitel 14 –
Abschied
Ich fuhr mit der U-Bahn zum Washington Square Park.
Wenn Sandra die Killerin war, gab es keinen Grund mehr, Max zu fürchten. Im Gegenteil – ich hatte das Gefühl, mich bei ihm dafür entschuldigen zu müssen, dass ich ihn überhaupt verdächtigt hatte … dass ich ihm nicht vertraut und den Anschuldigungen wildfremder Menschen geglaubt hatte.
Er hatte mir nie etwas getan – nur das Gefühl gegeben, jemand ganz Besonderes zu sein, und mir den besten Sex meines Lebens geschenkt. Daran änderte auch die Entdeckung der Folterkammer nichts. Sie war ein Spielzimmer, mehr nicht. Zugegebenermaßen ein extrem makabres, aber eben nur ein Spielzimmer.
Nachdem, was ich im ›Kitty‹ erlebt hatte, war ich sicher, dass Carla mit ihren Behauptungen und Unterstellungen gelogen hatte. Immerhin hatte sie selbst zugegeben, mich ausgetrickst und manipuliert zu haben – nur um mich Max wegzunehmen und sich an ihm zu rächen.
Die Narben an ihrem Hals waren sehr viel wahrscheinlicher von Cyrus und Caligula als von Max.
Trotzdem würde ich New York verlassen.
Zu viele schlechte Erinnerungen.
Auch der Schatten, den ich selbst durch meine Zweifel auf die Beziehung zu Max geworfen hatte, würde auf die eine oder andere Art immer bleiben. Selbst wenn er mir verzieh, ich selbst würde mir nicht verzeihen können. Und auch wenn die Folterkammer sich als eigentlich vollkommen harmlos und in keinem Zusammenhang mit den Morden stehend herausgestellt hatte, war das, was sie symbolisierte, einfach nicht meine Welt.
Ich hatte mit ihm erfahren, dass ich rauen Sex liebte; dass in mir Wildes und Animalisches schlummerte, das jedoch einen gewissen Rahmen brauchte, um auszubrechen und mich hemmungslos sein zu lassen. Dieser Rahmen war gezimmert aus Angst, die ich in Lust verwandeln konnte, um mich über sie zu erheben, und einer Aura des Düsteren, der Gefahr, des Mystischen, die die kühl überlegende Wissenschaftlerin in mir zum Schweigen brachte und damit freie Bahn schuf für das Ausleben meiner Instinkte und Triebe.
Der Mythos, Max sei vielleicht ein Vampir, war dazu wie geschaffen – die Erkenntnis aber, dass er für diesen Mythos Folterinstrumente brauchte und sogar Bilder fälschte, um Unsterblichkeit vorzutäuschen, zerstörte diesen Rahmen. Das war wie bei einem Bühnenzauber: wenn man den Trick erst mal durchschaut hatte, war der Reiz verloren.
Aber ich schuldete ihm wenigstens einen Abschied. Und auch eine Erklärung, warum ich ging.
Ich verließ die U-Bahn und ging in den Park.
Stiller noch als sonst lag er vor mir. Die Öffentlichkeit wusste noch nichts von Sandra und ihrem Ende, und der Park war in den Nachrichten mit den Morden in Verbindung gebracht worden.
Kein Wunder, dass er jetzt so leer war.
Wie üblich stand der Nebel vom Hudson dicht zwischen den Bäumen, und die wenigen Laternen erschienen mit ihrem schwachen Licht wie im Flug erstarrte Glühwürmchen.
Auf Max’ Karte hatten weder eine Uhrzeit noch ein genauer Treffpunkt gestanden, doch ich hatte das Gefühl, dass er schon hier war und wie bei unserem ersten Treffen hier bei der alten Eiche im Zentrum auf mich wartete.
Es war, als könnte ich seine Anwesenheit förmlich spüren.
Überhaupt waren meine Sinne schärfer als sonst.
Ich konnte die sich zum Schlaf geschlossenen Blüten der Bäume riechen und auch ihr Harz, wo Lovers ihre Initialen in die Rinde geschnitzt hatten; die von Regenwürmern gelockerte Erde und das feuchte Moos zwischen den Sträuchern. Eine Maus raschelte eilig durchs Gras, und etwas Größeres schlich auf samtig weichen Pfoten hinter ihr her. Trotz des Nebels konnte ich über einhundert Fuß weit sehen, und die Luft schmeckte nach dem Sauerstoff, den die Pflanzen ausatmeten, und auch ganz leicht nach dem Diesel der Schiffsmotoren auf dem nahen Fluss.
Ich fühlte mich lebendiger als jemals zuvor – kaum zu glauben, dass ich vor weniger als 24 Stunden von einem Geländewagen angefahren worden war.
Dann roch ich plötzlich auch Max. Sein Duft nach Sandelholz und Moos lag in der Luft wie eine Spur. Ich schnupperte, um herauszufinden, in welcher Richtung die Witterung deutlicher wurde, und ging ihr dann nach.
Sie führte mich tatsächlich zu der alten Eiche.
Als dunkler Schemen stand er finster und still neben dem Baum. Sein langer Ledermantel umhüllte ihn wie ein Tarnumhang. Sein
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