Blutmond der Templer
überschwemmt.
Suko hatte sich soweit wieder fangen können, daß es ihm jetzt möglich war, auch ohne fremde Hilfe sicher auf den Beinen zu stehen. Doch die Kraft des Mondes erfüllte ihn nach wie vor und stoppte seine Reaktionen. Nur sein Gehirn arbeitete nach wie vor. Ein Vergleich kam ihn in den Sinn, als er die Gestalten in den roten Kreis eintauchen sah. Als würde man sie in einen glühenden Ofen schieben, dessen Hitze sie erfaßte und verbrannte.
Doch diese hier wurden nicht zu Asche. Sie blieben, was sie waren. Menschen, die lebten und bald den Gesetzen einer grausamen Zeit folgen würden.
Sie näherten sich dem Inspektor von allen Seiten gleichzeitig. Und sie behielten auch die Höhe bei. Nicht um einen Zentimeter senkten sich ihre Köpfe.
Suko bewegte sich nicht. Sein Blick war starr geworden. Er schielte dabei in die Tiefe, konnte in zwei Gesichter direkt hineinschauen, sah die anderen drei jedoch nicht, weil sie sich außerhalb seines Blickfeldes befanden. Noch geschah nichts, was ihm hätte gefährlich werden können, auch dann nicht, als die schwebenden Gestalten dicht vor ihm zur Ruhe kamen.
Vielleicht eine halbe Armlänge von ihm entfernt standen sie still. Ihre Hände langen noch immerauf den Körpern, ohne daß sich dort auch nur ein Finger bewegt hätte.
Die Stille war schlimm. Selbst Suko wagte es kaum, Luft zu holen. Einer umrundete den Blutmond. Es war Dragut, den nichts mehr auf seinem Platz hielt. Während er ging, hatte er die Arme angehoben. Aus seinem Mund drangen flüsternde Beschwörungsformeln, die Suko ebenfalls nicht verstehen konnte. Sie wehten durch die Opferstätte und erreichten die kahlen Steinwände, von wo sie als zischelnde Echos zurückflössen.
Grundlos redete er nicht in das rote Licht hinein. Er wollte die herbeilocken, die hier das Sagen hatten. Und sie kamen auch. Aus dem Nichts erschienen sie, wie ein plötzlicher Nebel, der sich in mehrere Teile aufgabelte. Die Geister des Urvolks. Bleiche Gestalten, wie Suko sie schon einmal aus dem Meer hatte kommen sehen. Durchscheinend und trotzdem existent. Sie hatten die geheimnisvollen Verstecke verlassen, wo sie gelauert hatten, und sie schälten sich immer deutlicher hervor.
Es waren besonders ihre Hände, die Eindruck auf Suko machten. Das Opfermesser aus Stein kannte er bereits. Nur erlebte er es jetzt in fünffacher Ausführung, denn gleich fünf Geister, ebenso viele wie die Templer, waren erschienen.
Fünf Geister, fünf Messer!
Geräuschlos schwebten sie näher, erreichten den Rand des Kreises und tauchten hinein.
Plötzlich verloren sie etwas von ihrem geisterhaften Flair, denn das rote Licht übergoß auch sie. Es war wie ein Schwamm, der sie aufsaugte und sie zeichnete.
Selbst die Opfermesser nahmen die Farbe des Blutes an, als sie gesenkt wurden und dort Platz fanden, wo die Templer ihre Hände hingelegt hatten. Es kam Suko so vor, als hätten sie einen nur für sie hörbaren Befehl bekommen, denn jetzt bewegten sie sich plötzlich. Nicht mit dem gesamten Körper, es waren nur mehr ihre Hände, die noch auf der Brust lagen.
Die Waffen schwebten ihren Händen entgegen. Finger schlossen sich um die Griffe.
Wenn Suko bis jetzt nicht gewußt hatte, was ihm bevorstand, so war jetzt alles klar.
Nicht die Geister des Urvolks sollten ihn töten, sondern che fünf Templer, die von der atlantischen Magie erfüllt waren und ihr nun gehorchten.
Sie hielten die Messer bereit. Noch wiesen die Klingen nach oben, als sollten sie irgendwo gegen die rötlich schimmernde Steindecke gestoßen werden. Das jedoch änderte sich in den nächsten Sekunden, als sie die Hände drehten und ihre Körper gleichzeitig die Bewegung mitmachten. Die Spitzen der Steinklingen wiesen nun in eine andere Richtung. Genau auf Sukos Hals!
Es gab keinen Ausweg für ihn. Vor ihm zielten zwei Messerauf ihn und drei hinter ihm.
Wenn die unter dem Einfluß stehenden Templer den Befehl bekamen, würden sie von fünf Seiten gleichzeitig zustechen. Für Suko bedeutete dies das Ende.
Aber Dragut, der Mann mit der roten Haut, war in seinem Element. Die große Stunde mußte er ausnutzen. Er konnte mit den Geistern der Vergangenheit spielen, sie gehorchten ihm, und ergab ihnen einen indirekten Befehl, indem er Suko ansprach.
»In drei Sekunden bist du tot!«
***
Das rote Licht war unser Wegweiser durch das Labyrinth der unterirdischen Grabkammern und Gänge.
Hatte es uns zuerst in seinen negativen Bann geschlagen, so kam es uns nun zugute.
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