Blutmagie
schien es, als würden sie immer noch oben spielen, aber die Spiele waren komplizierter geworden und unterlagen nicht mehr voll ihrer Kontrolle.
Kisten suchte ihren Blick und in den blauen Tiefen standen Erinnerungen. »Dornröschen«, sagte er und Ivy nickte. So hatten sie die Leiche genannt. Als sie die Lammhälfte wieder nach hinten schob, so dass sie die Leiche teilweise verdeckte, fühlte sie sich wie ein kleines Mädchen, das einen zerbrochenen Teller versteckt.
Ihr war nicht nur von den Temperaturen kalt, als sie Kisten aus dem Kühlraum folgte, den Karton aus dem Weg schob und sich dann von außen gegen die Tür lehnte. Ihr Blick wanderte zu der Uhr neben der Tür zum Restaurant. »Ich kümmere mich um das Wohnzimmer und die Treppe, wenn du den Aufzug übernimmst«, sagte sie, weil sie Piscary nicht begegnen wollte. Er würde nicht wütend auf sie sein, weil sie Kisten half. Nein, er würde
sich so darüber amüsieren, dass sie Art wieder hingehalten hatte, dass er sie in sein Bett einladen würde, und sie würde ihm zitternd folgen und Kisten und was sie gerade getan hatten völlig vergessen. Gott, sie hasste sich selbst.
Kisten griff nach dem Mob, und sie fügte hinzu: »Benutz einen neuen Wischkopf und mach den alten wieder drauf, wenn du fertig bist. Wir werden ihn zusammen mit dem Teppich verbrennen müssen.«
»Okay«, sagte er, biss die Zähne zusammen und lief leicht rot an. Während Kisten einen Eimer füllte, mischte Ivy eine neue Ladung von dem Spray an, mit dem sie die Restauranttische abwischten. Verdünnt entfernte es die Reste der Vamp-Pheromone, aber unverdünnt zersetzte es die Blutenzyme, die bei den meisten anderen Putzmitteln zurückblieben. Vielleicht war das ein wenig übertrieben, aber sie war ein vorsichtiges Mädchen.
Es war unwahrscheinlich, dass man die Spuren der Frau hierherverfolgen würde, aber es ging auch nicht so sehr darum, ihre Gegenwart vor schnüffelnden I.S.- oder FIB-Agenten zu verstecken als vielmehr darum, zu vermeiden, dass das Restaurant nach anderem Blut als dem von ihr und Kisten roch. Das würde zu Fragen führen, ob gegen die Auflagen für die Lizenz für gemischtes Publikum – oder LGP – verstoßen worden war. Ivy nahm nicht an, dass es gut ankommen würde, zu sagen, dass im Restaurant niemand getötet worden war, sondern nur Piscary in seiner Privatwohnung jemanden ausgesaugt hatte und man sich deswegen keine Sorgen um die LGP-Bestimmungen machen musste. Nach dem Ärger, den Piscary gehabt hatte, bis seine LGP neu erteilt wurde, nachdem irgendein dämlicher Tiermensch auf Brimstone eine blutende
Wunde verursacht hatte, ging Ivy davon aus, dass er lieber nach einem Gerichtsverfahren in den Knast wandern würde, als seine LGP nochmal zu verlieren. Aber hauptsächlich machte Ivy so gründlich sauber, weil sie nicht wollte, dass ihre Wohnung nach irgendwem anders roch als ihr und Kisten.
Ihre Gedanken ließen ihren Blick wieder zu ihm wandern. Er sah nett aus, wie er da über den Eimer gebeugt stand und sein Pony feucht wurde, weil das Wasser hochspritzte.
Er war sich ihrer Musterung offensichtlich nicht bewusst und drehte das Wasser ab. »Ich bin so ein Esel«, sagte er, den Blick auf den Eimer gerichtet.
»Das mag ich an dir«, erwiderte sie und machte sich Sorgen, dass er sich jetzt unzulänglich fühlte, weil sie die Sache an sich gerissen hatte.
»Bin ich wirklich.« Er sah nicht auf, und seine Hände umklammerten den Rand des Plastikeimers. »Ich bin erstarrt. Ich habe mir solche Sorgen darum gemacht, was du sagen würdest, wenn du nach Hause kommst und mich mit einem toten Mädchen findest, dass ich nicht mehr denken konnte.«
Sie nahm seine Worte als Kompliment, lächelte und suchte in einer Schublade nach einem neuen Mob. »Ich wusste, dass du sie nicht umgebracht hast. Piscary war überall an ihr.«
»Verdammt nochmal, Ivy!«, rief Kisten und schlug mit der Hand nach dem Wasserhahn. Metall krachte. »Ich sollte besser sein! Ich bin sein verdammter Nachkomme!«
Ivy ließ die Schultern hängen. Sie schloss die Schublade, ging zu ihm und legte ihm die Hände auf die Schultern.
Sie waren angespannt, und er reagierte nicht auf ihre Berührung. Sie drückte sich an ihn und legte ihre Wange an seinen Rücken, wobei sie Reste seiner Angst riechen konnte und das Blut der Frau. Tod und Blut turnten einen Vampir nicht an. Angst und die Chance, Blut zu nehmen, sehr wohl. Es gab einen Unterschied.
Sie schob ihre Hände nach vorne auf seinen Bauch,
Weitere Kostenlose Bücher