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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Synapsen wie Piranhas nach einem blutigen Stück Fleisch. Wer könnte diese ominöse Frau sein? Kenne ich sie? Habe ich sie vielleicht schon einmal im Club Marquis gesehen? Doch spontan fällt mir niemand ein, der attraktiv genug wäre, um Jochens Interesse wecken zu können.
    Renate löst sich aus meiner Umarmung und kramt in den Taschen ihres Bademantels nach einem Tempo.
    »Davon abgesehen«, sagt sie, »hat er auch in der Firma Scheiße gebaut. Ich weiß nicht genau, was los ist. Aber es sind wohl größere Geldsummen verschwunden.«
    »Und das war Jochen?«, frage ich.
    »Das ist noch nicht ganz klar. Aber es sieht so aus, als würde er mit drinhängen. Das sagt zumindest mein Vater.«
    Armer Jochen, denke ich, über dem braut sich ja ein gewaltiges Unwetter zusammen.
    »Weiß Jochen, dass du dich scheiden lassen willst?«, frage ich nach einer Weile.
    Sie schüttelt den Kopf und putzt sich die Nase.
    »Ahnt er es?«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Gibt es einen Ehevertrag?«
    »Ja, sicher.«
    »Und wie sieht der aus?«
    Sie lächelt böse. »Für ihn nicht so gut.«
    »Das heißt, finanziell wird er nach einer Scheidung keine großen Sprünge mehr machen können.«
    »Nach der Scheidung ist Jochen ein armer Mann. Er bekommt gerade so viel, dass er nicht verhungert. Aber worauf genau willst du hinaus?«
    Ich könnte ihr von Jochens Siegelring erzählen. Aus einem mir unerfindlichen Grund tue ich es immer noch nicht. Irgendetwas in mir sträubt sich dagegen und ich weiß aus Erfahrung, dass ich auf solche Bauchgefühle hören sollte.
    »Es könnte doch sein«, sage ich, »dass Jochen es war, der dich beinahe umgebracht hat. Aus Angst, dass sein SM-Verhältnis herauskommt und du dich von ihm trennen könntest. Womöglich hat er sich ja die Verletzung am Kopf selbst beigebracht, um es wie einen Überfall aussehen zu lassen. Oder«, fällt mir da ein, »oder er hat jemanden beauftragt, dich zu töten. Und derjenige hat es dann aber nicht fertig gebracht. Weil ihm das Quälen und Streicheln«, ich hoffe, ich klinge bei dem Wort ›Streicheln‹ nicht zu sarkastisch, »mehr Spaß gemacht hat als erwartet. Vielleicht hat er sich ja auch ein bisschen in dich verknallt?«
    Da huscht ein winziges Lächeln über ihr Gesicht. So schnell, dass ich hinterher nicht mehr sicher bin, ob ich es mir nicht nur eingebildet habe.
    »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagt sie leise. »Ich traue Jochen ja viel zu. Aber das«, sie schüttelt den Kopf, »das nicht.«
    »Bist du dir sicher?«, frage ich.
    Sie wirft mir einen kurzen Blick zu. Und mir wird klar, dass ihr Verdrängungsprogramm mal wieder auf Hochtouren läuft.
     
    Beim Mittagessen bin ich allein. Und auch wenn Frau Hoffschulte so lieb war, mir schon wieder Rahmschnitzel mit Brechbohnen und Kartoffelpüree zu kochen, so fühle ich mich doch ziemlich unwohl. Renate hat sich nach unserem morgendlichen Gespräch in ihr Zimmer zurückgezogen und ist seither nicht wieder aufgetaucht. Und jetzt sitze ich an einem viel zu großen Tisch, in einem viel zu großen Zimmer und starre in einen viel zu großen Park. So ist das, denke ich. Bei den Reichen ist alles viel zu groß. Auch das Unglück.
    Nach dem opulenten Essen bin ich so müde, dass ich mich für eine Viertelstunde hinlege. Und was passiert? Drei Stunden später erwache ich aus dem Koma und fühle mich, als habe mir Frau Hoffschulte zwanzig Valium-Tabletten in das Kartoffelpüree gerührt.
    Benommen setze ich mich auf. Mein Wecker zeigt sechzehn Uhr und mir wird ganz anders. Der Tag ist schon fast vorbei und ich habe noch nichts von dem getan, wofür ich bezahlt werde. Ich gehe ans Fenster, öffne es weit und atme tief durch. Irgendwie muss ich wieder wach werden.
    Die frische Luft tut gut und bringt meine Gehirnzellen auf Trab. Wo kann ich ansetzen, womit soll ich weitermachen? Da fällt mir wieder das Blatt ein, das ich in Volker Wegeners Wohnung aus dem Kalender herausgerissen habe und das noch irgendwo in meiner Handtasche sein muss. Als ich es herausziehe, entdecke ich Wilsbergs Visitenkarte, die ich in ein Seitenfach meiner Tasche gesteckt hatte. Ist das ein Zeichen, ein Hinweis? Nein, bestimmt nicht. Wilsberg ist an einer Zusammenarbeit nicht interessiert. Das hat er deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich sehe mir die Skizze auf dem Kalenderblatt an. Schwarze Striche, die wahrscheinlich Straßen markieren sollen, die beiden Namen Tilbeck und Natrup und ein kleines Kreuz. Leider sagt mir das gar nichts. Wilsberg würde

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