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Blutlust

Blutlust

Titel: Blutlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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Innenschneide war nicht glattgeschliffen, sondern eher zackig wie bei einer Säge.
    »Die dürfte zu den Wunden von Miss Warner passen – auch zu denen der beiden, die wir aus dem Fluss gefischt haben.«
    »Danke, dass Sie mir das Leben gerettet haben«, sagte ich und meinte es auch so. »Nur eine oder zwei Sekunden später …« Ich wagte nicht, den Gedanken weiterzuspinnen oder auszusprechen.
    »Nichts zu danken.« Er verzog seine schmalen Lippen zu einem schwachen Lächeln. »Ich bin immer froh, wenn wir Morde nicht nur aufklären, sondern auch verhindern. Passiert viel zu selten.«
    Er betrachtete mich lange und eingehend – und ich fühlte, dass er noch etwas auf dem Herzen hatte.
    »Was ist, Sergeant?«, fragte ich deshalb.
    »Was können Sie uns zu ihrem Motiv sagen?«
    Den Grund, den sie angegeben hatte, mich töten zu wollen, konnte ich ihm unmöglich nennen. Ich dachte an Jane und daran, dass sie drei Jahre in der geschlossenen Anstalt einer psychiatrischen Klinik gesessen hatte, weil sie erzählt hatte, dass ihre Eltern und ihre Schwester von einem Vampir getötet worden waren. Deshalb zuckte ich mit den Schultern.
    »Ich habe keine Ahnung, Sergeant.«
    »Sie hat nichts gesagt?«
    »Sie hat nur Unfug geredet.«
    »Erzählen Sie es mir.« Offenbar kam ich aus der Sache doch nicht so leicht heraus, wie ich mir gewünscht hätte. Aber belügen wollte ich ihn auch nicht. Ich kaute noch zu schwer an der Lüge wegen Max’ Alibi. Und außerdem, er und sein Kollege hatten mir das Leben gerettet.
    »Sie wollte die Welt beschützen.«
    »Wovor?«
    »Sie werden mich auslachen«, sagte ich. »Aber ich wiederhole nur, was sie gesagt hat.«
    »Nur immer raus damit, Miss Saint. Ich habe im Verlauf meiner Karriere schon die seltsamsten Geschichten gehört. Vertrauen Sie mir.«
    »Also gut«, sagte ich und holte tief Luft. »Sie war felsenfest davon überzeugt, ja geradezu besessen von dem Gedanken, dass es hier und heute unter uns Vampire gibt.«
    Er zog überrascht die dunklen Augenbrauen nach oben.
    »Vampire?«
    »Ja«, bestätigte ich.
    Er pfiff durch die Zähne.
    »Und sie glaubte, Sie seien einer dieser Vampire?«
    Ich nickte. »Ja. Und sie glaubte außerdem daran, dass Vampire heimlich unsere Welt beherrschen. Dass sie Schlüsselpositionen in Politik und Wirtschaft besetzt haben. Sie betrachtete es als ihre Aufgabe, sie zu vernichten und andere davor zu bewahren, von ihnen gebissen und zu einem der ihren gemacht zu werden.«
    »Aber dann glaubte sie doch dasselbe wie die ›Beschützer‹.«
    »Sie wissen von der … äh … sagen wir ›Mission‹ der Opfer?«, fragte ich.
    »Miss Warner hat es uns erzählt, als sie die Morde im Park gemeldet hat«, sagte er. »Machte sie nicht gerade vertrauenswürdiger. Trotzdem wünschte ich, ich hätte ihr wenigstens so weit geglaubt, sie in Schutzhaft zu nehmen. Ich hätte ihren Tod verhindern können.«
    »Deswegen dürfen Sie sich keine Vorwürfe machen«, sagte ich, als ich sah, wie schwer ihm das zu schaffen machte. »Wer glaubt eine solch irre Geschichte schon?«
    »Da haben Sie wohl recht.«
    Er stand auf. »Aber irgendwie macht das auch innerhalb dieses Phantasiekonstrukts keinen Sinn.« Er deutete auf das zersplitterte Fenster.
    »Was meinen Sie?«
    »Eine Frau, die Vampire bekämpfen will, tötet ausgerechnet die, die sie auch bekämpfen.«
    »Ich sagte ja, ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht«, sagte ich wahrheitsgemäß. Die gleiche Frage hatte ich mir ebenfalls schon gestellt und keine befriedigende Antwort darauf gefunden.
    »Vielleicht waren sie früher Freunde – auf ein und derselben Seite schienen sie ja zu stehen«, grübelte der Sergeant. »Und dann kam es vielleicht zu einem Streit. Zur Rivalität unter eigentlich Gleichgesinnten. Wie bei den Katholiken und den Protestanten. Derselbe Gott, derselbe Glaube … und gerade deshalb die größten Feinde.«
    »Vielleicht«, murmelte ich.
    »Es scheint Sie nicht besonders zu interessieren.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich gehe morgen von hier weg. Und dann hoffe ich, nie wieder etwas davon zu hören.«
    »Kann ich verstehen«, sagte er. »Nicht der beste Eindruck, den Sie in den wenigen Tagen von New York bekommen haben.«
    Ich lachte humorlos. »Definitiv nicht.«
    Er seufzte. Ich sah ihm an, dass er sich persönlich die Schuld daran gab, nicht ausreichend dafür sorgen zu können, dass jeder seine Stadt so sehr liebte wie er selbst.
    »Dann leben Sie wohl, Miss Saint.«
    »Sie auch, Sergeant

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