Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
siebzehnten Jahrhundert, stammt angeblich aus einem französischen Schloss. Renate hat ihn bei irgendeinem Antiquitätenhändler aufgetrieben.«
»Toll«, sage ich wenig begeistert. Ich finde, man sollte alte Kamineinfassungen in alten Schlössern lassen, da, wo sie hingehören.
»Dort kannst du dann auch dein Kleid trocknen«, fügt er augenzwinkernd hinzu.
Auf meinen angewiderten Gesichtsausdruck reagiert er mit einem lauten Lachen und einem erneuten Übergriff auf meine linke Hand.
»Mein Gott, Pia, du bist ja immer noch so humorlos wie früher.«
»Und so schlagfertig«, sage ich und haue ihm auf die Finger.
6
Wilsberg inspiziert ein Hotelzimmer
»Für wen hältst du mich, Wilsberg?«, fragte Stürzenbecher.
Der Hauptkommissar betrachtete die Liste mit dem Blick einer Raubkatze, die so tut, als würde sie sich nicht für die junge Antilope am Wasserloch interessieren.
»Was sind das für Leute? Warum soll ich sie durch den Computer jagen?«
»Ich möchte nur wissen, ob einer von denen vorbestraft ist.«
»Das habe ich schon verstanden.« Stürzenbecher strich sich über die Krawatte, die über seinem Bauch baumelte. »Wenn ich für dich den Handlanger spielen soll, musst du ein bisschen mehr Fleisch an die Geschichte geben.«
»Geht nicht«, erwiderte ich.
Ich war mit der Gästeliste des Club Marquis zum Polizeipräsidium gefahren und hatte sie Hauptkommissar Stürzenbecher auf den Schreibtisch gelegt. Das war zwar gegen die Vereinbarung, die ich mit den Heuskens getroffen hatte, aber warum sollte ich mir die Ermittlungen unnötig schwer machen, wenn es auch einen einfachen Weg zum Jackpot gab. Vielleicht blinkte ja einer der Namen wie eine rote Warnleuchte auf.
Stürzenbecher runzelte die Stirn. Wir kannten uns seit zwei Jahrzehnten und mochten uns, obwohl das für Außenstehende manchmal nicht so aussah. Ich hatte ihm mindestens genauso oft geholfen wie er mir, das wussten wir beide, ohne darüber ein Wort verlieren zu müssen.
»Na schön.« Er stand auf und ging zu der Glastür, die ihn vom Fußvolk des für Gewaltverbrechen zuständigen Kommissariats trennte. »Brünstrup!«
Eine Frau mit Pferdeschwanz trabte heran.
Stürzenbecher gab ihr die Liste. »Checken Sie die Namen auf Vorstrafen!«
»In welcher Sache?«
»In gar keiner.«
Brünstrup öffnete den Mund zu einer weiteren Frage, doch da hatte Stürzenbecher die Tür schon wieder geschlossen.
»Willst du einen Kaffee?« Die Frage galt mir.
»Gerne.«
Der Hauptkommissar goss Kaffee aus einer Thermoskanne in zwei Becher und stellte sie zusammen mit einem Glas Milchpulver auf den Tisch. Trotz des Milchpulvers schmeckte der Kaffee wie fauliges Brackwasser.
»Da sind ein paar bekannte Namen darunter.« Er nahm einen Schluck, ohne die Miene zu verziehen. »Liest sich wie die Mitgliederliste eines Golfclubs.«
»Mit Hobby liegst du schon richtig, allerdings ist es etwas ausgefallener.«
Stürzenbecher schnaubte.
»Hör zu!«, sagte ich. »Sobald ich weiß, was da läuft, gebe ich dir Bescheid. Darauf hast du mein Wort.«
Fünf Minuten später brachte die Frau mit dem Pferdeschwanz das Ergebnis.
»Sieben Vorbestrafte«, fasste Stürzenbecher zusammen, »kein schlechter Schnitt. Zweimal Steuerhinterziehung, zweimal Betrug.«
»Hast du auch schwerere Straftaten im Angebot?«
»Ja. Ein Raoul Meyer ist wegen Rauschgiftschmuggel verurteilt worden.«
»Und was ist mit Körperverletzungen?«
Er schaute kurz hoch und musterte mich skeptisch. »Harald Wiesloch. Hat einen Mann, der ihm in den Wagen gefahren ist, krankenhausreif geschlagen.«
Auch das klang nicht sehr viel versprechend. »Und?«, fragte ich.
»Volker Wegener. Ist gegenüber einer Prostituierten, die er in sein Hotelzimmer bestellt hat, gewalttätig geworden.«
»Danke.« Ich stand auf und griff nach der Liste.
Stürzenbecher hielt das Blatt fest. »Körperverletzung ist kein Antragsdelikt, Wilsberg. Wenn du von einem Verbrechen weißt, musst du uns informieren.«
»Das Opfer will nicht mit der Polizei reden und hat die Sache vertuscht. Außerdem kann es den Täter nicht identifizieren.«
Ich zog ihm das Papier aus der Hand.
»Ich hoffe, du weißt, was du tust«, sagte Stürzenbecher.
Als ich im Auto saß, klingelte das Handy.
»Ich muss dich enttäuschen«, sagte Franka. »Der Porsche ist nur gemietet.« Sie nannte den Namen einer bundesweit operierenden Firma, die für ihre originelle Werbung bekannt war. »Anscheinend hatte die Frau vor, dich
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