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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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die Woche nach der Beerdigung meines Vaters. Dominic war in unserer Garage und sah sich den Wagen meiner Mutter an. Er sagte, sie würde ihn ja nicht mehr brauchen, also könnte er ihn doch haben.« Lily senkte die Stimme zu einem angespannten Flüstern. »Da habe ich ihm gesagt, dass ich Bescheid wusste. Ich wusste, dass er sie alle getötet hatte.«
    »Woher wussten Sie das?«
    »Weil ich sein Notizbuch gefunden hatte. Er bewahrte es unter seiner Matratze auf.«
    »Was stand in diesem Notizbuch?«
    »Alles Mögliche über uns. Seitenweise Aufzeichnungen über die langweiligen Sauls. Was wir jeden Tag machten, was wir miteinander redeten. Er hatte sich notiert, welchen Weg Teddy immer nahm, wenn er zum See hinunterging. Was für Tabletten wir im Badschrank aufbewahrten. Was wir zum Früh stück aßen, wie wir uns gute Nacht sagten.« Sie hielt inne. Schluckte. »Und er wusste, wo mein Vater den Schlüssel zu seinem Waffenschrank aufbewahrte.« Sie sah Jane an. »Er war wie ein Forscher, der uns studierte. Und wir waren nur seine Laborratten.«
    »Hat er in dem Notizbuch ausdrücklich geschrieben, dass er Ihre Familie getötet hatte?«
    Sie zögerte. »Nein. Sein letzter Eintrag war vom achten August, dem Tag, an dem Teddy …« Sie brach ab. »Er war klug genug, nichts darüber zu schreiben.«
    »Wo ist das Notizbuch jetzt? Haben Sie es noch?«
    »Ich habe es verbrannt. Zusammen mit all seinen anderen Büchern. Ich konnte ihren Anblick nicht mehr ertragen.«
    Lily wusste, was Janes Blick zu bedeuten hatte. Du hast die Beweise vernichtet. Wieso sollte ich dir glauben?
    »Okay«, sagte Jane. »Sie sagten, Sie hätten Dominic in der Garage gefunden und ihn dort zur Rede gestellt.«
    »Ich war so außer mir, dass ich nicht darüber nachgedacht habe, was passieren könnte.«
    »Und was ist passiert?«
    »Als ich ihm sagte, ich wüsste, was er getan hatte, starrte er mich einfach nur an. Keine Spur von Angst oder Schuldbewusstsein. ›Du kannst es nicht beweisen‹, sagte er.« Sie holte Luft und atmete langsam aus. »Und selbst wenn ich es hätte beweisen können - er war erst fünfzehn. Er wäre nicht ins Gefängnis gekommen. Oder wenn, dann nur für ein paar Jahre. Dann wäre er ein freier Mann gewesen, aber meine Familie wäre immer noch tot gewesen.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Ich habe ihn gefragt, warum er so etwas Furchtbares getan habe. Und wissen Sie, was er geantwortet hat?«
    »Was?«
    »›Du hättest netter zu mir sein sollen.‹ Das war seine Antwort. Mehr hatte er dazu nicht zu sagen. Dann hat er gelächelt und ist aus der Garage spaziert, als wäre nichts geschehen.« Sie machte eine Pause. »Und da habe ich es getan.«
    »Wie?«
    »Plötzlich hatte ich eine Schaufel in der Hand. Sie hatte dort an der Wand gelehnt. Ich erinnere mich nicht einmal mehr, nach ihr gegriffen zu haben. Ich spürte kaum das Gewicht. Es war - es war, als ob meine Arme jemand anderem gehörten. Er fiel hin, aber er war noch bei Bewusstsein, und er versuchte wegzukriechen.« Sie seufzte tief und fügte leise hinzu: »Also habe ich noch mal zugeschlagen.«
    Draußen war es still geworden. Das bitterkalte Wetter hatte die Fußgänger von den Straßen vertrieben, und nur dann und wann glitt ein Auto vorüber.
    »Und dann?«, fragte Jane.
    »Mein einziger Gedanke war, wie ich die Leiche loswerden könnte. Da habe ich ihn in das Auto meiner Mutter geschafft. Ich dachte mir, vielleicht könnte ich es wie einen Unfall aussehen lassen. Es war Nacht, da würde niemand etwas sehen. Ich fuhr mit dem Wagen zu diesem Steinbruch, ein paar Meilen außerhalb des Ortes. Dort habe ich ihn dann über den Rand ins Wasser geschoben. Ich rechnete damit, dass irgendjemand ihn früher oder später entdecken würde. Irgendjemand würde melden, dass da unten ein Auto lag.« Lily lachte ungläubig. »Aber es wurde nie gefunden. Können Sie sich das vorstellen?« Sie sah Jane an. »Niemand hat es je gefunden.«
    »Und danach haben Sie versucht, Ihr Leben in den Griff zu bekommen?«
    »Ich habe die High School abgeschlossen. Und dann bin ich aus Purity weggegangen, für immer. Ich wollte nicht da sein, wenn sie irgendwann seine Leiche fanden.«
    Einen Moment lang starrten sie einander nur an. Dann sagte Jane: »Ihnen ist bewusst, dass Sie gerade gestanden haben, Dominic Saul ermordet zu haben. Ich werde Sie in Haft nehmen müssen.«
    Lily verzog keine Miene. »Ich würde es wieder tun. Er hatte es verdient.«
    »Wer wusste davon? Wer wusste, dass Sie

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